Der Wissenschafter und Künstler Erik Demaine wurde im Alter von 20 Jahren zum allzeit jüngsten Informatikprofessor am MIT bestellt. Sein Schwerpunkt liegt derzeit auf Computational Origami, bei dem er seine beiden Professionen optimal verbinden kann. [...]
Die Vortragsreihe „Vienna Gödel Lectures of the Faculty of Informatics“ soll Wissenschafter von Weltrang in die Donaumetropole führen. Letztes Jahr war es der Turing-Preisträger Donald E. Knuth von der Stanford University, der sich mit dem mehrbändigen Werk „The Art of Computer Programming“ seinen Platz in der globalen IT-Geschichte gesichert hat. Heuer sprach MIT-Professor Erik Demaine, der den Titel von Knuths Standardwerk quasi eigenwillig interpretiert, an der TU Wien. Demaine verbindet nämlich Algorithmen mit Kunst – beides subsumiert unter der Bezeichnung „Computational Origami“.
Bereits als Kind gestaltete und produzierte der Kanadier mit seinem Vater Geduldspiele, die in Spielwarengeschäften im ganzen Land vertrieben wurden. Inspiriert von der Mathematik im künstlerischen Schaffen und der Kunst in der Lösung mathematischer Problemstellungen vertieften sich die beiden immer stärker in die Entwicklung von Algorithmen und deren Umsetzung in Form von Skulpturen. Die COMPUTERWELT fragte ihn am Rande seines Vortrags an der TU Wien, ob er sich eher als Wissenschafter oder Künstler sehe. Demaine: „Beides. Ich gehe mit der gleichen Einstellung an die Sache heran, egal wohin mich die Reise führt – Kunst oder Wissenschaft.“
Computational Origami ist ein noch relativ junges Gebiet der Computerwissenschaft, um Algorithmen zur Origamiherstellung und Problemlösungen von Papierfalten abzuleiten. Basierend auf dem Polyeder bzw. Polytop entwickelt Demaine Algorithmen, um komplizierte geometrische Skulpturen zu falten. Dabei handelt es sich nicht um die gängigen Origami-Figuren, die aus der Bastelecke bekannt sind. Erik Demaines Skulpturen bestehen aus in regelmäßigen Abständen gefaltetem Papier, das nicht gestückelt oder abgeschnitten wird und anschließend geformt wird. Wird ein quadratisches Blatt Papier ziehharmonikaartig, konzentrisch und regelmäßig gefaltet, springt es sogar von selbst in die Form eines hyperbolischen Paraboloids. Das Papier wird mit einem Laser an den errechneten Faltlinien vorbehandelt, um die Knicke exakt anbringen zu können.
Nicht allein der Reiz, mathematische Probleme zu lösen oder ein formschönes Kunstwerk zu schaffen, steckt in der mathematischen Origamifalttechnik. Derartige Probleme spielen etwa in der Proteinfaltung, in der Robotik, in der Verpackungsindustrie (Demaine zeigte sich bei seinem Vortrag von der Art, wie die heimische Mozartkugel verpackt ist, höchst beeindruckt) oder bei der Konzeption von Airbags eine wichtige Rolle.
Was Erik Demaine in Wissenschaft und Kunst am stärksten antreibt? „Die Suche nach Schönheit ist wohl der wichtigste Motivator.“ (pi/wf)
Be the first to comment