KI-Agenten versprechen erhebliche Vorteile in Bereichen wie Produktivität, Innovation und Entscheidungsfindung. Und sie werden zu einem zentralen Bestandteil der Arbeitswelt. ITWelt.at hat die wichtigsten Trends in Sachen KI-Entwicklung zusammengefasst. [...]
Die Entwicklungsgeschwindigkeit künstlicher Intelligenz ist derart hoch, dass man einen smarten Agenten bräuchte, um Schritt zu halten. Beinahe gilt: Was heute ein Hype ist, ist am nächsten Tag Schnee von gestern. Dennoch zahlt es sich zuweilen aus, eine Standortbestimmung zu versuchen.
Zunächst die schlechte Nachricht: Laut Deloitte-Analyse könnte sich der weltweite Stromverbrauch von Rechenzentren bis 2030 auf 1.065 Terrawattstunden verdoppeln. Das sind vier Prozent des gesamten weltweiten Energieverbrauchs. Der Anstieg ist vor allem auf das schnelle und große Wachstum von Anwendungen und Applikationen im Bereich Generative Artificial Intelligence (GenAI) zurückzuführen. „Der enorme Stromverbrauch durch GenAI und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Klima setzen viele Technologieunternehmen unter Druck“, sagt Florian Brence, Partner bei Deloitte Österreich. „Umso wichtiger ist es in diesem Zusammenhang, die Umstellung hin zu sauberer Energie voranzutreiben – mit den entsprechenden finanziellen Mitteln.“
Ein weiterer Trend sind Smartphones, die diesen Namen auch verdienen. Deloitte geht davon aus, dass GenAI-fähige Geräte 2025 mehr als 30 Prozent der gesamt verkauften Smartphones ausmachen werden. Vor allem Anwendungen wie Live-Übersetzungen oder automatische Texterzeugung könnten den nächsten großen Kaufimpuls auslösen.
Auch PCs sollen von der Entwicklung profitieren. Während die Analysten von Gartner dem weltweiten PC-Markt für das dritte Quartal des Jahres 2024 noch einen mäßigen Erholungskurs attestieren, dürfte sich diese Situation 2025 ins Positive drehen. Ein wichtiger Grund dafür ist die Beendigung des kostenlosen Windows-10-Supports durch Microsoft. Ergo soll eine große Windows-11-Welle heranrollen. Diese könnten Unternehmen für die Anschaffung von KI-enabled PCs nutzen. „Aus unserer Sicht ist eigentlich klar, dass 2025 ein Run auf PCs und Laptops einsetzt, allein wegen des Support-Endes für Windows 10. Etliche alte Geräte sind schlicht nicht kompatibel“, erläutert Christian Herzog, Geschäftsführer der EXTRA Computer GmbH. „Spannend ist die Frage, wie schnell und wie stark sich KI-PCs durchsetzen. Das wird für die Unternehmen auch beim Preis eine Rolle spielen. Die Chip-Verfügbarkeit reicht momentan völlig aus, kann aber schnell in einen Engpass münden, wenn zu viele gleichzeitig umstellen möchten. Wer zu spät kauft, muss unter Umständen mit Wartezeiten und höheren Preisen rechnen. Generell erwarten wir aber für den Verlauf des Jahres eine wachsende Nachfrage nach KI-Rechnern.“
Das Jahr der KI-Agenten
Als dritten Trend prognostiziert Deloitte die Verbreitung von Agentic AI. So sollen 25 Prozent jener Unternehmen, die bereits auf GenAI setzen, in diesem Jahr auch mit solchen autonomen intelligenten Systemen arbeiten, die bestimmte Aufgaben ohne menschliches Eingreifen ausführen. „Die aktuellen KI-Agenten werden in den kommenden Monaten erhebliche Verbesserungen erfahren und so künftig noch größere Flexibilität und eine breitere Anwendungspalette bereitstellen. Für Unternehmen lohnt es sich also, die Einführung solcher Systeme vorzubereiten, denn es ist unbestritten, dass sie mit ihren vielen Anwendungsfällen nützliche Werkzeuge zur Steigerung der Produktivität und Effizienz darstellen“, kommentiert Florian Brence.
Laut Mark Purdy, Mitgründer und Direktor von Beacon Thought Leadership, markiert Agentic AI einen neuen Meilenstein in der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine, da entsprechende Systeme vor allem autonom Entscheidungen treffen und Aktionen durchführen können. Agentic AI unterscheidet sich von bisherigen KI-Modellen durch ihre Proaktivität: Sie handelt unabhängig, um vorgegebene Ziele zu erreichen, anstatt ausschließlich auf menschliche Eingaben zu reagieren. Dies wird durch eine Kombination von Technologien wie maschinellem Lernen, natürlicher Sprachverarbeitung und Automatisierung ermöglicht.
Zu den Vorteilen gehört eine höhere Spezialisierung. Entsprechende Systeme sind in der Lage, Aufgaben in sehr granularer Form ausführen, was eine größere Arbeitsteilung ermöglicht. So können sie in Bereichen wie Informationsanalyse, Workflow-Erstellung oder Kundenservice eingesetzt werden. Einige dieser Systeme agieren auch als Koordinatoren, die andere KI-Agenten oder menschliche Teams managen. Durch ihre Fähigkeit, riesige Datenmengen schnell zu analysieren und Entscheidungen zu treffen, fördern Agentic-AI-Systeme zudem Innovationen. Zum Beispiel werden Multi-Agenten-Modelle bereits zur Entwicklung neuer Materialien und chemischer Verbindungen eingesetzt.
Als dritten Vorteil bietet Agentic AI im Vergleich zu generativer KI eine verbesserte Informationssicherheit, da sie in der Lage ist, Datenquellen hinsichtlich Qualität und Zuverlässigkeit besser zu bewerten. „Dies reduziert das Risiko von Fehlern und Fehlinformationen, die in geschäftskritischen Kontexten auftreten könnten“, so Mark Purdy.
LLMs im Zentrum
Laut Anna Gutowska, Data Scientist bei IBM, sind Large Language Models (LLMs) das Herzstück von KI-Agenten. „Aus diesem Grund werden KI-Agenten oft als LLM-Agenten bezeichnet. Herkömmliche LLMs erstellen ihre Antworten auf der Grundlage der Daten, die zu ihrem Training verwendet wurden, und sind an Wissens- und Argumentationsbeschränkungen gebunden. Im Gegensatz dazu nutzt die Agententechnologie Tool-Aufrufe im Backend, um aktuelle Informationen zu erhalten, den Workflow zu optimieren und eigenständig Teilaufgaben zu erstellen und so komplexe Ziele zu erreichen.“ Dabei würden autonome Agenten lernen, sich im Laufe der Zeit an die Erwartungen der Benutzer anzupassen. „Die Fähigkeit der Agenten, vergangene Interaktionen zu speichern und zukünftige Aktionen zu planen, fördert eine personalisierte Erfahrung und umfassende Antworten. Dieser Tool-Aufruf kann ohne menschliches Eingreifen erfolgen und erweitert die Möglichkeiten für reale Anwendungen dieser KI-Systeme.“
Use Cases für KI-Agenten
Agentic AI kann proaktiv auf Kundenanfragen reagieren und Probleme lösen. Startups wie Ema (www.ema.co) entwickeln Bots, die auf zahlreiche Datenbanken zugreifen, um Kundenfragen effizient zu beantworten und gleichzeitig Vorschläge für menschliche Mitarbeiter zu liefern.
In der Fertigungsindustrie sind smarte Agenten in der Lage, Produktionslinien zu steuern, Ausfallzeiten vorherzusagen und den Energieverbrauch zu optimieren. Unternehmen à la Juna.ai (www.juna.ai) setzen solche Systeme bereits in virtuellen Fabriken ein.
KI-Agenten wie „Sarah“ von Hippocratic AI (www.hippocraticai.com) unterstützen Patienten im Alltag, indem sie an Medikamente erinnern oder Transportmöglichkeiten organisieren. Derartige Systeme sind besonders für Soft-Skill-intensive Tätigkeiten geeignet.
Last but not least integrieren CRM-Systeme wie Salesforce Agentic AI, um Vertriebsmitarbeitern bei administrativen Aufgaben zu helfen und Vorschläge für Folgemaßnahmen zu generieren.
Neue Skills
Die Furcht vor Marginalisierung des Menschen und Massenarbeitslosigkeit durch KI federt eine aktuelle Workday-Studie ab. Laut dieser wird die Technologie vor allem als Katalysator für eine Neubewertung persönlicher Kompetenzen wirken und menschliche Eigenschaften wie Einfühlungsvermögen und ethisch begründete Entscheidungen zum wichtigsten Asset am Arbeitsplatz machen.
Die Vorteile der Kooperation zwischen Personen und intelligenten Systemen äußern sich etwa darin, dass KI hilft, menschliche Kapazitäten für bedeutsamere Tätigkeiten freizusetzen. 93 Prozent der von Workday befragten aktiven KI-Anwender geben an, dass sie sich dank KI besser auf übergeordnete Aufgaben wie Strategieentwicklung und Problemlösung fokussieren können.
Obwohl es gesellschaftliche Bedenken gibt, dass KI das Vertrauen beeinträchtigen könnte, glauben 90 Prozent der Beschäftigten außerdem, dass künstliche Intelligenz für mehr Transparenz und klarere Rechenschaftspflichten im Unternehmen sorgen kann. Dass die Haltung gegenüber KI am Arbeitsplatz positiver wird, zeigt auch der Vergleich mit einer wenige Monate zuvor von Workday in Auftrag gegebenen Umfrage, bei der nur 52 Prozent der Beschäftigten den Einsatz von KI an ihrem Arbeitsplatz begrüßt haben. Laut der aktuellen Studie glauben 83 Prozent der Befragten, dass KI sowohl die Bedeutung menschlicher Fähigkeiten erhöhen als auch die menschliche Kreativität steigern und dadurch neue Arten des ökonomischen Mehrwerts hervorbringen wird.
Maßgeschneiderte KI
Wie KI beispielsweise die Arbeitswelt im Industrieumfeld beeinflusst, beschreibt anschaulich der Software-Hersteller Augmentir. Der rote Faden der Trends für 2025 in diesem Bereich: KI wird auf den einzelnen Mitarbeitenden zugeschnitten.
Der starke internationale Wettbewerb zwingt Betriebe, Arbeitskräfte in Hochlohnlländern so produktiv wie möglich einzusetzen. Hier kommen laut Augmentir Connected-Worker-Plattformen ins Spiel: Sie liefern personalisierte Anweisungen, die die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen direkt am Arbeitsplatz anleiten und weiterbilden. Die Inhalte für dieses „Training on the Job“ stammen unter anderem aus Handbüchern, Standard Operating Procedures (SOPs) oder bereits vorhandenem Schulungsmaterial. Ein weiterer Bereich ist die Wissensvermittlung. Eine Studie der Uni Bamberg zeigt, dass weniger als 30 Prozent der Befragten eine strukturierte Wissensübergabe erhalten. In 82 Prozent der Fälle geschieht die Einweisung ohne digitale Hilfe. Die Zukunft liegt jedoch im Aufbau eines systematischen und kollaborativen Wissensmanagements. KI-gestützte Tools ermöglichen es, Erfahrungswissen aus dem täglichen Doing sowie der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen automatisiert zu erfassen und anderen wieder zugänglich zu machen. Zudem kennen die Kollaborations-Werkzeuge der neuesten Generation den Kontext der aktuell anstehenden Aufgabe und ziehen bei Bedarf KI-Assistenten als Kollaborationspartner in Teamgespräche hinzu. „So entsteht eine aufgabenspezifische und sich ständig erweiternde Wissensdatenbank, mit der sich Neulinge umfassend und strukturiert einweisen lassen“, sagt Carsten Hunfeld, Director EMEA von Augmentir.
Status quo in Österreich
Welche Rolle die KI in Österreich spielt, haben Accenture, die Industriellenvereinigung und Economica in einer gemeinsamen Studie skizziert. Eine der zentralen Aussagen: „Heimische Unternehmen sind beim Einsatz von KI noch zurückhaltend. 15 Prozent der heimischen Betriebe nutzen die Technologie bereits in substanziellem Umfang. Acht Prozent setzen generative KI-Anwendungen ein“, sagt Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung und Leiter Economica. Das KI-Potenzial Österreichs sei enorm. Mit einer entsprechenden Nutzung ließe sich das Wohlstandsniveau Österreichs innerhalb einer Dekade um 18 Prozent erhöhen. „Bei vollständiger Anwendung könnten 2,24 Milliarden Arbeitsstunden eingespart werden“, so Helmenstein.
Ein großer Bremser ist ein alter Bekannter: die suboptimale Nutzung der Daten. „Wir haben eine große Lücke zwischen der prinzipiellen Verfügbarkeit von Daten auf Unternehmensebene sowie der Hardware und Software einerseits und dem Einsatz von KI andererseits. Während 75 Prozent der Unternehmen die Voraussetzungen hätten, setzen nur 15 Prozent KI tatsächlich in substanziellem Umfang ein“, analysiert der Ökonom.
Als größte Hürde für den Einsatz von KI wird die fehlende Expertise auf dem Arbeitsmarkt insgesamt und im eigenen Unternehmen gesehen. Mehr als die Hälfte der Top-Manager schätzt damit den Fachkräftemangel als „große“ und „sehr große“ Herausforderung ein. Als weitere Hürden werden die hohen Kosten der Anfangsinvestition und die technologische Komplexität genannt, so Studie von Accenture & Co.

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