Unternehmen kommen nicht mehr an der Cloud vorbei. Während die technische Diskussion jedoch abnimmt, tritt das Wesentliche in den Vordergrund. Letztendlich geht es immer um das Business und den konkreten Nutzen. Ob Cloud oder nicht, ist dabei zweitrangig. [...]
Seit einiger Zeit ist Cloud Computing das Lieblingskind der IT-Branche. Vielen Anwender ist jedoch nach wie vor nicht klar, was genau sich hinter diesem Begriff verbirgt. Um Licht ins Dunkel zu bringen, hat die COMPUTERWELT einen Round Table mit elf heimischen Experten von Anbieter- und Anwenderseite veranstaltet. Zu den heiß diskutieren Themen zählen der Cloud-Markt in Österreich, die Vorteile und Hemmschuhe bei der Einführung von Cloud-Services, rechtliche Aspekte und die Auswirkungen auf die Softwarebranche.
Schon bei der Definition des Begriffes Cloud Computing gibt es erste Meinungsverschiedenheiten: Laut Leopold Obermeier, stellvertretender Vorsitzender der Industrievereinigung Eurocloud Österreich, hat jeder Anbieter eine andere Definition. »Wir haben ein Buch zum Thema Cloud Computing geschrieben und die große Herausforderung gleich zu Beginn war, uns unter den Autoren, die aus verschiedenen Bereichen kommen – Anwälte, Steuerberater, IT-Spezialisten – auf eine Definition zu einigen.« Geeinigt haben sich die Eurocloud-Experten schließlich auf Folgendes: Es ist dann Cloud Computing, wenn der User nicht mehr weiß, wo seine Daten sind und wenn die Elastizität gegeben ist, also wenn innerhalb kurzer Zeit die Leistung vergrößert oder verringert werden kann, sodass der Kunde nicht über Jahre an einen Provider gebunden wird.
Mit dieser Definition sind die am Round Table beteiligten IT-Anbieter jedoch naturgemäß nicht ganz glücklich. Peter Garlock, Cloud Leader von IBM Österreich, bringt es auf den Punkt: »Mir ist bei dieser Definition vor allem der Teil ins Auge gestochen, dass ich nicht weiß, wo die Daten liegen. Alleine schon gesetzlich muss ich wissen, wo die Daten liegen, sei es jetzt in anderen Ländern oder hier vor Ort in Wien.« Garlock spielt damit auf einen der größten Hemmschuhe für die Cloud an: Die Angst der Anwender um ihre Daten. Auch Peter Öhlinger, Head of Portfolio & Solution Design bei T-Systems, will die Definition von Obermeier so nicht stehen lassen. Er verweist auf eine Definition des NIST (US National Institute for Standards and Technology), die fünf Merkmale für Cloud Computing anführt. »Da geht es um die bereits angesprochene Flexibilität, darum, dass man einen Pool-Effekt hat, also, dass es ein shared Service und kein dedicated Service ist, und dass Cloud-Services sehr elastisch sind. Da kommt aber nirgends vor, dass ich nicht mehr weiß, wo die Daten sind.« Für Öhlinger ist in diesem Zusammenhang zudem die Unterscheidung zwischen Private und Public Cloud wichtig, da man bei einer Private Cloud sehr wohl wisse und Einfluss darauf nehmen könne, wo die Daten liegen.
WO SIND DIE DATEN Zumindest bei Services aus Public Clouds werden aber aus Gründen der Verfügbarkeit und zwecks Load Balancing die Daten zwischen mehreren verschiedenen Data Centern der Anbieter hin- und herkopiert. Mehrere Virtualisierungsschichten und diverse Verschlüsselungstechniken erschweren die Nachvollziehbarkeit der Daten laut Obermeier noch weiter. »Juristen legen das so spitzfindig aus, dass ich die Platte namhaft machen muss, auf der die Daten gespeichert sind«, erklärt der Eurocloud-Experte. »Das können die Anbieter nicht, wenn sie mit Produkten wie zum Beispiel Vmotion von Vmware arbeiten. Dann wandern die Daten zwischen mehreren Rechenzentren hin und her und man kann nicht mehr sagen, wo die Daten derzeit genau sind.« Auf der anderen Seite ist gerade Virtualisierung eine Grundvoraussetzung. »Wenn ich das nicht mache, dann komme ich gar nicht zu Cloud Computing«, sagt Öhlinger. Nichtsdestotrotz müsse man als Anbieter dafür Sorge tragen, dass Daten eben unter Umständen zum Beispiel ein Land nicht verlassen. »Das ist Teil des Geschäftes und ist auch machbar.«
Einig sind sich alle Experten, wenn es um den Einfluss geht, den Cloud Computing auf die Unternehmens-IT hat und haben wird. »Cloud Computing ist ein grundlegender Paradigmenwechsel in der IT und man kann es sehr gut über das Ziel definieren, das man mit dem Paradigmenwechsel erreichen will«, erklärt Martin Hammerschmid, Österreich-Chef von EMC. »Eine effizientere, agilere IT, die man letztendlich as a Service anbieten kann. Egal, ob in einer Private Cloud im Haus oder in einer Public Cloud draußen.« Sogar CIO, die früher Cloud-Gegner waren, müssen mittlerweile eingestehen, dass kein Weg an der Wolke vorbeiführt. Anton Leitner beispielsweise, IT-Leiter der NÖM, war bis Mitte vergangenen Jahres ein selbsternannter Cloud-Agnostiker. »Irgendwann hat mir dann in einer ähnlichen Runde ein Kollege von IBM gesagt: Du verwendest Vmware, IBM-Geräte, EMC, Netapp, Citrix – eigentlich hast du ja schon deine Private Cloud.« In einer vor drei Jahren in England neu errichteten NÖM-Fabrik gibt es nur mehr Netzwerkkomponenten und Wyse-Terminals – die Applikationen kommen aus der internen Wolke. »Mir war gar nicht bewusst, dass ich eigentlich ein Cloud-Provider für meine englischen Kunden bin.«
Für Leitner ist nun die Zeit gekommen, sich bei einigen Services anzuschauen, ob es nicht günstiger ist, sie außer Haus zu geben. Sein Kollege Josef Himmelbauer, CIO der Caritas Gruppe, sieht das ähnlich: »Cloud Computing ist die logische Weiterentwicklung von Hosting und Outsourcing. Wir versuchen langsam, Teile der IT an externe Service-Anbieter auszulagern.« Ein Beispiel für IT-Services, die in die Cloud wandern könnten, ist Storage und Backup. »Der nächste Schritt ist dann, dass ich mir vielleicht die Standard-Services abnehmen lasse, zum Beispiel ein Office oder das Mail-Service.«
KOSTEN VS. FLEXIBILITÄT Für die Anwenderseite ist demnach offensichtlich Kostenersparnis weiterhin der größte Cloud-Treiber. Ewald Glöckl, Österreich-Chef von Netapp, bestätigt das: »Der wirkliche Treiber des Hypes ist die Kostendiskussion, in der wir uns alle befinden. IT hat einen großen Anteil an Kostensenkung und Effizienzsteigerung und genau das ist das Versprechen der Cloud: weniger Kosten und mehr Flexibilität.« Für Caritas-CIO Himmelbauer stehen aber nicht die Kosten im Vordergrund: »Ich beschäftige mich seit zehn Jahren mit diesem Thema und Cloud wird immer über den Kostenaspekt verkauft. Ich hab damit aber bisher noch keine Kosten einsparen können.« Er habe mehr Leistung bekommen und höhere Verfügbarkeit – aber weniger Kosten wären ihm noch nicht aufgefallen. Auch für Alexander Spörker, Österreich-Chef von Vmware, ist Kosteneinsparung nicht alles: »Die Cloud eröffnet neue Möglichkeiten, ermöglicht Services, die vielleicht bisher gar nicht möglich waren, und mit den neuen Möglichkeiten wird auch der Bedarf steigen.«
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