Die Blockchain-Technologie ist vor allem bekannt als technisches Fundament von Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum sowie von Smart Contracts. Der jüngste Blockchain-Trend heißt NFT und macht digitale Kunstwerke zu Unikaten. Er mausert sich gerade zum Big Business. [...]
Fünfeinhalb Millionen US-Dollar (4,6 Mio. Euro) erzielte Edward Snowden im April 2021 bei der Versteigerung seines ersten und bisher einzigen NFT-Kunstwerks im Rahmen einer Auktion für seine Stiftung für unabhängigen Journalismus namens Freedom of Press, an die der Erlös geht. Bezahlt werden NFTs in der Kryptowährung Ethereum. Das Bild zeigt Seiten einer amerikanischen Gerichtsakte über die die Umrisse von Snowdens Porträt gelegt sind – zudem ist die Datei von ihm signiert. Doch nicht die Unterschrift Snowdens macht das Bild so wertvoll, sondern die Tatsache, dass es ein Non-Fungible Token (NFT) ist, macht es zu einem einzigartien (digitalen) Kunstwerk.
Was ist also unter einem NFT zu verstehen? Ein NFT basiert auf der Blockchain-Technologie, die auch Kryptowährungen wie Bitcoin und eben Ethereum zugrunde liegt, aber auch sogennanten smarten Verträgen. Im Grunde handelt es sich bei einer Blockchain um eine dezentrale (verteilte), öffentliche Datenbank, bei der Dateiblöcke chronologisch hinzugefügt und in verschlüsselter Weise aneinandergekettet werden (daher der Name Blockchain), sodass sie nicht mehr verändert werden können. Diese Technologie ist ideal für die Buchhaltung mit nicht manipulierbaren Geschäftsbüchern sowie für digital Verträge.
Insbesondere im Bereich der Kunst und digitaler Kunstwerke spielen NFTs (non-fungible tokens, auf deutsch etwa nicht austauschbare/nicht ersetzbare Wertmarken) eine große Rolle. Anders als beispielsweise Bitcoins, die fungible tokens sind und in kleineren Teilen beziehungsweise Zahlen übertragen werden können, sind NFTs unveränderlich und können nur in der ursprünglichen Gestalt weitergereicht werden. Solcherart wird eine digitale Datei einzigartig, da sie nicht austausch- oder kopierbar ist. Man kann sich das wie das Prägen einer Münze vorstellen (im Englischen spricht man tatsächlich auch von »minting«), das aus der Datei ein Unikat macht, dessen Authentizität, Einzigartigkeit, Herkunft und Eigentum eben durch die Blockchain garantiert wird. Auf diese Weise stellt so eine Datei eine digitalisierte Form eines Vermögenswerts dar.
Dabei geht es mittlerweile durchaus um viel Geld, wie nicht erst der Verkauf des NFT-Kunstwerks von Edward Snowden zeigt. Im Februar 2021 wurde das Werk »The First 5000 Days«, eine Collage von Bildern des untern dem Pseudonym »Beeple« arbeitende Künstlers Mike Winkelmann, für etwas über 69 Millionen US-Dollar verkauft. Weitere Beispiel sind »CryptoPunk #3100« und »CryptoPunk #7804«, die beide für je 7,5 Millionen Dollar verkauft wurden. Mit dem Minting von NFTs wurde gleichsam über Nacht ein millionenschwerer Kunstmarkt geschaffen. Die genannten Werke wurden alle mit der Kryptowährung Ethereum gekauft. Wertangaben in Dollar oder Euro beziehen sich immer auf den Tag des Kaufs und können sich aufgrund der stark schwankenden Wechselkurse von digitalen Währungen schnell ändern. Das Werk von Snowden ist beispielsweise zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Hefts bereits weit über sechs Millionen Dollar wert.
Ein boomender Markt
In Anbetracht dieser Summen ist es kein Wunder, dass die Kunstwelt in Aufruhr ist. Kunstsammler wie auch Museen sind gegenwärtig dabei, die Bedeutung von NFTs als Investition sowie für ihre Sammlungen zu erkunden. Beispielsweise hat das New Yorker Guggenheim Museum eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet, welche die Bedeutung von »Crypto-Art« und Blockchain-Technologie für ihre Sammlung und so gesehen künftige Sammlungsstrategien durchleuchtet.
Einer, der mit seiner Auktionsplattform artéQ traditionellen Künstlern die Möglichkeit bieten will, ihre Arbeit digital zu monetarisieren, ist Farbod Sadeghian, Serial-Tech-Entrepreneur, Kunstmarktexperte und Gründer von artèQ. »Wir ebnen anderen traditionellen Kunstakteuren wie Galerien, Museen und Auktionshäusern den Weg, ihre Sammlungen ebenfalls über NFT zu lancieren«, beschreibt Sadeghian sein Ziel, um so »die erste Community Brand für analoge Kunst im digitalen Raum zu schaffen«. Für ihn ist klar: »Die Frage ist nicht, ob NFT-Kunst mit der analogen Kunstwelt verschmelzen wird, sondern wann! Unsere Antwort ist: Jetzt!« NFTs seien die Brücke zwischen analoger und digitaler Kunstwelt und artèQ ermögliche die Hindernisse für den Markteintritt von Künstlern, aber auch Investoren, Sammlern und Kunstliebhabern zu beseitigen. Neben der Digitalisierung von Kunstwerken und ihrer Vermarktung bietet der sogenannte artèQ Crypto Art Marketplace mit wöchentlichen Auktionen eine Plattform, um Käufer und Verkäufer zusammenzubringen. Die Möglichkeiten von NFT erlauben darüber hinaus fraktioniertes Eigentum und machen Blue-Chip-Kunstinvestitionen für jeden zugänglich, ist Sadeghian überzeugt. Schon für den Preis eines günstigen Smartphones könne man damit etwa ein Stück Warhol erwerben.
Die Bedeutung von NFTs ist auch der bedeutenden Unterhaltungselektronikmesse CES nicht entgangen, die dem Thema auf der CES 2022 ein eigenes Konferenzprogramm widmen will. Auch das Grazer Blockchain-Unternehmen mintastic.io ist im NFT-Bereich unterwegs. So hat es den ersten selbstentwickelten NFT-Marktplatz im deutschsprachigen Raum gestartet. Hinter mintastic.io stehen die Grazer Bakerhouse Gallery und die Webapp für Kunstmessen Fynd.art.
NFT-Kunst im Grazer Joanneum
Die ersten beiden NFTs, die auf dieser Blockchain-basierten Plattform hergestellt wurden, stammen von den beiden Grazer Künstlern Tom Lohner und Feromontana. Die NFTs basieren auf den analogen Werken Electricity (Triptychon, Öl und Maschinenteile auf Holz) von Tom Lohner und 308 Still in the Can von Feromontana (siehe Seite 78). Ersteres wurde an die Energie Steiermark verkauft, zweiteres ging an eine private Sammlung. Als NFT wurden beide Arbeiten animiert, wodurch sie sich von ihren physischen Vorbildern nochmals unterscheiden. Bei ihren Recherchen ist den beiden Grazer Künstlern aufgefallen, dass es trotz des aktuellen Hypes rund um diese neue Form der Kunst weltweit noch kein Museum gibt, dass über NFT-Kunstwerke in seiner Sammlung verfügt. So entstand die Idee, die beiden NFT-Kunstwerke als Schenkung dem Universalmuseum Joanneum zu übergeben.
Doch nicht nur in Östereich, auch in Deutschland expereimentieren Künstler mit NFT, wie beispielsweise das Künslter-Duo Looping Lovers, hinter dem Philipp Ries und Thomas Mayer aus Schwäbisch Gmünd stehen. In ihren Werken erkunden sie den menschlichen Körper und nutzen die digitale Technologie, in dem sie Körperteile virtuell neu zusammenfügen. »Wir wissen, wie Augen aussehen sollten, wie sich ein Arm bewegen kann und wie nicht. Es ist eine der größten Inspirationen, mit einem unerwarteten Kontrast die Erwartung zu brechen«, beschreibt Philipp Ries das eigene künstlerische Schaffen.
Digitale Schöpfer
Für das Duo brachte die Pandemie eine exponentielle Steigerung und Veränderung der Wahrnehmung von außen: Die Transformation von »Leuten hinter Computern« zu digitalen Schöpfern und NFT-Artists. »Viele digitale Plattformen sind in kürzester Zeit stark gewachsen. Plattformen wie Zoom wurden plötzlich superwichtig. Dabei gewannen beispielweise Augmented-Reality-Filter an Relevanz. Zudem explodierten NFTs und der Krypto-Raum, und das gab uns eine völlig neue Plattform, um unsere Arbeit zu präsentieren und erlebbar zu machen«, erinnert sich Thomas Mayer. Das enorme künstlerische Potenzial der NFTs war für beide offensichtlich und sie schufen das Projekt Janus (das Bild links ist diesen Videos entnommen).
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