Unternehmen wollen ihre Prozesse mittels KI verbessern und automatisieren. Das bedarf bei vielen Betrieben einer Neuausrichtung der Cloud-Infrastruktur. Wie weit diese in der DACH-Region bereits fortgeschritten ist und wie das Zusammenspiel zwischen Edge Computing und KI aussieht, hat eine aktuelle Studie von OVHcloud untersucht. [...]
Die OVHcloud in Auftrag gegebene und von techconsult durchgeführte Studie „Edge Computing in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2025“ konzentriert sich auf das Zusammenspiel von Edge Computing und KI bei Unternehmen in der DACH-Region. Für die Studie wurden im April 2025 204 IT-Verantwortliche aus Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden befragt.
Die Untersuchungsergebnisse widerlegen die Annahme, dass sich die IT-Infrastruktur ausschließlich in Richtung Public Cloud entwickelt und zeigen stattdessen eine sehr heterogene Landschaft. Demnach setzen 20 Prozent der befragten Unternehmen ausschließlich auf Edge Computing zur dezentralen Datenverarbeitung nahe an Anwendungen und Datenquellen. Weitere knapp 40 Prozent nutzen bewusst einen Mix aus zentralen und dezentralen Formen der IT-Infrastruktur (Edge-Cloud-Mix), eine Herangehensweise, die in mittleren und großen Unternehmen besonders verbreitet ist.
Obwohl knapp 60 Prozent der Unternehmen bereits dezentrale Datenverarbeitung nutzen, verfügen bisher nur etwa 16 Prozent über eine vollständig ausgebaute Edge-Computing-Infrastruktur. Ein Großteil der dezentralen Computing-Ressourcen wird demnach adhoc implementiert und nicht als integraler Bestandteil einer strategisch geplanten, verteilten Architektur.
Lediglich rund jedes dritte Unternehmen besitzt eine Edge-Computing-Strategie und nur 12 Prozent haben diese vollständig umgesetzt. Der Anteil an Edge-Strategien wird jedoch voraussichtlich steigen, da 22 Prozent der Befragten konkrete Pläne zur Entwicklung einer solchen Strategie haben. Insbesondere Banken und Versicherungen sind Vorreiter beim strategischen Aufbau von Edge-Computing-Infrastrukturen, was auf ihre Filialstrukturen, hohe Latenzsensibilität und strenge Datenschutzstandards zurückzuführen ist.
Edge Computing und KI: Treiber der Prozessautomatisierung
Edge Computing und KI werden als sich gegenseitig bedingende Schlüsseltechnologien betrachtet, die die Automatisierung von Geschäftsprozessen erheblich vorantreiben. Nahezu alle Unternehmen in der DACH-Region beschäftigen sich mit individuellen KI-Unternehmenslösungen: 56 Prozent haben diese bereits vollständig oder teilweise implementiert, wobei ein hoher Anteil sich noch in der Pilotphase befindet. Knapp jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) verfügt über eine KI-Strategie, und dieser Anteil wird voraussichtlich noch deutlich steigen.
Das Bewusstsein wächst, dass die KI-gestützte Prozessautomatisierung eine Neuausrichtung des IT-Infrastrukturbetriebs erfordert. Der Anteil der Unternehmen, die den Aufbau von Edge-Computing-Ressourcen als integralen Bestandteil ihrer KI-Strategie planen, liegt bereits bei 29 Prozent und wird voraussichtlich auf über 50 Prozent ansteigen. Während das KI-Training und die Weiterentwicklung von KI-Modellen, das „Deep Learning“, typischerweise in zentralen Cloud-Rechenzentren erfolgt, werden „trainierte KI-Modelle“ oft besser in Anwendungsnähe durch Edge Computing betrieben. Das heißt die Vorverarbeitung von Daten erfolgt oft an der Edge, das senkt Latenzen und spart Kosten. Branchenspezifische Unterschiede bei der Integration von Edge Computing in KI-Strategien – beispielsweise die stärkere Integration im Banken- und Industriesektor im Vergleich zum ITK-Sektor – lassen sich durch unterschiedliche Anwendungsfälle erklären.
Motive und Hemmnisse für den Edge-Ausbau
Die Gründe für den Aufbau von Edge-Computing-Architekturen sind vielfältig. An erster Stelle steht laut Studie die höhere Sicherheit (52 Prozent), gefolgt von besserer Performance bzw. User Experience (42 Prozent) und niedrigeren Kosten für die Datenübertragung (40 Prozent). Der Einsatz von KI-Anwendungen ist ein treibender Faktor und rangiert auf Platz 2 der wichtigsten Beweggründe: 17 Prozent der Unternehmen, die eine Edge-Architektur umgesetzt haben, taten dies hauptsächlich zur Unterstützung von KI-Anwendungen. Für größere Unternehmen sind auch die Digitalisierung von Filialen und Compliance-Richtlinien wichtige Gründe, während für KMU niedrigere Datenübertragungskosten ausschlaggebend sind. Dass dadurch auch die Datensouveränität gewahrt werden kann, wird für viele zunehmend wichtiger.
Bei den Hemmnissen dominieren interessanterweise ebenfalls Sicherheitsbedenken (59 Prozent). Hier zeigt sich eine ambivalente Rolle: Obwohl Edge Computing Risiken beim Datentransfer reduzieren kann, ist die Absicherung lokaler Infrastruktur aufgrund vieler Angriffspunkte komplexer als in zentralen Rechenzentren. Nur 15 Prozent der Unternehmen haben ein Sicherheitskonzept für Edge Computing vollständig umgesetzt.
Weitere Hindernisse sind die zögerliche Umsetzung relevanter Anwendungsszenarien (58 Prozent), oft bedingt durch interne Faktoren wie unzureichende Budgets, fehlende Fachkräfte und langsame Entscheidungsprozesse. Das Fehlen von gut abgestimmten Lösungsangeboten und Schwierigkeiten beim Management hybrider Architekturen stellen ebenfalls große Hemmnisse dar. Auch das fehlende Bewusstsein auf Managementebene für die Notwendigkeit von Edge Computing ist problematisch.
Was wollen die Kunden?
Unternehmen in der DACH-Region präferieren beim Edge Computing mehrheitlich europäische (31 Prozent), nationale (24 Prozent) oder lokale (22 Prozent) Cloud- bzw. Rechenzentrumsanbieter. Die Hyperscaler (15 Prozent) werden von der überwiegenden Mehrheit nicht als bevorzugte Partner für die lokale Bereitstellung von IT-Infrastrukturdiensten angesehen, da die lokale Bereitstellung nicht ihrer primären Skalierungslogik entspricht.
An die potenziellen Edge-Services-Anbieter werden hohe Anforderungen gestellt: An erster Stelle steht die Möglichkeit zur einheitlichen Administration einer hybriden Computing-Architektur (über 80 Prozent stufen dies als wichtig ein), da die Integration von Edge-Services eine zusätzliche Komplexität darstellt. Bisher sind nur 17 Prozent der Unternehmen vollständig in der Lage, Cloud- und Edge-Services aus einer Hand zu managen. Zudem fordern knapp 80 Prozent die Bereitstellung lokaler Infrastrukturdienste an allen relevanten Standorten im Inland und über 50 Prozent wünschen sich weltweit verfügbare Edge-Computing-Services.
Über zwei Drittel der Befragten fordern Cloud- und Edge-Services aus einer Hand, da viele innovative Anwendungen auf einer Kombination basieren. Etwa 70 Prozent wünschen sich Public-Edge-Services mit Effizienzvorteilen, Skalierungsmöglichkeiten und flexiblen Bezahlmodellen, ähnlich Public Cloud-Angeboten.
Chance für europäische Anbieter
Der KI-Trend und das dadruch nötige Edge Computing rütteln an den Kräfteverhältnissen im Cloud-Markt und der Dominanz der Hyperscaler. Dies schafft Raum für eine neue Generation von Edge-/Cloud-Anbietern, insbesondere für lokale und europäische Akteure, die durch Flexibilität, Lösungsorientierung und die Bereitstellung eines ganzheitlichen Managements für das gesamte Cloud-Edge-Kontinuum punkten können. Die Autoren der Studie raten Unternehmen, diese Entwicklung zum Anlass zu nehmen, ihre Strategie zu überprüfen und Partner zu wählen, die einen umfassenden und nachhaltigen Support für die zunehmend heterogene IT-Infrastrukturlandschaft bieten können. Nicht überraschend wird der Studien-Initiator OVHcloud als ein Beispiel für einen Anbieter genannt, der das Cloud-Edge-Kontinuum mit Dedicated Servern, Private Cloud, Public Cloud und Edge-Services über Local Zones abdeckt und ein einheitliches Management bietet.

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