Den Produkten auf der Spur

Softwaregestützte Traceability-Lösungen ermöglichen nicht nur die lückenlose Rückverfolgbarkeit von Materialien, Produkten und Werkstücken, sondern sorgen darüber hinaus für die laufende Optimierung von Fertigungsprozessen. [...]

Der Ruf nach der vielzitierten Losgröße 1 und der Innovationstrigger Industrie 4.0 fordern Unternehmen in der Um- und Ausgestaltung ihrer Produktionsprozesse mehr denn je. Hinzu kommt der Druck der Abnehmer hinsichtlich Qualitätssicherung, Produkthaftung und Rückverfolgbarkeit der produzierten Waren.

Vor allem in der Automotive-Branche sind die Anforderungen an eine lückenlose Traceability enorm. Es benötigt daher eine neue Form der Transparenz, die Produzenten jederzeit auskunftsfähig macht um die Fragen „wann, wo, durch wen, unter welchen Rahmenbedingungen und unter Verwendung welcher Materialien produziert wurde“ beantworten zu können. Die Lösung liegt in softwaregestützten Traceability-Lösungen, die neben der Rückverfolgbarkeit von Materialien, Produkten und Werkstücken auch die laufende Optimierung der Fertigungsprozesse ins Auge fasst.

Geht es um die Optimierung und Effizienzsteigerung von Produktionsprozessen, so sind Manufacturing Execution Systeme (MES) der unverzichtbare Mittelpunkt in der IT-Infrastruktur von Fertigungsunternehmen. Schnittstellen sowohl zum kaufmännisch führenden ERP-System des Unternehmens, als auch zum Maschinenpark ermöglichen die dafür nötige Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungkette.

Am Anfang steht die Serialnummer
Immer wichtiger wird in diesem Zusammenhang auch die uneingeschränkte Traceability innerhalb der Produktionsabläufe. Ziel dabei ist die volle Transparenz vom Rohteil über den Produktionsprozess bis hin zum Endprodukt – im Idealfall bis auf Einzelteilebene. Möglich wird dies beispielsweise durch eine Logik innerhalb der produktionsoptimierenden Software, die Einzelteile in Produktionsaufträgen mit eindeutigen Serialnummern verknüpft. Die dafür verwendete Technologie spielt eine untergeordnete Rolle. Barcode, Data Matrix Code oder ein RFID-Chip sind beispielsweise denkbare Optionen. Im Fokus steht lediglich die eindeutige Identifizierbarkeit eines jeden Einzelteils. Hat man diese logistischen Grundvoraussetzungen geschaffen, sind die Einsatzmöglichkeiten vielseitig.

Ein Schritt in Richtung Losgröße 1
Logische Konsequenz daraus ist ein vollständig automatisiertes Meldewesen entlang des Produktionsprozesses. Musste ein Mitarbeiter bisher einen Arbeitsgang manuell an seinen Anlagen anmelden, so wir dies jetzt automatisch auf Basis der eindeutigen Serialnummer erledigt. Neben der Zeiteinsparung für den Werker, gehören damit auch potenzielle Fehler durch manuelle Eingaben der Vergangenheit an.
Durch eine Einzelteilrückverfolgung erzielt man zudem einen neuen Grad der Flexibilität in seiner Fertigung. Die mit dem Produkt mitgelieferten Daten und Informationen bilden die Basis für die weitere Bearbeitung. Arbeitsplätze können sich vereinfacht gesagt an den Anforderungen des einzelnen Produktes ausrichten – vorausgesetzt die Maschinenumrüstung erfolgt vollständig automatisch. Losgröße 1 wird somit immer weniger ein unerreichbarer Mythos, als vielmehr gelebte Realität in den Fertigungshallen.

Produktionsqualität auf neuem Level

Auch hinsichtlich Produktionsqualität kann hier ein wichtiger Beitrag geleistet werden. Konkreter Anwendungsfall: Prozessdaten aus einem Arbeitgsgang werden erfasst, an das MES übermittelt und auf Basis der eindeutigen Zuordnung zum Werkstück mittels OPC-UA-Server an den nächsten Arbeitsplatz übergeben. Die dort nötigen Maschineneinstellungen orientieren sich dann an den zuvor erfassten Prozessdaten. Leichte Abweichungen können somit gegebenenfalls rechtzeitig korrigiert werden. Die Produktionsqualität wird damit auf ein neues Level angehoben. Die bereits erwähnte, automatische Erfassung von Prozesswerten zu Einzelteilen hat auch die performancesteigernde Entlastung von Terminals aufgrund wegfallender manueller eingaben zur Folge. Zudem können Schwellenwerte definiert und kombiniert werden. Eine „In-Ordnung“- oder „Nicht-In-Ordnung“-Qualifikation lässt sich somit bereits in einem frühen Fertigungsstadium durchführen.

Traceability als Grundvoraussetzung im Automotive-Bereich
Vor allem in der Automotive-Branche spielt eine durchgängige Traceability zur Qualitätssicherung eine gewichtige Rolle. Unternehmen sind hier hinsichtlich Produkthaftung und Auskunftspflicht einem sehr hohen Druck von Seiten der Abnehmer ausgesetzt. Dank Einzelteilrückverfolgung enthalten Produkte umfangreiche Informationen zum Fertigungsprozess und den in diesem Prozess verwendeten Materialien, Werkzeugen und Maschinen. Hersteller können somit lückenlos belegen, dass ein Produkt sämtliche Fertigungsschritte unter Einhaltung der vom Auftraggeber vorgegebenen Werte durchlaufen hat. Im Umkehrschluss hat der Produzent damit alle wichtigen Informationen zu einem fehlerhaften Produkt und kann auf deren Basis korrigierende Maßnahmen für die Zukunft ableiten.

Volle Integration ins MES
Ein leistungsstarkes MES als Informationsdrehscheibe im Fertigungsumfeld schafft heute die nötige Transparenz, die es im Rahmen von Industrie 4.0-Maßnahmen braucht. Die digitale Transformation, Effizienzsteigerung und laufende Optimierung der Produktionsqualität stehen hier im Fokus. Einzelteilrückverfolgung leistet hier einen weiteren, wertvollen Beitrag auf dem Weg zur Smart Factory.

*Maren Niedermaier ist Consultant der Industrie Informatik.


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