Digitalisierung von Prozessketten

Man könnte meinen, es wäre eine Tautologie, also die Wiederholung von bereits Gesagtem, wenn man von der Digitalisierung des ECM spricht. Aber die digitale Transformation betrifft auch das Enterprise Content Management als Top Trend. [...]

Bestes Beispiel dafür, dass die Digitalisierung auch vor ECM nicht Halt macht, ist ein recht profaner Prozess wie die elektronische Rechnungsverarbeitung. Das Verfahren hat sich bereits bewährt und Unternehmen setzen es tausendfach ein. Das Gesamtvolumen elektronischer Rechnungen wird dieses Jahr einer aktuellen Studie von Billentis zufolge weltweit 30 Milliarden überschreiten, bei einer erwarteten jährlichen Wachstumsrate von zehn bis zwanzig Prozent. Wenig überraschend, wenn man die Einsparpotenziale der Lösungen kennt.
Wertschöpfungsnetzwerke
Ein Top Trend wird auch die elektronische Rechnungsverarbeitung im Kontext ECM jedoch, wenn man die Rahmenbedingungen der digitalen Transformation mit ins Spiel bringt. So bekommt ECM in der Digitalisierung – wenn aus Wertschöpfungsketten Wertschöpfungsnetze werden – eine besondere Bedeutung. Es wird künftig darauf ankommen, dass gesamte Prozessketten digitalisiert werden können. Bedeutet im Kontext der digitalen Rechnung: Vom Rechnungseingang, der weiteren Verarbeitung, der Begleichung bis hin zum Weiterreichen in das BI-System zur Auswertung – alles wird künftig digital sein.
Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass sich immer mehr Anwendungen miteinander verbinden, interagieren und prozessual voneinander abhängig sind. Um noch einmal das Beispiel elektronische Rechnung aufzunehmen, bedeutet das etwa, dass der Finanzmanager auch von unterwegs Zugriff auf die Rechnung haben muss. Er sollte mit einem Klick die Genehmigung anstoßen können, etwa mittels Smartphone oder Tablet. Aber er sollte ebenso in der Lage sein, diesen Content abteilungsübergreifend im Unternehmen zu distribuieren.

Übergreifende Integration
Eine solch übergreifende Integration – und das ist der zweite wesentliche Trend – bekommen Organisationen aber nur dann hin, wenn die technologische Basis des ECM aus einer einzigen Plattform besteht. Denn Stand heute ist es bei Weitem nicht prognostizierbar, was sich neben den bereits vorkommenden Quellen in naher Zukunft noch alles integrieren lassen muss. Beispiel Internet of Things und Industrie 4.0: Wenn der Wert einer Maschine künftig vor allem durch die darin integrierte Software bestimmt wird, dann generieren diese Geräte künftig ein Vielfaches an wertvollen Daten. Informationen zu vorausschauender Wartung (Predictive Maintenance) beispielsweise oder Leistungsdaten. Also ebenfalls Content, der in anderen Systemen ausgespielt werden muss und darin verwertet wird.
Standardisierte Einfachheit
Selbst wenn man polystrukturierte Daten außen vorlässt, so wird die Zahl der Content generierenden Applikationen sicher wachsen. Von daher ist es absurd zu glauben, dass man zur Integration einer neuen App ins ECM jedes Mal einen groß angelegten Programmieraufwand betreiben könne. Jedes Mal neue Skripte entwickeln, jedes Mal die APIs checken und jedes Mal einen neuen Loop programmieren müssen – das ist nicht realistisch. Hier müssen stattdessen Templates, Workflows und Point-and-Click-Prozesse greifen. Standardisierte Einfachheit muss das Motto an dieser Stelle lauten.
Dies auch aufgrund des prognostizierten Datenwachstums: Laut jüngst veröffentlichten Zahlen des Beratungsunternehmens Sopra Steria Consulting werden in diesem Jahr insgesamt 9.000 Exabyte Daten erzeugt, oder umgerechnet 9 Billionen GB. Diese Zahl soll bis 2020, also innerhalb der nächsten vier Jahre, auf ein Datenvolumen von 40.000 Exabyte ansteigen. Das entspricht mehr als einer Vervierfachung. Selbstverständlich betrifft dieses überproportionale Wachstum alle Anwendungsbereiche. Aber je mehr Daten an Wert gewinnen – und danach sieht es ja in der Digitalisierung aus – desto werthaltiger wird auch jedweder Enterprise Content.
Die Digitale Transformation umfasst sämtliche Unternehmensbereiche und macht auch vor denjenigen Feldern nicht Halt, die aus oberflächlicher Sicht bereits komplett digitale Strukturen aufweisen. Hier kommt es vielmehr darauf an, diese Prozesse weiterzuentwickeln und den neuen Begebenheiten anzupassen, gerade angesichts zukünftiger Entwicklungen. Denn das Datenwachstum des Internet of Things allein ist in herkömmlicher Denke mit tradiertem Silo-ECM garantiert nicht mehr darstellbar.
* Herbert Lörch arbeitet bei Hyland.

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