„Die Gründerszene ist sehr aktiv“

40 Millionen Euro stehen der vom Land Niederösterreich ins Leben gerufenen tecnet equity für Investments in innovative Technologie-Startups zur Verfügung. Gegenwärtig ist tecnet bei acht Unternehmen beteiligt, sechs davon kommen aus dem IT-Bereich. [...]

Können Sie die Produkte dieser Unternehmen kurz skizzieren?

Gerne. FOEX bietet eine Entwicklungssoftware an, mit der sich individuelle Business Anwendungen für Datenbanken erstellen lassen. Die Technologie von indoors ermöglicht die einfache Lokalisierung in Innenräumen, direkt auf dem Smartphone.
NxtControl ist Spezialist für Innovationen im Bereich Automation von Gebäuden, Maschinen und Prozessen. Die von nxtControl angebotene Software ermöglicht ein hardwareunabhängiges Engineering von verteilten Systemen.
Sipwise ist ein Softwareunternehmen spezialisiert auf Telefonievermittlungs-Plattformen für kleine, mittlere und große Kabelnetz- bzw. Internet-Service-Provider.
VISOCON entwickelt und vertreibt innovative und patentierte Videokonferenzsoftware. Die eigenentwickelte Softwarelösung ist eine multistream­fähige Videokonferenz-Lösung.
Wikitude ist ein weltweit führender Entwickler und Anbieter von Augmented-Reality-Anwendungen für Smartphones. Die Technologie findet unter anderem Anwendung im Tourismus oder im Bereich der Navigation.

Wie beurteilen Sie die Gründerszene in Niederösterreich auch im Vergleich zu anderen Bundesländern?

Die Gründerszene in Niederösterreich ist sehr aktiv. Wir haben hier in den letzten Jahren vor allem aus dem Forschungsbereich und den Fachhochschulen viel Aktivität gesehen. In jüngster Vergangenheit gab es aber in Wien, vor allem im App-Bereich, sicherlich mehr Gründungen. Niederösterreich profitiert hier auch, hat aber nicht diese HUB-Funktion wie Wien. Ich sehe aber, dass junge Leute immer mehr den Mut aufbringen, ein eigenes Unternehmen zu gründen.

  • „Wir profitieren stark von der guten Ausbildungssituation.“

Wie beurteilen Sie die Attraktivität des Standortes Niederösterreich für junge IKT-Unternehmen auch punkto Infrastruktur wie Breitbandausbau?

Wir profitieren stark von der sehr guten Ausbildungssituation wie den Fachhochschulen. Hier gibt es viele Absolventen, die mit ihren Unternehmen in Niederösterreich bleiben.
In Niederösterreich gibt es gerade im Fachhochschulbereich auch sehr viele IT-spezifische Ausbildungen wie zum Beispiel in St. Pölten und Wiener Neustadt. Die Breitbandversorgung hängt noch sehr stark vom Standort ab, da wird sich in den nächsten Jahren aber punkto Ausbau noch sehr viel tun. Durch die unterschiedlichen Ausrichtungen innerhalb unserer Gruppe gibt es aber für Unternehmen eine gute Basis, um in Niederösterreich wachsen zu können.

Was sind die Kriterien für Unternehmen, um mit einer Beteiligung der tecnet rechnen zu dürfen?

Es muss sich um ein innovatives und technologieorientiertes Produkt handeln. Das Produkt oder Business-Modell muss skalierbar sein, reine Beratungsleistungen würden wir zum Beispiel nicht finanzieren. Im Venture-Capital-Bereich geht es darum, über Skalierungen ein möglichst rasches Wachstum zu generieren und einen internationalen Markt anzusprechen. Das Gründerteam muss auch entsprechende Qualifikationen aufweisen, um sich auf diesem Markt bewegen und bewähren zu können. Das Produkt muss aber nicht schon so weit fortgeschritten sein, dass damit ein Umsatz von mehreren Millionen Euro erzielt wird.

  • „Verkaufs- und Marketing-Knowhow ist am wenigsten ausgeprägt.“

Ziel ist dann für die tecnet aber ein Exit in absehbarer Zeit?

Genau. Wir haben aber mit unserer Schwesterngesellschaft NÖBEG auf der anderen Seite auch eine Institution, die geförderte Finanzierungen in Niederösterreich vergibt und den Unternehmen einen kontinuierlichen Aufbau des Geschäfts ermöglicht. Dort gibt es die Startfinanzierung und das ist gar nicht exit-orientiert. Bei tecnet sind wir sehr stark im Unternehmen involviert, zum Beispiel über einen Beirat, und versuchen das Unternehmen in verschiedenen Bereichen sehr stark zu betreuen. Das sind zwei verschiedene Ansätze.

Was sind die größten Probleme oder Hemmschuhe, mit denen Startups in Niederösterreich konfrontiert sind?

Da unterscheiden sich die niederösterreichischen Gründer wenig bis gar nicht von den anderen Bundesländern oder auch europäischen Ländern. Das Verkaufs- und Marketing-Knowhow ist wohl am wenigsten ausgeprägt. Oft gibt es ein gutes Produkt, aber niemanden im Team der weiß, wie man es gut verkauft. Da versuchen wir das Team auch entsprechend zu erweitern.
Der österreichische Markt ist überschaubar, daher müssen Unternehmen von Anfang an darauf schauen, dass das Produkt auch international vermarket wird. Gerade bei größeren IT-Unternehmen spüren wir den Mangel an qualifizierten Fachkräften sehr stark, aber auch das ist kein ausschließlich niederösterreichisches Phänomen. (aw)

Doris Agneter
Doris Agneter ist Geschäftsführerin der tecnet equity NÖ Technologiebeteiligungs-Invest GmbH sowie der NÖ Bürgschaften und Beteiligungen GmbH.
Davor oblag ihr die Leitung der Abteilung Private Equity der Raiffeisen Centrobank AG in Wien. Im Rahmen dieser Tätigkeit war sie Vorstand der RZB Private Equity Holding AG, dem Private-Equity-Fund-of-Fund der Raiffeisen Zentralbank Österreich. Davor war Agneter für die Raiffeisen Centrobank AG mit dem Aufbau und der Leitung der Abteilung Eigenkapital/Venture Capital der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung (vormals FGG) betraut.


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