Der aktuelle Stand zum Thema Netzneutralität

Fundierte Information zum sensiblen Thema Netzneutralität wird in Österreich nun erstmals in Buchform von der FH St. Pölten zur Verfügung gestellt. Damit gelingt den Mitarbeitern des Instituts für Medienwirtschaft ein Beitrag zur Objektivierung einer intensiv geführten Debatte. [...]

In dieser geht es um den aktuellen Stand des Zugangs zum Netz und die Auswirkungen von zukünftigen Regulierungsmaßnahmen – und damit auch um das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Chancengleichheit elektronischer Medien. Bereits vor einigen Monaten hat die FH St. Pölten daher hochrangige ExpertInnen zum Gedankenaustausch eingeladen. Ihre Ansichten zum Thema werden nun in einem umfassenden Sammelband veröffentlicht.
Die EU-Kommission ist ins Netz gegangen: Diskussionen über eine EU-weite Regulierung des freien Zugangs zum Internet lassen die Wogen derzeit hoch gehen. Im Kern der Debatte geht es dabei sowohl um elementare Grundrechte als auch um wirtschaftliche Interessen. Themen, die man nicht so schnell ad ACTA legen möchte. Bereits im Juli des vergangenen Jahres hat die Fachhochschule St. Pölten daher angesehene ExpertInnen zum Gedankenaustausch zu diesem Thema eingeladen – und veröffentlicht nun in einem Sammelband deren Analysen als Beitrag zur Objektivierung der Debatte.
Hintergrund dieser Diskussion ist, dass Netzbetreiber aufgrund ihres öffentlichen Auftrags dazu verpflichtet sind, die Infrastruktur des Internets diskriminierungsfrei zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet, dass sie einspeisungswilligen KundInnen zu einem vernünftigen Preis Zugang zu ihren Netzen geben müssen.
„Diskriminierungsfreie Übertragungspflicht bedeutet aber auch, dass die Netzbetreiber und Netzbetreiberinnen auf Art, Herkunft, Zielort oder Inhalte keinen Einfluss nehmen dürfen“, so Tassilo Pellegrini vom Department Wirtschaft der FH St. Pölten. Wird die Netzneutralität durch zukünftige Regulierungen eingeschränkt, so könnten die Telekommunikationsnetzbetreiber ihre Services zu geänderten Konditionen anbieten und beim Verkehrsmanagement im Netz nach der Art der übertragenen Inhalte differenzieren. Dadurch könnten sich sowohl Endkunden als auch Content-Provider zunehmend in einem Zwei-Klassen-Netz wiederfinden. Den Vorrang im Netzverkehr würde dabei die Zahlkraft bestimmen. „Damit könnten kleinere InhaltsanbieterInnen, wie gemeinnützige und nichtkommerzielle Initiativen, ins Hintertreffen geraten“, erläutert Jan Krone vom Institut für Medienwirtschaft an der FH St. Pölten.
Audiovisuelle Massenmedien wären von solchen zukünftigen Regulierungen besonders betroffen. Auf Grund ihres hohen Bedarfs an Übertragungskapazität strapazieren sie die zunehmend überlastete Netz-Infrastruktur am meisten – und könnten künftig zur Finanzierung von Ausbaumaßnahmen am Datenhighway herangezogen werden. Doch multimediale Inhalte und deren Verbreitung und Austausch sind ein zentraler Bestandteil der Kommunikationsdynamik im Netz und dessen Medienkultur. „Finanzierungsmodelle, die nach der Größe von Datenpaketen und in Folge nach Inhalt unterscheiden, könnten den Medien-Innovationsprozess verlangsamen und die publizistische Vielfalt einschränken“, so Pellegrini. Dafür, dass das Internet als allgemein zugängliche Kommunikations-Infrastruktur und als Tummelplatz für Ideen, Projekte und spätere Success-Stories wie YouTube bestehen bleibt, ist die Netzneutralität eine entscheidende Größe. Diese ist somit auch eine treibende Kraft hinter dem Internet als Innovationsmotor für ein Web 3.0. „In den kommenden Monaten werden neue Details zu Netz-Regulierungsmaßnahmen in Brüssel thematisiert. Daher bedarf es jetzt einer breit angelegten Diskussion möglicher Folgeerscheinungen“, betont Pellegrini.
Einen wertvollen Beitrag dazu liefert nun die Publikation „Netzneutralität und Netzbewirtschaftung“, die die Ergebnisse des Workshops „Medienvertrieb in Telekommunikationsnetzwerken – Netzneutralität und Netzbewirtschaftung im Spiegel von Gesellschaft, Politik, Technologie und Ökonomie“ von Juli 2011 zusammenfasst. Darin wird der netzpolitische Status Quo genauso unter die Lupe genommen wie mögliche zukünftige Folgen für die multimediale Kommunikation im Netz.


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