„Digitale Transformation findet im Kopf statt“

Auf der einen Seite stehen die unendlichen Möglichkeiten von Cloud & Co. auf der anderen die Vorbehalte der Unternehmen. Um im internationalen Wettbewerb nicht zurückzubleiben, wird ein Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und IT-Branche verlangt. [...]

Die IKT-Branche spricht von der „digitalen Transformation“, ausgelöst durch Technologien wie Cloud, Big Data und Mobility. Die Betroffenen – die vielen heimischen KMU – haben ganz andere Probleme. Dieses Bild zeigt sich, wenn man sich eine aktuelle Microsoft-Studie ansieht, die Andreas Ebert, Regional Technology Officer bei Microsoft Western Europe, am Rande des Microsoft Day 2014 in Wien vorgestellt hat.

Unterm Strich: Es besteht eine massive Vertrauenskrise, und zwar in dreifacher Hinsicht: „Es geht erstens um das Vertrauen in die digitale Zukunft aus unternehmerischer Sicht, zweitens Vertrauen in Themen wie Datensicherheit und Compliance und drittens Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten“, sagt Andreas Ebert im COMPUTERWELT-Gespräch.
Die Unsicherheit, die derzeit herrscht, zeigt sich etwa beim Thema Cloud Computing. So hat unter den von Microsoft Befragten nur ein Viertel angegeben, über ein gutes Verständnis von Cloud Computing im Unternehmenskontext zu verfügen, während dies für 39 Prozent nicht der Fall ist.

Im Ranking Cloud-basierter Dienste, die in Unternehmen eingesetzt werden, wurden E-Mail (19 Prozent), Dokumentenaustausch (13 Prozent) und Datenspeicherung bzw. Backup (12 Prozent) am häufigsten genannt. Abgeschlagen folgen Voice-over-IP-Anwendungen und Videoconferencing mit jeweils sechs Prozent. 38 Prozent der befragten Personen haben angegeben, keinen dieser Dienste im Geschäftsalltag zu verwenden.

Auch zeigt sich, dass Datensicherheit ein bestimmendes Thema in österreichischen KMU ist: 44 Prozent der Befragten haben Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Daten angegeben, wenn diese in der Cloud gespeichert sind. Mehr als drei Viertel sehen in der Verbesserung von Datensicherheit die höchste Priorität bei neuen IT-Investitionen, gefolgt von verbesserter Online-Sicherheit und verstärkter Zusammenarbeit.

Das Potenzial von Cloud Services wird zwar grundsätzlich erkannt, die Zurückhaltung ist jedoch noch sehr groß. Was also tun? „Die digitale Transformation findet im Kopf statt“, beschreibt Ebert den ersten Schritt in Sachen vertrauensbildender Maßnahmen. „Als weiteren Schritt braucht es den Schulterschluss zwischen Politik, Wirtschaft und IT-Branche.“ Ebert bemüht dazu einen berühmten US-Slogan aus den 1930er-Jahren: „Wir brauchen einen ‚New Deal‘ für die digitale Welt. Denn nur wenn Wirtschaft, Politik und Verbraucher gemeinsam an einem Strang ziehen, können wir die derzeitige Phase der ‚digitalen Depression‘ überwinden.“

VERTRAUENSBILDENDE MASSNAHMEN
Christian Rupp, Sprecher der Plattform Digitales Österreich im Bundeskanzleramt, sieht ebenfalls Handlungsbedarf: „Im täglichen Umgang mit Behörden auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sowie anderen Verwaltungskörpern merken wir, dass es einen erhöhten Aufklärungsbedarf gibt. Trotz aller Vorbehalte sind Kostenvorteile nicht außer Acht zu lassen – gleichzeitig muss aber die Sicherheit gewährleistet sein. Jede öffentliche IT-Stelle muss sich mit diesem Thema einfach beschäftigen.“ Und: „Die Cloud ist ein entscheidender Wirtschaftstreiber in Europa. Damit wir nicht Gefahr laufen, im internationalen Vergleich zurückzubleiben, braucht es eine gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten beziehungsweise klare Regelungen – hier sind alle Mitgliedsstaaten gefordert“, so Rupp bei der Vorstellung der Microsoft KMU-/Cloud-Studie.

Martin Prager, der Sprecher der IT-Security Experts Group der Fachgruppe Unternehmensberatung und IT in der Wirtschaftskammer Österreich, unterstreicht, dass sich vor allem kleinere Unternehmen nicht alleine dem Thema Cloud nähern sollten: „Dass es eine Vertrauenskrise gibt, stellen unsere IT-Berater täglich fest, wenn sie mit Unternehmen über Sicherheitsthemen und die Cloud sprechen. Es gibt definitiv Handlungsbedarf, um Ängste und Vorbehalte abzubauen und den Fokus wieder verstärkt auf Chancen und Potenziale zu lenken, die durch moderne Technologien möglich sind.“ Gerade kleinere Betriebe haben zumeist keine eigene IT-Abteilung oder verfügen nicht über entsprechendes Knowhow im Unternehmen, um Fragen zur Cloud adäquat zu beantworten oder korrekt einzuschätzen. „Aus diesem Grund bieten wir zahlreiche Services und Hilfestellungen an. Damit wollen wir Unsicherheiten reduzieren, auf positive Bewusstseinsbildung setzen und Unternehmen auf ihrem Weg in die Wolke bestmöglich unterstützen“, so Prager.

Eine der bekanntesten vertrauensbildenden Maßnahmen beim Thema Cloud ist EuroCloud Austria. „Es wird höchste Zeit für eine offene, ehrliche und vor allem zukunftsorientierte Diskussion über Datenschutz und Sicherheit in Europa, bei der alle Beteiligten eingebunden sind. Denn nur so lassen sich Vorbehalte abbauen, Chancen aufzeigen und der Blick wieder nach vorne richten“, sagt Tobias Höllwarth, Vorstand von EuroCloud Austria. Eine logische Konsequenz daraus sieht Höllwarth im sogenannten EuroCloud Star Audit: „Ähnlich dem ‚Pickerl‘ bei Autos, bei dem die Qualität und Fahrtüchtigkeit regelmäßig überprüft wird, gibt es mittlerweile ein europaweites Zertifikat, das genau gleich strenge Maßstäbe auch bei Cloud Services anlegt. Es trifft eine verlässliche und detaillierte Aussage über die Qualität der Leistungen aller an einem Cloud Service beteiligten Firmen.“ (pi/wf)


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