Die neue IT-Strategie der Stadt Wien

In Kooperation mit Bürgern und Unternehmen will Wien bis Ende des ersten Quartales 2015 eine moderne IT-Strategie erarbeiten, mit der der IT-Standort Wien gestärkt und die Stadt fit für das Zeitalter der Digitalisierung gemacht werden soll. Ulrike Huemer, CIO der Stadt Wien, und Wolfgang Müller, stellvertretender Stadtamtsdirektor von Wien und Verantwortlicher für das Projekt Digital City Vienna, im Interview. [...]

Seit März dieses Jahres verfügt die Stadt Wien mit Ulrike Huemer über eine neue CIO. Gemeinsam mit Wolfgang Müller, stellvertretender Stadtamtsdirektor von Wien und Verantwortlicher für das Projekt Digital City Vienna, erklärt Huemer im Gespräch mit der COMPUTERWELT warum sie eigentlich ein CPIO ist und warum eine IT-Strategie nur kooperativ entstehen kann.

Die Stadt Wien hat Bürger dazu eingeladen, die digitale Agenda von Wien mitzugestalten. Warum engagiert sich Wien in dieser Art und Weise?
Wolfgang Müller:
Wir haben 2011 mit Open Government Data begonnen, also damit, Daten maschinenlesbar zur Verfügung zu stellen, um diese Daten auch für die Community verwendbar zu machen. Daraus hat sich eine sehr positive Zusammenarbeit entwickelt, wo wir auch erlebt haben, wie konstruktiv eigentlich die IT-Community in Wien und in Österreich ist. Diese gemeinsame Arbeit war für uns die Grundlage zu sagen: Es steht nun eine neue IT-Strategie der Stadt Wien an, die über das hinausgehen soll, was wir bisher als Strategie hatten. Da ging es sehr stark um interne Themen, die nun auch dabei sind. Neu ist, dass wir nun stärker auf Einbindung setzen.
Ulrike Huemer: Der Hintergrund dieser Öffnung ist, dass ich der tiefsten Überzeugung bin, dass eine digitale Agenda, eine IT-Strategie nicht von einer CIO in ihrem Zimmer geschrieben werden kann. Digitalisierung werde ich nur dann erfolgreich umsetzen können, wenn ich Themenbereiche berücksichtige, die der Bevölkerung wichtig sind, und auch die Ideen der Unternehmer hereinhole. Es geht um Öffnung und Öffnung bedeutet, für Transparenz zu sorgen und Akzeptanz zu schaffen.

Welche Rolle spielt dabei die neue CIO der Stadt Wien, Ulrike Huemer?
Wolfgang Müller:
Wir haben das Glück eine neue CIO zu haben, die viel frischen Wind hineinbringt. Und was man auch dazu sagen muss: Sie ist eigentlich keine CIO im landläufigen Sinne, sondern ist neben dem Bereich Information auch für die internen und externen Prozesse zuständig. Das heißt, sie ist eigentlich eine CPIO, also Chief Process und Information Officer. Das war uns deshalb wichtig, weil das Thema Business-IT-Alignment immer wichtiger wird. Auch für eine Stadt.

Mit welchen Herausforderungen sind Sie dabei konfrontiert?
Ulrike Huemer:
In der Vergangenheit hat die IT-Abteilung oft zu wenig die Prozesse gekannt und die Dienststellen haben sich im Anforderungsmanagement an die IT zu wenig mit ihren Prozessen auseinandergesetzt. Die haben einfach gesagt: Wir brauchen eine Lösung, um einen Bescheid ausstellen zu können. Das ist für eine IT-Abteilung zu wenig, die muss einen Prozess genau verstehen, um ihn abbilden zu können.

Wieviele Vorschläge zur digitalen Agenda sind denn über www.digitaleagenda.wien eingelangt?
Ulrike Huemer:
Es wurden 172 Ideen eingereicht und unzählige Kommentare dazu. Das hört sich vielleicht nicht nach viel an, aber ich sehe das als großen Schatz. Und das Schöne dabei ist: Diese Ideen haben Substanz, da haben sich Menschen wirklich etwas überlegt. Wir werden diese Ideen nun diskutieren und auch die Ideengeber immer wieder in Arbeitsgruppen einladen. Auf diese Weise entsteht eine digitale Agenda, mit der wir dann noch ein Mal in die Crowd gehen, um zu sehen, ob wir die Bedürfnisse getroffen haben.

Wie sieht der Zeitplan aus?
Ulrike Huemer:
Die Ideensammlung wurde im Oktober abgeschlossen und unser Ziel ist es, Ende des ersten Quartals 2015 eine digitale Agenda zu haben. Mit konkreten Zielvisionen und Maßnahmen zu den einzelnen Handlungsfeldern wie beispielsweise E-Health, Mobilität oder Security.

IT-Strategien gab es in der Vergangenheit schon einige, passiert ist aber nicht viel. Warum sollte man nun die digitale Agenda der Stadt Wien ernst nehmen?
Wolfgang Müller:
Für uns ist das auch ein Pilot für eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen der Stadt auf der einen Seite und der Wirtschaft bzw. den Bürgern auf der anderen Seite.
Da verändert sich gerade das Denken der Mitarbeiter der Stadt Wien. Deshalb habe ich zu Beginn auch Open Government Data erwähnt. Der Unterschied ist, dass nicht Unternehmen und Bürger sagen, welche Daten sie gerne hätten, sondern wir proaktiv überlegen, welche Daten wir noch hergeben könnten. Das ist eine Veränderung des Zugangs und das verändert auch uns als Stadt, was gut und sehr konstruktiv ist. Dass sich fünf Leute in einem Zimmer einsperren und danach gibt es eine IT-Strategie, ist zwar lieb, aber nicht angemessen.

Was sind neben der digitalen Agenda die nächsten Schritte?
Ulrike Huemer:
Wir arbeiten gerade an einer mobilen Stadt Wien App für Bürger und schauen, was da an Dienstleistungen möglich ist. Wir werden wahrscheinlich nicht so weit kommen, dass man eine Baubewilligung per App beantragt, aber zumindest einfache Services sollen mobil funktionieren.
Ein weiterer großer Schwerpunkt ist das Thema Security, wo es ganz stark um Awareness geht. Und zwar um die Awareness nach innen, bei den Führungskräften und den Mitarbeitern. Wir arbeiten da an einer Erweiterung unserer E-Learning-Plattform, weil wir der Überzeugung sind, dass Security nur dann geschaffen werden kann, wenn sich jeder bewusst ist, worauf man achten sollte. Und das sind so Kleinigkeiten wie die Wahl eines guten Passworts, oder wie man mit USB-Sticks umgeht.

Das Gespräch führten Manfred Weiss und Oliver Weiss.


Mehr Artikel

News

Bad Bots werden immer menschenähnlicher

Bei Bad Bots handelt es sich um automatisierte Softwareprogramme, die für die Durchführung von Online-Aktivitäten im großen Maßstab entwickelt werden. Bad Bots sind für entsprechend schädliche Online-Aktivitäten konzipiert und können gegen viele verschiedene Ziele eingesetzt werden, darunter Websites, Server, APIs und andere Endpunkte. […]

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*