Digital Marketing statt Bauchentscheidungen

Bewährte Marketingstrategien sind in Zeiten von Facebook, Google, iPad und Smartphone nicht mehr wirklich zeitgemäß. Die junge Internet-Generation glaubt eher ihren Freunden als den Botschaften der Hersteller. Neue Ansätze sind daher notwendig [...]

Hartmut König, Leiter des Solution Teams von Adobe, verrät im Interview mit der COMPUTERWELT, wie Unternehmen ihr Web-Business durch vollständig integriertes Testen und Optimieren verbessern können und skizziert die Trends im Online-Marketing.

Was sind derzeit die Hauptprobleme Ihrer Kunden?

Hartmut König Es gibt einen Trend zum »Empower the Marketing« wie wir das nennen. Also flexibler auf Anforderungen des Business reagieren zu können. Wir sehen dabei zwei Trendbereiche: zum einen die mobile Website, das Handy und den Tablet, vor allem das iPad. Zum anderen die Personalisierung der Angebote.

Was bedeutet Digitales Marketing?

Die Frage lautete bisher: Was passiert im Web, und wie passiert es. Die Optimierung wurde manuell gemacht. Heute kann ich schon sehr präzise testen und den Erfolg verschiedener Varianten ausprobieren. Eine andere wichtige Zäsur ist das soziale Internet, das gar nicht von mobilen Devices zu trennen ist. So wird etwa Facebook sehr oft am mobilen Device aufgerufen. Die wesentliche Veränderung gegenüber früher ist aber, dass Menschen ernst genommen werden und dass man ihnen zuhört. Marketing-Botschaften sind heutzutage nicht mehr genug, vor allem bei jungen Zielgruppen. Diese glauben längst mehr ihren Freunden als den Botschaften der Hersteller.

In welchen Bereichen erzielen Unternehmen schon heute konkrete Vorteile?

Wir beobachten das vor allem im Bereich Retail, also bei jeder Art von Online-Shop.  Hier können die größten Erfolge eingefahren werden, die sich auch sofort unmittelbar auf Umsatz und Gewinn auswirken. Bereiche wie Finance und Automotive produzieren zwar viel Content, aber aus meiner Sicht wird dort noch wenig optimiert. Man denkt noch nicht ausreichend darüber nach, wie der Content die Kunden erreicht. Retailer haben eine andere Beziehung zum wiederverkauften Produkt als der Autohersteller, der vom eigenen Produkt so überzeugt ist, dass er an echte Optimierung weniger denkt.

Was würden sie den Marketiers raten?

Sie müssen anfangen das Gespräch zu suchen. Der Betreiber der Webseite ist der schlechteste um die Webseite zu bewerten. Internes und externes ständiges Hinterfragen ist ganz wichtig. Viele Unternehmen sehen zwar Statistiken, aber sie reagieren nicht darauf. Die Frage muss sein: Warum sind die Konversionsraten zu gering? Man muss hier analytisch vorgehen, und sich nicht nur auf Intuition verlassen. 

Was sind die wichtigsten Kennzahlen, die Unternehmen heute messen sollten?

Allgemein kann man sagen, dass die klassischen Metriken des Webreporting wie  unique Besucher, Seitenaufrufe etc. immer weniger beachtet werden. Und schließlich gibt es in jedem Unternehmen Verantwortliche für Spezialthemen, die sich dann auf ganz andere Metriken konzentrieren.

Wie sieht der Prozess der Konversions-Optimierung idealerweise aus? 

Es geht hier um die Zusammenarbeit zwischen Kreativen und Analytikern. Die Veränderung entsteht durch das Testen. Die Kreativen entwerfen Varianten, diese werden getestet und im Zufallsverfahren an Kunden ausgegeben. Dann kann ich sagen, welche Variante die besten Werte hatte. Wenn ich Target-Gruppen unterscheiden kann, z.B. Geschlecht etc., kann ich auch innerhalb dieser Gruppen testen und dann gezielt unterschiedliche Varianten nach unterschiedlichen Zielgruppen ausliefern. 

Mehr Testing für Webseiten bedeutet aber auch erhöhten Aufwand?

Ich unterschreibe das für den Grafiker, aber nicht für den Programmierer. Viele Unternehmen setzen das noch falsch ein. Da kann bessere Technologie ein viel effizienteres Arbeiten bewirken. Eine pauschale Antwort hinsichtlich der Grafiker zu finden ist zu einfach. Da kommt es auf das Optimierungspotenzial an. Aber wer aufhört zu optimieren wird nach hinten durchgereicht und fällt aus dem Markt. 

Was machen die Tools von heute besser?

Das wichtigste was wir besser können ist die Integration aller Bereiche, von der Werbung bis hin zur Optimierung auf der Webseite und der Messung. Dann kann man sagen, welche Kunden die besten Conversion Rates hatten. Es lassen sich so alle Aktivitäten des Kunden inklusive Callcenter-Aktivitäten messen.

Gibt es Ansätze, in Richtung Customer Relationship Software zu entwickeln?

Dazu ein klares Nein. Wir integrieren uns mit dem bestehenden CRM oder ERP der Kunden, von SAP bis Oracle. Wir positionieren uns als Analyse Partner, aber nicht als CRM-Mitbewerber.

Wo und wie sollten Unternehmen im Web heute Werbung machen?

Ich würde keinen Schwerpunkt empfehlen, sondern über jeden Kanal immer wieder neu  optimieren und testen. Aus dem bestehenden Budget soll ein optimaler Mix mit möglichst hoher Konversionsrate generiert werden. Allerdings gilt es auch aufzupassen, nicht zu einseitig zu agieren und nur mehr auf maximale Conversion in bestimmten Kanälen zu setzen. Manchmal kann man sich auch zu Tode optimieren.

Welche Bedeutung hat Social Media heute im Online-Kommunikationsmix?

Man kann nicht mehr darauf verzichten. Man kann fokussierte Werbung schalten und Kunden bei ihren Bedürfnissen abholen. Facebook ist aber nicht die nächste Werbeplattform, sondern eine Entwicklungsplattform für Kommunikation. Klassisches Marketing spricht mehr als es zuhört.

Wie aufwendig ist die Integration von Analyse- und Optimierungswerkzeugen? 

Wir haben zwei wichtige Aufgaben. Zum Einen die technische Integration. Das muss einfach sauber gemacht werden, da geht es um Tage oder wenige Wochen. Der zweite Teil, bei dem wir Kunden unterstützen, ist der größere und wichtigere Teil: Was lerne ich effektiv aus den Daten und wie optimiere ich intern am Besten?

Was kostet die Integration der Digital Marketing Suite?

Alle Lösungen in der Digital Marketing Suite werden volumenbasierend bepreist. Das heißt je nachdem wie intensiv der Kunde unsere Lösungen verwendet, wird sein Lizenzpreis unterschiedlich hoch sein. Kleine Seiten bezahlen wenig, große mehr. Kunden starten mit kleinen Schritten und fügen dann mehr hinzu. Eine genaue Zahl anzugeben ist hier schwierig. Wir haben Kunden vom vier- bis zum siebenstelligen Bereich. 
Das Gespräch führte Roland Kissling.

Hartmut König

Hartmut König ist seit 2004 Mitglied des Adobe Teams in Deutschland. Der ausgewiesene Spezialist für die Konzeption, Umsetzung und begleitende Einführung von Softwarelösungen ist für die Solution Consulting Organisation verantwortlich. Mit seinem Team entwickelt er innovative Lösungen für digitales Marketing. Hartmut König ist seit über 15 Jahren im Enterprise Software Business tätig.

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