„Die Bedrohung sitzt zumeist vor dem System“

Trivadis hat als IT-Berater mit unzähligen Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz tu tun. Für den langjährigen CEO Urban Lankes ist Big Data nicht nur für große Unternehmen nützlich. Die größte Security-Lücke sind für ihn die Mitarbeiter. [...]

Urban Lankes ist seit dem Management-Buyout maßgeblicher Aktionär und einer von 25 Partnern bei Trivadis, hat sich aber inzwischen aus dem operativen Geschäft verabschiedet und ins Verwaltungsratspräsidium zurückgezogen.

Computerwelt: Als Beratungsunternehmen ist Trivadis immer am Puls der Zeit. Welche IT-Trends sind für Sie momentan ausschlaggebend?
Urban Lankes:
Das Thema Big Data hat momentan einen enormen Impact, auch wenn es heute noch sehr stark ein Hype-Thema ist. Der Business-Nutzen ist zwar in einigen Unternehmen hervorragend, in vielen Unternehmen aber noch nicht so weit identifiziert, dass er auch umgesetzt werden könnte. Das zweite große Thema ist sicher Mobilität, aber hier die Veränderung in der Wertschöpfungskette durch den Einsatz von mobilen Lösungen, die einen größeren Aufwand für die Backend-Systeme bedeutet. Sie müssen deutlich verfügbarer und leistungsfähiger werden. Wir unterstützen Kunden auch in der Optimierung ihrer Wertschöpfungskette.

Gilt das auch für BYOD?
BYOD macht die Dinge in der Regel nicht einfacher, hat aber mit der Wertschöpfungskette nicht viel zu tun, sondern eher mit der Verfügbarkeit der Mitarbeiter und dem Wildwuchs an Geräten und Systemen im Unternehmen. BYOD bedeutet sicher eine Steigerung der Komplexität, weil es heute einfach auch möglich ist.

Stellen Sie in Ihrer Beratungstätigkeit eine Veränderung in der Kultur der Unternehmen durch neue Technologien fest?
Alles wird noch schneller. Von der analogen Post zur Mail war es schon ein gewaltiger Schritt, heute sind wir fast permanent verfügbar, das gibt nochmal einen neuen Takt. Ob das gut ist, steht auf einem anderen Blatt. Ich sehe die größte Veränderung in den Unternehmenskulturen allerdings in der immer größer werdenden Beschleunigung des Business und der Verfügbarkeit der Mitarbeiter fast 24 Stunden am Tag. Längerfristige Planungen werden aber dadurch nicht einfacher, heutzutage werden Entscheidungen immer kurzfristiger getroffen.

Bekommen jene Unternehmen Probleme am Markt, die diese Geschwindigkeit nicht halten können?
Unternehmen werden nicht sofort vom Markt verschwinden, nur weil sie etwas langsamer sind als andere. Es wird aber mittlerweile erwartet, dass man eine gewisse Geschwindigkeit in den Entscheidungsprozessen hat und Zusammenhänge sowie Trends schnell erkennt, da sind wir wieder beim Thema Big Data. Man sollte sich aber dennoch die Zeit nehmen, nachzudenken, in welche Richtung man eigentlich gehen will.

Die COMPUTERWELT hat Ende 2013 eine große CIO-Umfrage gemacht und festgestellt, das Big Data für heimische IT-Leiter kaum ein Thema ist. Liegt das vor allem an der großen Anzahl an KMU in Österreich?
Ich glaube nicht, dass Big Data nur ein Thema für die großen Unternehmen ist. Es kann für KMU durchaus eine große Rolle spielen, wenn sie ihre eigenen Geschäftsprozesse etwa mit Social-Media-Daten anreichern können, dann kann man da sicher nützliche Dinge herausfinden. Zum heutigen Zeitpunkt ist es aber noch so, dass viele Kunden einen großen Respekt vor dem Thema haben. Es gibt zwar Warenhäuser und es gibt Auswertungssysteme für die Bestandsdaten, aber die Unternehmen scheuen etwas davor zurück , diese Daten kreativ mit anderen zu verbinden, weil letztendlich der Business-Outcome nicht so einfach zu rechnen ist. Ich kann nicht sagen, ich investiere heute eine halbe Million in ein Big-Data-Projekt und weiß, dass es in zwei oder drei Jahren einen Return on Investment geben wird. Aus diesem Grund ist die Investitionsbereitschaft bei KMU nicht so ausgeprägt wie im Enterprise-Segment.

Glauben Sie, dass das Thema Security für viele Kunden heuer noch mehr an Bedeutung gewinnen wird?
Diesen Aspekt muss man aus zwei Perspektiven beleuchten. Das eine ist die Corporate-Seite, die ihre Bemühungen hier deutlich nach oben fährt. Die Security-Budgets werden auch immer höher. Ich schließe mich aber einem alten Witz an, nach dem die Bedrohung für das Unternehmen nicht in den Systemen, sondern vor den Systemen sitzt. Die meisten Dinge sind vom Menschen verursacht. Da kann man mit Aufklärungsarbeit, Vorleben des Managements und klaren Aussagen sicher viele Bedrohungen verhindern. Wenn man sich das Thema ganzheitlich ansieht, stellt man fest, dass die meisten Fehler noch immer auf der menschlichen und nicht auf der technischen Seite passieren.

Stellen Sie fest, dass europäische Unternehmen vermehrt auf europäische Lösungen und europäische Server setzen, Stichwort NSA, oder wird diesem Wechsel auf europäische Systeme zu viel Bedeutung beigemessen?
Wenn man sich die Wertschöpfungskette in den Unternehmen ansieht, wäre es vermessen zu sagen, alles nur noch mit europäischen oder gar lokalen Herstellern zu machen. Die meiste Hardware wird in China produziert, das Engineering passiert rund um den Globus. Bei manchen Unternehmen gibt es Regulatorien, Daten im eigenen Land zu halten.
Es gibt aber auch Unternehmen die sagen, wir riskieren das, weil unser Businessmehrwert mit auswärtigen Lösungen um Längen höher ist. Lokale Berater werden aber momentan verstärkt nachgefragt. Das ist hervorragend für ein Unternehmen wie Trivadis. Ich bin aber ohnehin der Ansicht, dass Beratung immer besser funktioniert, wenn sie lokal passiert.

Das Gespräch führte Alex Wolschann.

Urban Lankes
Urban Lankes ist seit der Gründung 1994 bei Trivadis. Heute hat das Unternehmen 600 Mitarbeiter. Lankes hatte bis 2012 die Geschäftsführung inne, nach einem Management-Buyout einiger Key-Player ist Trivadis heute ein Beratungsunternehmen im Partner­modus mit insgesamt 25 Partnern. Nach 18 Jahren im operativen Geschäft sitzt Lankes heute im Verwaltungsrats-Präsidium.


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