Der österreichische Mazda-Importeur gilt als Vorreiter bei der Entwicklung konzernübergreifender Software-Lösungen. CIO Hans-Peter Petek spielt dabei eine wesentliche Rolle. [...]
Hans-Peter Petek, Gesamt-IT-Leiter der Mazda Austria GmbH, ist nach seinem Informatikstudium in Wien zu Mazda gekommen. Das war im Jahr 2005. Als Software-Architekt war er damals für die Ablöse einer in die Jahre gekommener Trainings-Software auf AS/400-Basis zuständig – schon mit dem Auftrag, das neue System eventuell sogar europaweit einzuführen. 2008 wurde er zum Group Leader IT befördert, wo er die Software-Entwicklung verantwortete. 2013 stieg er zum IT-Manager auf und vor kurzem zum Head of IT. Seine Abteilung besteht aus acht Mitarbeitern, der IT-Leiter berichtet direkt an den Geschäftsführer.
Die IT von Mazda Österreich ist schon lange Impulsgeber des Gesamtkonzerns. 2012 hat Petek eine Self-Service BI-Lösung eingeführt – zuerst in der Zentrale in Klagenfurt – und dann sukzessive Abteilung für Abteilung eingebunden. Anfang 2014 war dann ganz Österreich live. Im Herbst 2015 erfolgte ein Rollout in 17 mittel- und zentraleuropäischen Ländern.
Wie ist die IT-Abteilung aufgestellt?
Man kann die Abteilung grob in drei Bereiche teilen: Software-Entwicklung, Support und Infrastruktur, wobei sich der größere Teil mit Software-Entwicklung beschäftigt. Aufgrund der Größe der Abteilung haben mehrere Mitarbeiter »Dual-Functions«, das heißt, sie sind nicht explizit einem Bereich zugeordnet. 50 bis 60 Prozent sind im Software-Bereich beschäftigt. Darunter fallen die Betreuung, Weiterentwicklung, Pflege und Support der rund zehn ERP-Systeme. Ein Software-Architekt kümmert sich um die Stabilität und Weiterentwicklung der Systeme, macht Architekturentscheidungen und erarbeitet neue Konzepte.
Der First-Level-Support wird von zwei Mitarbeitern abgedeckt. Darunter versteht man den Support der zirka 100 Mitarbeiter am Standort Klagenfurt, aber auch für Mitarbeiter im CSEE-Raum. Der dritte Bereich spiegelt die Infrastructure Services wider. Aktuell werden rund 50 Server betreut.
Die Mazda Austria IT betreut, historisch bedingt, auch einige Services in den CSEE-Ländern wie zum Beispiel die Ersatzbestellung über das regionale Lager in Klagenfurt, das zirka 500 Händler im CSEE-Raum beliefert, oder die Business-Intelligence-Lösung. Die Mazda Austria IT ist auch sehr eng in die europäische IT-Zentrale von Mazda Motors Europe eingebunden.
Was macht Ihre Aufgabe als CIO bei Mazda Österreich besonders? Stichwort Unternehmenskultur.
Das Interessante an der Arbeit als IT-Leiter ist der große Gestaltungsspielraum, die flachen Hierarchien, die Politik der offenen Türen. Man kann eine Ideen einbringen, Innovationen vorschlagen und größtenteils auch umsetzen. Das Unternehmensklima ist – man kann es nicht anders sagen – hervorragend. Natürlich gibt es durch die Pandemie Schwierigkeiten. Aber: Wenn ich den Zeitraum von meiner Einstellung im Jahr 2005 bis heute Revue passieren lasse, dann muss man das gute Unternehmensklima hervorheben. Das Du-Wort ist ganz normal bei uns – über Hierarchien hinweg. Das gute Unternehmensklima erkennt man nicht nur an der äußerst geringen Fluktuation, sondern auch daran, dass es immer wieder Pensionierungen mit 30, 35 oder noch mehr Dienstjahren gibt. Ich glaube, das hat doch sehr viel mit der japanischen Kultur zu tun, die bis nach Österreich wirkt. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin hat bei Mazda einen extrem hohen Stellenwert. Dazu kommen die vielen Möglichkeiten, die ein internationaler Konzern bietet. Gleichzeitig herrscht in Klagenfurt selbst ein sehr familiäres Arbeitsklima.
Wie beurteilen Sie die Position der IT-Abteilung im Gesamtunternehmen?
Die IT-Abteilung hat seit vielen Jahren denselben Stellenwert wie alle anderen Abteilungen. Damals noch eine »Unterabteilung« der Finanz, hat der damalige Finanzleiter recht früh erkannt, dass der Stellenwert der IT weiter und weiter zunimmt und dass man die IT als eigenständige Abteilung direkt dem CEO untergeordnet betreiben muss. Diese Neustrukturierung hat sich sehr bewährt – viele Innovationen kamen dann aus der IT-Abteilung. Grundsätzlich glaube ich, dass die IT einen sehr guten Ruf im Unternehmen hat. Nicht zuletzt erfährt man das immer wieder von Neueintritten, die immer wieder äußerst positiv auf die IT zu sprechen kommen.
Die Stärken der Abteilung liegen sicher in der enormen Flexibilität, der schnellen Reaktionsfähigkeit und dem unbürokratischen Handeln. Das hat natürlich mit der Größe der Abteilung zu tun, aber auch mit einem sehr großen Vertrauen der bisherigen Geschäftsführer in die IT. Wir haben auch immer versucht, ein Innovationstreiber im Unternehmen zu sein – eine IT-Abteilung ist heute alles andere als eine »Systemerhaltertruppe«. Am Ende des Tages hat uns der Erfolg immer recht gegeben, wobei ich eingestehen muss, dass der Weg dorthin nicht immer einfach war. Innovationen ins Unternehmen zu bringen, kann leicht, aber auch extrem schwierig sein, wenn es etwa um die Ablöse oder Neustrukturierung von internen Prozessen geht.
Meine Erfahrung aus den letzten Jahren hat mir gezeigt, dass es nicht an der Abteilung per se liegt, wie gut eine Digitalisierung funktioniert. Es liegt an den handelnden Personen. Es gibt viele Kollegen, die Veränderung begrüßen und dem sehr offen gegenüberstehen. Die meisten haben die Notwendigkeit und den Mehrwert erkannt. Einer meiner Lieblingssätze ist: »Nur wer etwas verändert, kann etwas verbessern.« Und es kann niemand wirklich ernsthaft etwas gegen Verbesserungen haben.
Abteilungsübergreifende Projekte zu leiten und als Innovationsgeber zu fungieren, kann mitunter extrem schwierig sein – da braucht es die hundertprozentige Unterstützung des Geschäftsführers. Natürlich entstehen auch viele Innovationen aus den Fachabteilungen heraus – hier gilt es dann als IT, die notwendigen Rahmenbedingen zu schaffen und unterstützend zu wirken. Wobei ich dazu sagen muss, dass mir der Begriff Fachabteilung nicht gefällt. Ich sehe alle Abteilungen auf der einen Seite und den Kunden auf der anderen. Es gibt leider noch sehr oft die Trennung IT und Fachabteilung – die IT wird leider immer noch sehr oft als Systemerhalter gesehen. Die wirklich guten Entscheidungsträger haben aber schon vor vielen Jahren erkannt, wie wichtig die IT ist. Die Mitarbeiter in der IT haben zum Beispiel extrem gute Kenntnisse über die Unternehmensprozesse – und das über alle Abteilungen hinweg. Dieses Wissen sollte man so viel wie möglich nutzen.
Wie sieht Ihre Digitalisierungsstrategie aus?
Wir haben, Gott sei Dank, recht früh erkannt, dass Digitalisierung enorm wichtig ist und bereits 2017 eine Digitalisierungsinitiative gestartet. Gefördert und unterstützt vom Geschäftsführer haben wir die Idee geboren, aus jeder Abteilung einen Digitalisierungsexperten zu entsenden, die wichtigsten Pain Points aufzuzeigen und Lösungen auszuarbeiten. Begleitet wurde der Prozess von einer externen Beratungsfirma. Aus der Arbeitsgruppe sind dann zehn Umsetzungspakete entstanden – einige davon recht klein, andere davon haben sich als mehrjährige Projekte herausgestellt. Aus einer dieser Initiativen ist sogar ein neues Produkt entstanden. Es nennt sich passend für die Automobilbranche »Nitro« – »New IT Rich Online Services«. Dieses neue Produkt hat eine zentrale Aufgabe: die Zusammenarbeit des Importeuers und der Händler zu verbessern. Es digitalisiert viele Arbeitsbereiche, das reicht vom digitalen Datenaustausch, Unterstützung der Außendienst-Mitarbeiter, bis hin zum umfangreichen Kennzahlen-Reporting. In einer der letzten Händlerumfragen wurde dieses Produkt als beste Innovation des Jahres genannt. Das macht uns als IT-Abteilung natürlich auch sehr stolz. Es gibt natürlich noch viele weitere Digitalisierungsprojekte, die aus der IT-Abteilung heraus initiiert werden. Und das Potenzial für Digitalisierung ist weiterhin enorm.
Woran arbeiten Sie derzeit?
Ein gerade in Umsetzung befindliches Projekt ist das Dokumentenmanagement. Hier sind wir gerade dabei, dem bestehen Dokumentenmanagement-System einen Relaunch zu verpassen. Wir erhoffen uns durch diese Initiative natürlich deutlich geringe Kosten, wir schonen damit die Umwelt und natürlich wird das Finden von Dokumenten um ein vielfaches einfacher – abgesehen davon, dass man in Zeiten von Home Office die Möglichkeit haben muss, auf ein Dokument digital zuzugreifen, egal von welchem Endgerät, egal ob vom Büro, Home Office oder Hotel. Die Vorteile sind enorm und die ersten Schritte schon gesetzt – dazu nur ein paar Schlagworte: »digitale Personalakte«, der »digitale Fahrzeugakt«, »Verträge digital«, um nur einige zu nennen.
Wie sehr sind Sie vom Fachkräftemangel betroffen?
Man liest es oft – und ich kann es nur bestätigen: Gutes IT-Personal ist extrem schwer zu finden. Dieser Fachkräftemangel wird sich noch weiter zuspitzen, vor allem, wenn man die extreme Geschwindigkeit der heutigen Zeit berücksichtigt. Ich hoffe daher, dass die jungen Leute – und hier vor allem auch Mädchen – Zugang zur IT finden und mehr Menschen in diese extrem spannende Sparte kommen und hier ihre Ausbildung machen.
Die heutige Welt ist eine globale Welt und man kann vom kleinsten Dorf aus die Welt erobern – High-Speed-Internet vorausgesetzt. Ich würde mir da etwas mehr Selbstbewusstsein wünschen. Auch aus Österreich kann sehr viel entstehen und man siehst es ja immer öfter, welch großartige IT-Firmen wir haben, die es bis zum Weltmarktführer gebracht haben.
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