Die Frage nach der richtigen KI

Viele Unternehmen haben Ideen, wie sie mit künstlicher Intelligenz Prozesse, Produktion und andere Abläufe beschleunigen könnten. Doch die Frage, welche KI sich dafür am besten eignet, greift am Anfang zu weit. Zu Beginn stehen Ziele und Datenqualität im Vordergrund. Die Lösung ist dann meist eine Kombination mehrerer KI-Technologien. [...]

Heiko Beier, Geschäftsführer von moresophy (c) moresophy
Heiko Beier, Geschäftsführer von moresophy (c) moresophy

Mit der KI ist es wie mit Fahrzeugen: Eine perfekte Kreuzung aus Traktor, Sportwagen, LKW und Gabelstapler, die in allen Bereichen erste Plätze belegt, gibt es nicht – und kann es nicht geben.

Auch wenn die aktuellen News bei neuen Large-Language-Modellen (LLMs) ständig neue Benchmark-Rekorde vermelden und gezielt gestreute Gerüchte über eine baldige allgemeine Superintelligenz (AGI) suggerieren, es gäbe bald eine KI, die alles hervorragend beherrscht: Das ist bisher nicht der Fall und auch nicht in Sicht.

KI-Modelle wie die von ChatGPT, Claude, Mistral und Aleph Alpha haben Stärken und Schwächen. Das liegt an der Programmierung, am Training und den Trainingsdaten. Sie unterscheiden sich auch in der Ausrichtung: Claude ist für Programmierer oft die beste Wahl, ChatGPT hat sehr gute Reasoning-Modelle (die tief nachdenken können sollen), Aleph Alpha besticht durch Transparenz, Erklärbarkeit sowie EU-Konformität.

Der Gedanke, für die eigenen Herausforderungen gäbe es deswegen keine perfekt geeignete KI, ist jedoch falsch. KI-Systeme lassen sich mit der richtigen Modellwahl, den für die Aufgaben relevanten Daten, KI-Metriken und analytischen Machine-Learning-Systemen sehr wohl passgenau für eigene Lösungen zuschneiden.

Ziele klar herausarbeiten

Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, sich über die Ziele klar zu werden, die mit der Einführung einer KI erreicht werden sollen. Geht es um Texterstellung, fachliche Prüfung, Automatisierung von Prozessschritten, Zusammenfassung und Auswertung von User-Feedback oder Wissensmanagement? Hierbei gilt es auch festzulegen, welche potenzielle Anwendergruppe welche Informationen oder Funktionen benötigt. Soll die KI nur Wissen vermitteln oder auch Aktionen ausführen? Die Detailtiefe für einen Fachspezialisten ist beispielsweise auf oberster Unternehmensebene eher nicht gewünscht. Schließlich muss auch klar definiert sein, welche Funktionen das Gesamtsystem letztendlich beherrschen soll.
Erst damit stehen die Voraussetzungen, um zu entscheiden, welche LLMs und andere KI-Systeme auszuwählen sind – und vor allem auch, welche Modelle dabei den Vorgaben des EU AI Acts und den eigenen Compliance-Vorgaben entsprechen.

Sind die eigenen Unternehmensdaten KI-ready?

Die zweite wichtige Frage ist: Welche Daten besitzt mein Unternehmen, in welcher Qualität und Aktualität? Liegen sie so vor, dass es keine (widersprüchlichen) Dubletten gibt und die KI damit problemlos arbeiten kann? Unternehmensdaten unterliegen häufig unterschiedlichen Sicherheitsstufen und Zugriffsrechten: geheim, Verschlusssache, personenbezogen oder nur für bestimmte Abteilungen bestimmt. Standard-LLMs können solche Berechtigungskonzepte nicht abbilden.

Hier bieten sich hybride Ansätze mit analytischer KI an, die zunächst prüft, auf welche Daten ein Nutzer überhaupt zugreifen darf. Nur wenn die erforderlichen Informationen innerhalb dieser Berechtigungen vorhanden sind, werden sie für die Beantwortung durch das LLM herangezogen.

Häufig liegen Daten nur in Silos vor. Eine konsolidierte Plattform wäre optimal, aber auch verteilte Quellen lassen sich gezielt anzapfen, um wertvolle Zusammenhänge zu erkennen. Erst die Verknüpfung von beispielsweise Marketing-, Shop-, Finanz- und Nutzungsdaten schafft echten Mehrwert. Ohne diese Integration besteht das Risiko, dass die KI auf unvollständiger Basis arbeitet – oder im schlimmsten Fall falsche Informationen halluziniert.

Hybride Lösungen im Vorteil

Sind Ziele und Datenlage geklärt, geht es an die Auswahl der richtigen Technologie. Dazu gehört das passende Large-Language-Modell, das die besten Ergebnisse im Hinblick auf die festgelegten Ziele bringt. Oft reicht das jedoch nicht aus, weil generative KI-Modelle wie LLMs nicht auf Exaktheit ausgerichtet sind. Diese bekommt man häufig erst mit analytischer KI und Machine-Learning-Systemen, die auf Basis großer Datenmengen operieren.

Die Kunst besteht darin, diese beiden Technologien zu einer hybriden Lösung zu verbinden, sodass diese einerseits die für die Aufgabe relevanten eigenen Daten verwendet und nicht halluziniert, andererseits aber so einfach zu befragen und zu bedienen ist, wie wir es mittlerweile schon von KI-Chatbots gewohnt sind.

Zeit zu handeln

Unternehmen sollten daher nicht darauf warten, dass die eierlegende Wollmilchsau-KI auf den Markt kommt, die alle ihre Probleme löst, ohne dass sie Arbeit investieren müssen. Die Systeme und KI-Technologien sind da, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Diese sind auch für mittelständische und kleinere Unternehmen bezahlbar. Wer hier zögert, wird schnell von der Konkurrenz abgehängt.

*Heiko Beier ist zum Einen Geschäftsführer von moresophy und zum Anderen Professor für Medienkommunikation mit über 25 Jahren Erfahrung in der KI-gestützten Datenanalyse und Automatisierung von Geschäftsprozessen.


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