Der österreichische Patient

Die Betreiber von ELGA wollen mit einem dezentralen Systems für die Sicherheit der heiklen Daten sorgen. Kritiker sehen aber das Gesamtkonzept der Akte als problematisch und unsicher an. [...]

ELGA soll es den behandelnden Ärzten rasch und sicher ermöglichen, sich einen Überblick über die aktuellen Informationen wie die verschriebenen Medikamente und deren Wechselwirkungen, Entlassungsbriefe von Krankenanstalten, Labor- und Röntgenbefunde für die Diagnose und Therapie eines Patienten zu verschaffen. Um die Menschen nicht mit Mehrfachuntersuchungen zu belasten, sollen diese Informationen nur mit Zustimmung des Patienten der gesamten ärztlichen Versorgungskette zur Verfügung stehen. Die Daten liegen dabei nicht zentral auf einem Server, sondern sind verteilt und können nur dann abgerufen werden, wenn es der Patient zulässt.

Das funktioniert zum Beipiel so, dass der Arzt die Befunde nur dann abrufen kann, wenn der Patient die E-Card gesteckt hat.

„DIE KRITIK TUT WEH“
„ELGA vernetzt, im Falle einer medizinischen Behandlung – und nur in diesem Zusammenhang – bereits bestehende gesundheitsbezogene Daten und Informationen bezogen auf eine eindeutig identifizierte Person. Dem Datenschutz wird dabei höchste Priorität eingeräumt“, betont Hubert Eisl, technischer Vorstand von ELGA, im Gespräch mit der COMPUTERWELT. Es ist laut Eisl technisch abgesichert, dass nur ELGA-Gesundheitsdiensteanbieter während eines aufrechten Behandlungsverhältnisses auf die Daten eines Patienten zugreifen können. Eisl tue es „weh, dass von der Ärzteschaft der gläserne Patient vorgeschoben wird“. Die Kritik an ELGA führt er darauf zurück, dass die Einführung zum einen etwas koste, aber auch darauf, dass das System die Transparenz erhöht. Denn über eine Protokollierung sei genau nachvollziehbar, was ein Arzt wann abgerufen hat. „Stellen Sie sich vor, es passiert mit einem Patienten etwas, und es kann nachgewiesen werden, dass der Arzt die Befunde nicht eingesehen hat“, so Eisl.

Um die Sicherheit des Systems zu gewährleisten, gibt es eine ELGA-Sicherheitskommission, die gemeinsam mit den Sicherheitsverantwortlichen der einzelnen Betreiber der ELGA-Bereiche das System und die Zertifikatsinfrastruktur weiterentwickelt. Auf der technischen Ebene seien alle Komponenten abgesichert und die Daten würden in einem geschlossenen System, vergleichbar dem E-Card-Netz, liegen. „Und auch jetzt schon sind Krankenhäuser und Ärzte dazu verpflichtet, die Daten zu schützen. Der Umstand, dass die Daten verteilt liegen macht es unmöglich, den Gesamtstand eines Bürgers zu hacken“, so Eisl.

„KOMPLETTER MURKS“

Hans Zeger von der ARGE Daten will nichts zur technischen Konzeption sagen, sondern er kritisiert das Gesamtkonzept als „kompletten Murks“. Als wesentliche Schwachstelle nennt Zeger, dass es keinen Verantwortlichen gibt, der im Falle „den Kopf hinhält“, denn jeder der ELGA-Bereiche sei nur für die Sicherheit des eigenen Systems verantwortlich. „Ein System, das so weit verstreut ist, bietet jedem, der hineinkommt die Möglichkeit, auch in die anderen Systeme hineinzukommen“, so Zeger gegenüber der COMPUTERWELT. Zeger schlägt ganz klare Dokumentationsstandards vor: Einzelne Daten sollen genau standardisiert werden, so dass man gezielt mit einer bestimmten Software darauf zugreifen könne. Und jeder Patient soll die freie Wahl haben, wie er sie verwaltet und wen er sie einsehen lässt.

Christian Polster, CSO des heimischen Security-Spezialisten RadarServices, hält ELGA grundsätzlich für gut durchdacht und die dezentrale Speicherung der Dokumente für eine gute Lösung. Als Schwachstelle ortet er jedoch eine veraltete IT-Infrastruktur, zum Beispiel bei den Ärzten oder im Krankenhaus: „Dort ist Security nicht unbedingt das Thema Nummer Eins“, so Polster. Man müsse Vorarbeit für die Kunden leisten und Schwachstellen vorzeitig beheben. (cb)


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