Die Integration von Prince2 und Scrum

Hans-Peter Ritt und Stefan Jäger über die Vorteile und Besonderheiten, die Methoden Scrum und Prince2 zu kombinieren. [...]

Scrum hat enormes Potenzial, das hat die Methode in unzähligen Entwicklungsprojekten – auch außerhalb der IT – bewiesen. Scrum kann die Kräfte von Teams zur Geltung bringen und erzielt damit eine Performance, die man von klassischen Projekten nicht gewohnt ist. Die starke Konzentration auf das Team hat allerdings seine Schattenseiten: Das Verhältnis zur Organisation, repräsentiert durch das „ungeliebte“ Management, ist weithin ungeklärt, ja interessiert Scrum eigentlich nicht wirklich.

In der Praxis müssen die daraus resultierenden Spannungen einzelne Personen aushalten – selten der Scrum Master, viel häufiger trifft es den Product Owner. Alles Ungeregelte wird in seine Rolle gelegt und damit zu seiner Aufgabe. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass Organisationen häufig parallel zum Scrum-Team eine klassische Projektstruktur mit einem Projektmanager und den üblichen Planungen und Reportings aufbauen. Da muss es doch bessere Lösungen geben.

Die Integration von Prince2 und Scrum ist zum Thema geworden. Beide Methoden, sowohl Prince2 als auch Scrum, haben ihre Stärken. Diese liegen in ganz unterschiedlichen Sphären und fokussieren auf unterschiedliche Aspekte. Prince2 gibt sich ganz der Governance, dem Zusammenspiel der Managementebenen von Projekten, hin – Scrum hingegen hat mit seinem Ansatz vor allem Augen für die Entfesselung der Potenziale von eingeschworenen Teams.

Eine sorgfältig überlegte Kombination von Prince2 und Scrum kann die Probleme des täglichen Projektalltags lösen, ohne überflüssige Parallelstrukturen aufzubauen. Das ist – bei allen Unterschieden – deshalb möglich, weil die beiden Ansätze einige prinzipielle Gemeinsamkeiten aufweisen, die sie grundsätzlich in ihrer Philosophie kompatibel machen:
– Beiden Ansätzen ist gemein, dass sie in hohem Ausmaß produktorientiert sind.
– Bei keinen anderen Ansätzen steht der Kundennutzen so sehr im Zentrum der ­Methodik.
– Keine der beiden Methoden geht davon aus, dass eine Planung zu Projektbeginn für das ganze Projekt valide bleibt.
Nicht nur, dass die grundlegenden Philosophien von Prince2 und Scrum in vielen Bereichen hervorragend zusammenpassen, eine Reihe von ganz klaren gegenseitigen Ergänzungen der beiden Ansätze springen sofort ins Auge und bleiben auch nach genauerer Analyse bestehen:
– Prince2 konzentriert sich ganz auf die Steuerung und das Management von Projekten, Scrum fokussiert auf die Dynamiken und Bedingungen der Teamarbeit.
– Scrum kümmert es nicht, wie es zur „Vision“ für das Gesamtergebnis gekommen ist, Prince2 hingegen beschäftigt sich genau mit dem Weg von einer ersten Idee zum Projekt.

Die Integration der beiden Ansätze ist wegen der Verbesserung der Steuerbarkeit in einer Organisation außerordentlich lohnend, unter der Bedingung, dass man auf die kulturellen Aspekte von Scrum Acht gibt. Schafft man gute Bedingungen für das Scrum-Team und lässt man einem modifizierten Prince2 die Kupplung mit der Organisation wahrnehmen, dann braucht es keine künstliche Parallelstrukturen und es gelingt beides: Kreativität und Steuerbarkeit.

Hier ist große Behutsamkeit gefragt, um die nötigen Bedingungen für die produktive Entfesselung der Teamkräfte (Scrum-Kulturen) nicht zu stören, sondern zu sichern. Und vor allem braucht es Fingerspitzengefühl beim Projekt-Setup und der initialen Prozesseinführung: In welchem Bereich verlasse ich mich auf welches Modell? Und welche Vorgehensweisen sind absolut inkompatibel, weil sie mir den Nutzen der einen oder anderen Vorgehensweise zunichte machen? Unter der Adresse www.itwelt.at haben wir die einzelnen Schritte, die Vor- und Nachteile, und die nötigen Adaptierungen genauer beschrieben. Sie finden auch drei Beispiele, wie diese Integration konkret gelingen kann.

* Hans-Peter Ritt ist geschäftsführender Gesellschafter der Milestone Consultancy Gmbh, Trainer, Coach und Berater. Stefan Jäger ist Unternehmensberater mit den Schwerpunkten Project-Management-Consulting und Organisationsentwicklung.


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