Das Geschäft mit der Angst

Die Debatte rund um die NSA hat die IKT-Branche aufgewühlt. Unternehmen kündigen neue Sicherheitskonzepte an und wollen beruhigen. Es geht dabei natürlich auch ums Geschäft. [...]

Spätestens seit den Enthüllungen von Whistleblower Edward Snowden über angezapfte Glasfaserkabel und gigantische Spähprogramme des amerikanischen und britischen Geheimdienstes ist das Thema Verschlüsselung beziehungsweise Datenschutz auch für die breite Öffentlichkeit interessant. Immer mehr Internetuser bekunden laut neuen Umfragen, das Thema Datenschutz künftig ernster und vor allem in die eigenen Hände nehmen zu wollen. Laut dem „Sicherheitsreport 2013“, der im Auftrag von T-Systems erstellt wurde, stuft die Bevölkerung Internetrisiken wie Datenbetrug, Missbrauch von persönlichen Daten oder Computerviren aktuell als deutlich gravierender ein als die klassische Kriminalität. Fast zwei Drittel der Befragten glauben, dass das Missbrauchsrisiko persönlicher Daten durch Unternehmen (65 Prozent) und der Datenbetrug im Internet (64 Prozent) weiter zunehmen wird. Einige Unternehmen reagieren mit Sicherheitsstrategien.
So wollen die Deutsche Telekom (DT) und United Internet (Web.de, GMX) ihren Kunden in Deutschland gemeinsam einen sicheren E-Mail-Dienst anbieten. Unter dem Motto „E-Mail made in Germany“ stellten die Chefs der beiden Unternehmen eine entsprechende Initiative vor. Dabei werden Mails auf ihrem Weg zwischen den Rechenzentren der Unternehmen mit dem Netzwerkprotokoll SSL verschlüsselt. Zudem würden alle Daten „in sicheren Rechenzentren in Deutschland“ gespeichert, erklärten die Unternehmen.
SCHLECHT FÜR INDUSTRIE
Die Initiative von DT und United Internet trifft auf wachsende Verunsicherung bei Nutzern nach den Enthüllungen über umfassende Ausspähmöglichkeiten der Geheimdienste. Die Internetbranche verzeichnete seit Beginn der Berichte über die Überwachung von Internetverkehr und Telefondaten einen deutlichen Vertrauenseinbruch. Rene Obermann, Chef der DT sagte, die Debatte über Datensicherheit biete Unternehmen auch Chancen, sich von Wettbewerbern mit sicheren Angeboten abzusetzen. Dies gelte gerade für Firmenkunden. „Unterm Strich ist das Thema aber schlecht für die gesamte Industrie“, so Obermann. Der Chaos Computer Club (CCC) wertet die Initiative in einer Stellungnahme als „Sommermärchen“ und Marketingstrategie. Warum die zugrundeliegende Technologie, die immerhin seit Ende der 1990er Jahre existiert, nicht schon seit Jahren Anwendung finde, verrieten die Anbieter nicht, so die Experten des CCC. Was bei Konkurrenten schon seit Jahren zum Standard gehöre – eine erzwungene Verschlüsselung beim Zugriff auf das eigene E-Mail-Konto –, werde nun werbewirksam als technologischer Vorstoß und Novum verkauft.
Auch das immer wieder in der Kritik stehende Internetunternehmen Google will künftig die Daten, die andere Unternehmen in dem Speicherdienst Google Cloud Storage ablegen, automatisch verschlüsseln. Die Daten sollen vor dem Abspeichern verschlüsselt und nur für Nutzer mit den entsprechenden Zugriffsrechten wieder lesbar gemacht werden. Die nötigen „Schlüssel“ verwaltet Google. Die Enthüllungen über die Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA könnten für die US Cloud-Computing Industrie teuer werden. Eine Studie der Information Technology & Innovation Foundation (ITIF) beziffert die möglichen Einbußen für den Wirtschaftszweig auf 22 bis 35 Mrd. Dollar (bis zu 26 Mrd. Euro). Die Schätzungen basieren auf der Annahme, dass die Anbieter zwischen zehn und zwanzig Prozent ihres internationalen Marktanteils verlieren könnten.
A1 KÜNDIGT SCHRITTE AN
Ob es auch in Österreich ähnliche Initiativen zum Thema Sicherheit geben wird ist derzeit nicht bekannt. Marktführer Telekom Austria (A1) hat aber angekündigt, die technische Machbarkeit eines verschlüsselten E-Mail-Verkehrs zu prüfen. Man werde sich laut Sprecher Peter Schiefer als erstes mit den Mailprovidern in Verbindung setzen. Erst dann könne man über „weitere Schritte“ entscheiden.
Aufwind bekommt hingegen das 2002 gegründete und seit 2008 Open-Root-Server-Network (ORSN). Das ORSN soll möglichen staatlichen Zensurversuchen bei dem Betrieb des weltweiten Internet vorbeugen. Es werden DNS-Root-Server in Europa bereitgestellt, die als Nachschlagewerk für sämtliche Internetadressen dienen sollen. Es handelt sich dabei um eine rein private Initiative mit dem Ziel, parallel zur Domäne der ICANN eine zweite DNS-Root-Server-Infrastruktur aufzubauen.

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