Digitaler Produktpass wird Pflicht

Ab 2027 wird der Digitale Produktpass (DPP) schrittweise verpflichtend und gilt laut EU-Kommission als zentrales Instrument der europäischen Kreislaufwirtschaft. Austrian Standards stellt Unternehmen dafür passende europäische Normen bereit und unterstützt sie mit praxisorientierten Trainings. [...]

Otto Handle ist CEO von Inndata und Leiter der CEN/CENELEC JTC 24 WG 4. (c) Bernd Golas
Otto Handle ist CEO von Inndata und Leiter der CEN/CENELEC JTC 24 WG 4. (c) Bernd Golas

Die im Juli 2024 in Kraft getretene EU-Ökodesignverordnung („Ecodesign for Sustainable Products Regulation“, ESPR) definiert künftig Kriterien wie Reparierbarkeit, Zuverlässigkeit, Wiederverwendbarkeit oder Energieeffizienz genauer. Für große Batterien über zwei Kilowattstunden gilt die Pflicht zum DPP bereits ab Frühjahr 2027, für weitere Produktgruppen ab 2028. Die zugrunde liegenden Standards wurden im Auftrag der Europäischen Kommission von CEN/CENELEC unter Mitwirkung österreichischer Fachleute entwickelt. Otto Handle, Leiter der europäischen Arbeitsgruppe CEN/CENELEC JTC 24 WG 4, ist an der Ausarbeitung maßgeblich beteiligt. Er betont, dass der DPP nur funktionieren könne, wenn europaweit gemeinsame Standards gelten.

Gemeinsame Regeln für interoperable Systeme

Handles Arbeitsgruppe entwickelt vier der insgesamt acht europäischen Normen für den DPP. Diese sollen gewährleisten, dass die künftig verpflichtend bereitzustellenden Produktinformationen sowohl für Menschen als auch für Softwaresysteme lesbar und systemübergreifend nutzbar sind. Rund 240 Expertinnen und Experten aus EU- und Nicht-EU-Ländern arbeiten daran. Grundlage ist ein Standardisierungsauftrag der Europäischen Kommission, der die Anforderungen von Behörden, Konzernen, kleinen Unternehmen und Konsumentinnen gleichermaßen berücksichtigt.

Der DPP gilt als Datendienst, der dauerhaft und kostenlos zugänglich sein soll. Interoperabilität soll sicherstellen, dass Daten systemübergreifend nutzbar bleiben und keine isolierten Einzellösungen entstehen. Fehlende Kompatibilität würde den Nutzen des Systems stark einschränken. Einheitliche Standards sollen zudem sogenannte „Vendor-Lockins“ verhindern, also Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern. Offene Formate und niedrige Zugangshürden sollen Wettbewerb und Innovation fördern.

Kontrolle und Stabilität im System

Produkte ohne gültigen DPP gelten künftig als nicht gesetzeskonform und dürfen in der EU nicht verkauft werden. Behörden wie Marktüberwachung und Zoll übernehmen laut Handle eine zentrale Kontrollfunktion. Zur Absicherung sollen Certified Backup Operator sicherstellen, dass digitale Produktpässe auch im Fall technischer Ausfälle dauerhaft verfügbar bleiben.

Die Arbeitsgruppe legt technische Grundlagen für den europäischen DPP fest:

  • System Interoperability: Einheitliche Struktur und Funktionalität in allen EU-Staaten.
  • Data Exchange Protocols: Definition sicherer, Menschen- und Maschinen-lesbarer Formate wie JSON und HTML.
  • Archivierung und Versionierung: Rückverfolgbarkeit aller Produktversionen über den gesamten Lebenszyklus.
  • APIs: Einheitliche Schnittstellen für Softwarezugriffe.

Alle vier Normen greifen ineinander und bilden laut Handle das technische Rückgrat des Systems. Da Österreich stark von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt ist, soll der DPP laut Kommission auch für diese leicht nutzbar sein. Einheitliche Standards und einfache Handhabung sollen einen fairen Marktzugang ermöglichen.


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