Editorial: Sozialdiktatur

Wenn das Land von Budgetlöchern und Defiziten geplagt ist, wird in Österreich nach Möglichkeiten gesucht, wen man wie oder wie man wen möglichst legal schröpfen kann. [...]

Dabei legen nicht nur der Bund und die Länder, sondern auch Gebietskörperschaften eine unglaubliche Ideenvielfalt an den Tag. Eine dieser Abcash-Ideen setzt zurzeit die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) in die Tat um. Denn unter Berufung auf das ASVG werden immer öfter selbständige Softwareentwickler und Programmierer gegen ihren Willen in ein Angestellten-Dienstverhältnis gedrängt. Wer aber nun glaubt, dass die Krankenkasse dies aus sozialer Verantwortung oder sonstigen humanitären Motiven tut, der irrt gewaltig. Der tatsächlich aber einzige Grund ist eine Geldbeschaffungsabsicht. Denn werden diese Selbstständigen zu Angestellten, kann die WGKK von den IT-Firmen, für die diese Selbstständigen tätig sind, Sozialversicherungsbeiträge einfordern; und das oftmals für etliche Jahre.

Bei Firmen, die oft 20 oder mehr solcher Freelancer auf Werkvertrags­basis beschäftigen, kann sich das ganz schnell auf einen siebenstelligen Betrag summieren. Dass auf diese Weise die österreichische IT-Dienstleistungsbranche und der IT-Standort Wien nachhaltig geschädigt werden, ist für die WGKK natürlich gar nicht wichtig. Auch nicht, dass die meisten dieser Ein Personen Unternehmen (EPU) ganz und gar nicht angestellt sein wollen, weil sie dadurch die Freiheit und Unabhängigkeit der Selbstständigkeit verlieren würden. Alles egal, Hauptsache die kranken Kassen können Geldlöcher stopfen.

So wie es aussieht, müssen die UBIT-Fachgruppe in der Wirtschaftskammer als Vertreterin der IT-Firmen und die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft als Vertreterin der EPU tatenlos zusehen, wie die WGKK den Weg zur Sozialdiktatur schonungslos weitergeht. Traurig aber wahr. (mw)


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