Für die Nutzung von Cloud Services gibt es in der Erber Group keine eigene Policy, sondern eine gelebte Kultur, die Mitarbeiter zur gezielten und sinnvollen Anwendung veranlassen soll. Denn woher ein Service kommt, ist für die Fachabteilungen wenig relevant. [...]
Im Gegensatz zu vielen anderen österreichischen Betrieben beschäftigt sich die Erber Group, ein global agierendes Unternehmen, das mit den vier Divisionen Biomin, Romer Labs, Sanphar und Future nachhaltige Zusatzprodukte für die Landwirtschaft und Analysetools für Futter- und Lebensmittel erforscht und produziert, schon recht lange mit Cloud Computing. Als Beispiel nennt CIO Gerhard Grün, der neben der IT und deren Strategie auch für die Businessprojekte verantwortlich ist, das Hosting der Homepage, eine Recruiting-Plattform, einen Filesharing-Service und den Spamfilter. Aktuell laufen Vorbereitungen, um das ERP-System als IaaS in der Cloud zu betreiben und „anschließend werden wir weitere Services wie Mailgateway und Collaboration andenken“, erklärt der CIO.
„Cloud ist für mich Outsourcing auf geteilten Plattformen und bringt somit neue Möglichkeiten. Konkret habe ich das Thema tiefergehend aufgegriffen, um diese neuen Möglichkeiten im Zusammenhang mit dem Bau des Serverraumes am neuen Erber Campus zu betrachten.“ Die Anforderungen an die Daten sind dabei sehr vielfältig – sie müssen beispielsweise schnell, sicher, billig, dynamisch und flexibel, zugleich aber starr bzw. standardisiert sein. Grün: „Ein Datacenter für all diese Anforderungen zu bauen, würde bedeuten, in das gemeinsame Vielfache investieren zu müssen. Also haben wir uns hier gezielt mit Services aus der Cloud beschäftigt. Die daraus resultierende Cloud-Strategie zielt nun darauf ab, die beiden Extreme schnell/sicher/starr und billig/dynamisch als IaaS auszulagern und den gemischten Mittelbau selbst zu hosten.“
KLASSIFIZIERUNG DER DATEN
Zur Cloud-Strategie meint Grün: „Diese betrifft einerseits die Definition, wie wichtig diese Daten für uns sind. Müssen sie rund um die Uhr verfügbar sein, dann reicht unsere Infrastruktur im Haus nicht aus und da benötigen wir dann einen externen Anbieter. Der umgekehrte Effekt sind Daten, die zwar wichtig sind und gesichert werden, aber eben nicht ständig verfügbar sein müssen.“
Grundsätzlich teilt Grün Cloud Computing in drei Bereiche: „Die Private Cloud, wo man sich seine Services selber hostet und entsprechend für die Infrastruktur aufkommen muss. Die Public Cloud, etwa mit Self-Service-Portalen im Baukastensystem, was aber den Nachteil einer oftmals fixen Standardisierung hat. Und drittens die Domestic Cloud, die lokale Anbieter bedienen. Hier gibt es ein anderes Security-Verständnis und die sind auch so flexibel, genau auf unsere Bedürfnisse eingehen zu können. So kann ich lokale Services oder Shared-Plattformen mit einem Data Storage oder einem lokalen Server verknüpfen und dort meine Private Firewall platzieren, um Vernetzungen durchzuführen.“
Die IT in der Erber Group dominiert heute das zentrale ERP-System, das als Anwendungssoftware die bedarfsgerechte Planung und Steuerung von unternehmerischen Ressourcen umfasst (Kapital, Personal, Material, Betriebsmittel, IT-Systeme, Warenbestand, Logistik). „Die Niederlassungen greifen über Terminal Clients online darauf zu“, so der CIO. Wenn die Verbindung nicht funktioniert, müssen die Mitarbeiter ihre Zeit anderweitig effizient nutzen – auch bedingt durch die Zeitverschiebung: „Noch können wir keinen 24-Stunden-Support offerieren“, erklärt Grün. „Unsere Niederlassungen bestehen in der Regel aus rund zehn Mitarbeitern pro Standort, teilweise nur aus zwei, bis hin zu den größten Fabriken mit 30, 50 oder in Brasilien sogar bis zu 100 Mitarbeitern.“ Die technischen Voraussetzungen sind dabei nicht ideal. „In Brasilien ist die Internetleitung noch auf Holzmasten platziert“, so der IT-Manager. „Wenn jetzt, wo Kupfer teuer ist, Diebe den Mast abbrennen, um an das Kabel zu kommen, stehen wir am nächsten Tag ohne Leitung zur Fabrik da. Wir bedienen uns des reinen Internets. Das heißt, Quality of Service gibt es da nicht. Wir müssen eben versuchen, mit günstigen Techniken trotzdem gute Anbindungen zu schaffen.“
COLLABORATION
Der zweite IT-Fokus von Grün besteht darin, die global verstreuten Mitarbeiter zueinander zu bringen und eine enge Zusammenarbeit zu gewährleisten, unter anderem mithilfe von Social Media. Dabei wird versucht, die vorhandene Umgebung weiter auszubauen – wenn nötig durch Beiziehen von Dritt-Tools: „Wir achten dabei darauf, Schnittstellen zu vermeiden und möglichst zu vereinfachen – der Trend geht in Richtung Homogenisierung und Standardisierung“, so Grün.
Was innerhalb der Erber Group keine so große Rolle spielt, sind Echtzeitinformationen: „Unser Geschäftsmodell ist nicht so zeitkritisch.“ Wichtig hingegen ist eine gut funktionierende Storage-Infrastruktur. Grüns bisherige Erfahrung: „Je mehr Systeme ich in dem virtuellen Konzept laufen habe, desto höher ist die Ausfallsicherheit und desto mehr Ressourcen kann ich nutzen. So ist mit dem Geschmack der Hunger gekommen. Und dem Geschäft bekommt es gut.“
Bei allen Überlegungen spielt nicht zuletzt das Thema Unabhängigkeit eine maßgebliche Rolle. „Es ist mir wichtig, dass wir auch ein eigenes Datacenter benutzen“, erklärt Grün, „denn ich möchte eine gewisse Unabhängigkeit für wichtige Daten bei uns behalten können. Das bedeutet, wir brauchen auch interne Ressourcen, um diese Verantwortung wahrzunehmen.“ In diesem Zusammenhang ist dem CIO die Unterscheidung zwischen IaaS und SaaS besonders wichtig: „SaaS bietet mehr Service, verlangt aber eine höhere Standardisierung und bedeutet eine gewisse Abhängigkeit in Bezug auf Versionierung und Datendurchgriff. Bei IaaS habe ich viel mehr Gestaltungsfreiraum, muss mich aber auch entsprechend darum kümmern.“
Für die Einbeziehung von IT-nahen Tools und damit auch Cloud-Diensten gibt es in der Erber Group laut Grün keine Policy, sondern eine gelebte Kultur, die die Mitarbeiter zur gezielten und sinnvollen Anwendung veranlasst. „Offene Worte, Vertrauen und gute Services verstärken diese Kultur“, so der CIO. Für die Mitarbeiter der Fachabteilungen muss es nicht nachvollziehbar sein, ob das Service inhouse oder extern gehosted wird. „Deswegen ist es wichtig, dass die IT immer involviert wird, damit das beste System und mögliche, notwendige Schnittstellen zur Verfügung gestellt werden.“ (pi/oli)
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