Digitale Unterstützung in Krankenhäusern

Medizinisches Wissen wächst rasant. Dadurch werden die Behandlungsmethoden und die Versorgung der Patienten komplexer. Eine Forschungskooperation der FH Oberösterreich in Hagenberg und Treetop Medical unterstützt Ärzte und Fachpersonal. [...]

Das interdisziplinäre Team von Treetop Medical setzt sich aus Ärzten und Softwareentwicklern zusammen. (c) Treetop
Das interdisziplinäre Team von Treetop Medical setzt sich aus Ärzten und Softwareentwicklern zusammen. (c) Treetop

In einer Notfallambulanz kommt es auf eine schnelle Diagnose an.  Kommt beispielsweise ein Patient oder eine Patientin mit akutem Brustschmerz in die Notfallambulanz, ist schnelle Expertise gefragt: Handelt es sich um einen Herzinfarkt, eine Lungenembolie oder um ein anderes, vielleicht weniger bedrohliches und zeitlich drängendes medizinisches Problem? Ärzte und Ärztinnen orientieren sich in diesen Fällen an evidenzbasierten regionalen Leitlinien, die jedes Krankenhaus möglichst gut in die lokalen Abläufe integrieren muss. Dadurch können die richtigen Prognosen gestellt und die Patienten und Patientinnen bestmöglich versorgt werden.

»Aus Sicht der Informatik sind diese Leitlinien oder lokalen Standard Operating Procedures (SOPs) nicht strukturiert. Es gibt nur Texte, die der Arzt oder das Stationspersonal schreibt, ein Computer braucht aber klare Instruktionen, um dieses Wissen auch digital verfügbar zu machen«, erklärt Christoph Praschl vom FH OÖ Campus Hagenberg. Als Projektleiter in der Forschungsgruppe AIST (Advanced Information Systems and Technology) betreut er ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Firma Treetop Medical, um dieses Problem zu lösen.

Datenschutz ist extrem wichtig

»In einer ersten Phase ging es darum, eine Lösung zu entwickeln, mit der Leitlinien und SOPs künftig strukturiert erstellt und als digitale Patientenpfade modelliert werden können«, erinnert sich Michael Roiss, Arzt und Gründer von Treetop Medical. In einem zweiten Schritt wird auch die Patientenhistorie (etwa Patientenbriefe oder Laborbefunde) entsprechend aufbereitet, um anschließend den Weg des Patienten durch das Krankenhaus mit dem digitalen Behandlungspfad vergleichen zu können. Die Forschenden verwenden dazu Large Language Modelle, wie man sie von ChatGPT kennt. »Allerdings«, schränkt Christoph Praschlein, »arbeiten wir nur mit Modellen, die den höchsten Datenschutzbestimmungen gerecht werden, damit diese sensiblen Daten entsprechend geschützt sind.« Und natürlich müssen die entsprechenden Datenschutzbestimmungen wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der EU AI Act eingehalten werden.

Durch den Abgleich wird es für Ärzte und Ärztinnen einfacher, in der Praxis diesen digitalen Behandlungspfaden zu folgen. Praschl konkretisiert das am eingangs erwähnten Thema Brustschmerz: »Kommt jemand mit diesem Symptom ins Krankenhaus, wird ihm zur Abklärung Blut abgenommen. In der Praxis werden dabei oft gleichzeitig sehr viele Parameter ausgelesen. Die Frage ist nun: Bringt das was oder reicht es, nur bestimmte Werte zu checken? Wenn wir hier über den Abgleich zu klaren Ergebnissen kommen, könnte man die Leitlinien und Behandlungspfade entsprechend der Praxis optimieren.«

Christoph Praschl ist Projektleiter und Assistenzprofessor an der 
FH Oberösterreich Campus Hagenberg. (c) FH

Zusammenarbeit mit renommierten Kliniken

Die Initiative zur der auf drei Jahre ausgelegten Forschungskooperation ging von der Treetop Medical GmbH aus. Die von Ärzten gegründete Firma mit Hauptsitz in Wien hat sich auf die Entwicklung von Software zur wissensbasierten Prozessunterstützung im medizinischen Bereich spezialisiert. »Die Kombination von Fachwissen und technischer Expertise zeichnet uns aus«, sagt Michael Roiss. Mit der FH OÖ Campus Hagenberg habe man den idealen Forschungspartner gefunden.

Neben der MedUni Wien als Projektpartner konnten mit dem Tumorzentrum Oberösterreich, dem Universitätsspital Zürich und mehreren Kliniken in Deutschland und der Schweiz weitere renommierte Pilotkunden gewonnen werden.

»In Krankenhäusern ist sehr viel Wissen vorhanden, das nicht optimal in die Patientenversorgung integriert werden kann. Daher hoffen wir, mit unserer Forschungsarbeit das medizinische Personal bei wichtigen Entscheidungen zu unterstützen«, sagt Christoph Praschl, dessen Projektteam sich gegenwärtig aus zwei hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und einem Praktikanten zusammensetzt. 

Wie innovativ die FH OÖ unterwegs ist, zeigt auch ein Jubiläum, dass dieser Tage zu feiern ist. Der berufsbegleitende Masterstudiengang Human-Centered Computing (HCC), der 2014 als innovatives Pilotprojekt an der FH Oberösterreich (FH OÖ) in Hagenberg begann, feierte am 16. Mai 2025 sein zehnjährige Bestehen. Heute zählt der Studiengang rund 150 Absolventen und Absolventinnen, die in Bereichen wie UX-Design, Forschung, Industrie oder bei Startups tätig sind.


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