Der CIO als Venture Capitalist

Mit Werten, Talenten, Risiken und Resultaten jonglieren – das sind die Aufgaben eines CIO moderner Prägung. Darin ähnelt er einem Risikokapitalgeber, meint das Beratungsunternehmen Deloitte in einem aktuellen Beitrag. [...]

CIO, die dem Business dabei helfen wollen, zu wachsen und innovativer zu werden, müssen ein neues (Selbst-)Bewusstsein und neue Fähigkeiten entwickeln, heißt es in einer aktuellen Ausgabe der „Tech Trends“ von Deloitte. „Wie ein Venture Capitalist“ sollten die IT-Verantwortlichen ihr IT-Portfolio aktiv managen, damit es den Unternehmenswert steigere. Zudem sollten sie die Leistungsentwicklung ihres Portfolios mit den Augen eines Business-Managers beurteilen – nach Kategorien wie Wert, Risiko und Zeithorizont, bis Investitionen sich auszahlen. Wenn sie das noch mit Agilität und Talentmanagement kombinieren, können sie ihr IT-Geschäft auf ganz neue Füße stellen.

Die effektivsten Venture Capitalists (VC) sind häufig gewitzte Geschäftsleute, die sich vieler miteinander verflochtener Fähigkeiten bedienen, so Deloitte. Sie managen nicht nur Investment-Porfolios, wobei sie ständig die individuelle und allgemeine Performance bewerten. Bewusst ziehen sie zudem unternehmerische Talente heran, die sowohl über technisches Knowhow als auch geschäftliches Wissen verfügen – gepaart mit Vision, Leidenschaft und diesem gewissen Funken, der in echten Leadern sprüht.

Gute VC kultivieren eine agile Organisation, die auf sich ändernde Marktbedingungen nicht nur reagiert, sondern sie antizipiert. Sie sind ständig bereit, Entscheidungen zu treffen: eine Option fallen zu lassen, eine neue zu ergreifen, zu reinvestieren, zu diversifizieren etc. Wie Deloitte festgestellt hat, ist das auch für einen CIO in einer wachstumsorientierten Organisation wichtig. Zum Beispiel brauche ein solcher IT-Leiter eine explizite „Portfolio-InvestmentStrategie“, um die ständig wachsende Zahl von Projekten zu handhaben – angefangen von strategischen Langzeit-Initiativen bis hin zu operativen Aufgaben. Das erfordere den projekt- und programmübergreifenden „freien Blick“ auf Ziele, Abhängigkeiten, Finanzen, Ressourcen und auch Risikoprofile.

Aus Sicht von Deloitte gilt das sowohl für die eher flüchtigen Projekte als auch für die vergleichsweise statischen Assets wie Hardware, Software, Standorte, Delivery-Modelle, Verträge, strategische Anbieter und das Personal. „Das IT-Portfolio ist komplex“, so Deloitte, „aber dieses Komplexität ist keine Entschuldigung für einen Blindflug.“

Wenn sich der CIO die Mentalität eines Venture Capitalist aneignen will, muss er auf einigen Gebieten neue Skills ausbilden.

STÄNDIGE BEWERTUNG DER PERFORMANCE

Ein CIO mit VC-Mindset führt nicht einfach nur Buch über die Abarbeitung von To-do-Listen oder das Asset-Inventar. Die „Portfolio-Sicht“ ermögliche es ihm, jedes Stück Inventar, jedes Projekt und jeden Anbieter ständig nach solchen Kriterien zu beurteilen, die auch die Fachbereichsleiter und die Unternehmensführung verständen, so Deloitte. Und das versetze ihn in die Lage, seinen Management-Kollegen den quantitativen und qualitativen Wertbeitrag der IT nahezubringen.

UNVORHERSEHBARES ANTIZIPIEREN
Dabei hat der CIO mit einigen Unbekannten zu rechnen. Deloitte spielt hier beispielsweise auf die undurchsichtige Produkt-Roadmap vieler Anbieter und die schwer vorhersehbare Entwicklung neuer Marktteilnehmer an. Der CIO brauche die Fähigkeit und die Disziplin, die Marktlandschaft im Auge zu behalten – und zwar stets im Hinblick auf die Bedeutung für das eigene Unternehmen, die eigenen Kunden und die Geschäftspartner. Darüber hinaus rät Deloitte den CIO, eine „Konzessionsarchitektur“ zu errichten, die es erlaube, Assets mit überschaubarem Aufwand auf andere Anbieter zu übertragen.

DIE WERBETROMMEL RÜHREN
Ein CIO, der sich als VC begreift, kann seine Rolle vor einer neuen Kulisse spielen. Selbstverständlich werde er – oder sie – die Außenwahrnehmung nicht über Nacht verändern, warnt Deloitte die Übereifrigen. Andererseits sollten CIO nicht davor zurückschrecken, sich selbst zu „vermarkten“ – im Interesse der IT und damit auch des Unternehmens. IT-Marketing und -PR sei auch wichtig, um Talente ins Unternehmen zu ziehen.

TALENTE FÖRDERN
Auch das Talent-Management gehört zu den Aufgaben eines Venture Capitalist. Wo sind die Lücken im Skillset? Wie lassen sie sich durch interne Weiterbildung schließen? Wo müssen neue Mitarbeiter eingestellt werden? Wie lassen sich Toptalente erkennen, entwickeln und halten? Wo ist Croudsourcing sinnvoll und machbar? In ihren Teams brauchen CIO „Macher“ und „Denker“, aber auch „Führer“ – und die Talente sind überall knapp. Unterm Strich: Operationale Services bereitstellen war gestern. Heute muss der CIO die Wachstums- und Investitionsstrategie des Topmanagements unterstützen, so flink und flexibel wie irgend möglich. (idg/Karin Quack/wf)


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