Die IBM-Sicht von Cloud und Big Data

Die Trendthemen Cloud und Big Data stehen auch bei Big Blue auf der Prioritätenliste, hat sich doch das Unternehmen in den letzten Jahren von einem Hardwarehersteller zu einem IT-Dienstleister gewandelt und sein Business-Modell massiv geändert. Am 2. Juli veranstaltete der oberösterreichische IT-Cluster im Haus der Energie Oberösterreich den "IT SUMMIT 2014". Dabei hatte die COMPUTERWELT die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Christian Klezl, der bei IBM die weltweite Verantwortung für Cloud Solution Sales hat. [...]

Warum gibt es trotz der Vorteile von Cloud Computing noch immer viele Vorbehalte seitens der Anwender?
Christian Klezl:
Weil Cloud Computing einen Paradigmenwechsel darstellt, wie IT-Infrastruktur und Software geliefert und verwendet werden. Bisher haben die IT-Abteilungen in den Firmen Hardware, Software und spezielle Applikationen gekauft oder selbst entwickelt. Das Cloud-Computing-Modell ist die natürliche Evolution weg von diesem Ansatz hin zu einer Bereitstellung von Services, egal ob es sich dabei um Infrastruktur, Plattformen oder Software handelt.

Die Cloud wäre gerade für KMU ohne große IT-Abteilung interessant. Was hält diese Firmen davon ab, mehr Cloud-Services zu verwenden?
Erstens, weil schon der Begriff Cloud Computing nicht gut verständlich macht, dass es sich bei der Cloud um kein Produkt und keine Lösung handelt, sondern um eine neue Art der Nutzung von IT-Services aller Art. Und zweitens weil das Thema in vielen kleineren Firmen noch nicht wirklich angekommen ist. Aber es ist keine Frage, dass die Cloud eine ideale Sache für KMU ist. Aber bei vielen KMU ist man froh, dass die Unternehmens-IT irgendwie läuft . Die IT als Business Enabler ist dort vielfach noch kein Thema.  

Bei den großen Firmen schon?
Ja, IBM hat zum Thema Cloud und Business eine große Umfrage bei CIO durchgeführt. Diese Umfrage hat zwei wesentliche Botschaften gebracht:  Zum einen muss die Cloud-Strategie mit der Geschäftsstrategie Hand in Hand gehen. Und Unternehmen, die konsequent auf Cloud Computing setzen, erzielen nahezu doppelt so hohe Wachstumsraten wie Wettbewerber ohne Cloud-Einsatz und einen fast 2,5 mal höheren Bruttogewinn.
 
Gegenüber der Cloud gibt es auch massive Sicherheitsbedenken.
Sicherheit und Datenschutz sind unabhängig vom Sourcing-Modell: egal ob es sich um die IT im eigenen Rechenzentrum handelt oder ob die IT aus der Cloud kommt. IBM hat eine langjährige Outsourcing-Tradition und betreut viele Mission-Critical-Anwendungen für Kunden. Daher haben wir auch in die Cloud Security stark investiert. Bei IBM arbeiten weltweit 3.500 Cloud-Security-Experten in neun Forschungslabors.
 
Wird also irgendwann sämtliche IT-Infrastruktur von großen IT-Anbietern bereitgestellt?
Die IT aus der Steckdose ist zwar ein schönes Ideal, aber bei der IT ist es nicht so einfach wie beim Strom. Einfach deshalb, weil IT auch als Cloud Service eine sehr komplexe Materie ist. Aber SaaS, PaaS und IaaS sind eindeutig die Trends.
     
Nun zu Big Data. Hat sich die Branche mit dem Schlagwort einen Gefallen getan oder schreckt der Begriff eher ab?
Ich meine, dass dieser Begriff meistens nicht richtig verwendet wird. Weil mit Big nicht die Menge der Daten gemeint ist, sondern das Potenzial, das in den Daten steckt. Daten sind eine natürliche Ressource, die nicht nur nicht ausgeht, sondern sich laufend vermehrt. Das lineare Wachstum von Daten ist heute auch durch noch so große Massenspeicher nicht mehr organisierbar. Daher lautet das Thema heute Datenqualität.

Was heißt das genau?
Dazu zwei Beispiele: Das Memphis Police Department entschied sich für die IBM Predictive Analytics Software, um Verbrechensmuster zu analysieren, effektive Strategien zur Reduktion von Verbrechen zu entwickeln und gleichzeitig Ressourcen zu optimieren. Durch die Identifizierung von Verbrechensmustern abhängig von Zeit und Ort ist das Revier in der Lage, „Hot Spots“ ausfindig zu machen und die Polizisten besser aufzuteilen, um Verbrechen zu verhindern. Die Verbrechensrate konnte damit um 19 Prozent über vier Jahre hinweg reduziert werden.
In einem Pilotprojekt mit der niederländischen Stadt Eindhoven konnten IBM und der Chip-Hersteller NXP Semiconductors erfolgreich nachweisen, dass Fahrzeuge, die mit entsprechenden Telematik-Komponenten ausgestattet sind, wertvolle Informationen zur Verkehrsüberwachung und -steuerung liefern können. Dafür wurden 200 private Fahrzeuge mit ATOP, einem Telematik-Chip von NXP, ausgestattet. Dieser Chip übermittelt Daten aus dem Kommunikationssystem des Fahrzeugs (CAN-Bus) in die Cloud des IBM Smarter Traffic Center; unter anderem auch Fahrzeugdaten, die Hinweise auf vereiste Straßen oder Schlaglöcher geben. Diese Informationen können den Verkehrsleitstellen helfen, Verkehrsbehinderungen und Gefahren frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dabei spielt der Einsatz mobiler Technologien insbesondere in Notfallsituationen eine immer wichtigere Rolle.

Zum Schluss: Warum hat IBM nun auch die Low-End-Server-Sparte an Lenovo verkauft?
IBM hat sein Business-Modell in den letzten Jahrzehnten massiv geändert. Wir haben uns schon vor geraumer Zeit von einem Hardwarehersteller zu einem IT-Dienstleister gewandelt. IBM hat in den letzten 15 Jahren etwa 150 Firmen gekauft und ungefähr sieben Milliarden Dollar für den Zukauf von Cloud-Firmen investiert. Und für unsere Services werden wir bis Jahresende auf 40 Rechenzentren ausbauen.

Das Gespräch führte Manfred Weiss.

Christian Klezl:
Klezl startete seine Karriere bei Nixdorf Computer, war danach bei der COMPUTERWELT und Managing Director der Harvard Marketing Services. 1998 ging er zu IBM. Zur Jahrtausendwende wechselte er zu IBM nach Paris und nach Stationen bei IBM in Prag, Wien und Zürich kam er 2012 in die IBM Zentrale nach Armonk, wo er seit 2014 Vice President für Cloud Solution Sales ist.


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