Die umstrittene Vorratsdatenspeicherung in Österreich wurde aufgehoben. Die Gesetze würden, so die Begründung, den Datenschutz verletzen und seien überzogen und grundrechtswidrig. [...]
Die Vorratsdatenspeicherung (VDS) in Österreich ist Geschichte. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat vergangene Woche alle Regelungen zur umstrittenen Maßnahme mit sofortiger Wirkung aufgehoben. „Das Urteil kam rascher als gedacht“, sagt ISPA Generalsekretär Maximilian Schubert im Gespräch mit der COMPUTERWELT, und: „Natürlich haben wir gehofft, dass der VfGH die Vorratsdatenspeicherung aufhebt, sicher waren wir uns da aber bei weitem nicht. Wir setzen uns ja bereits seit 2006 intensiv mit diesem Thema auseinander und haben diese anlasslose Pauschalüberwachung schon immer strikt abgelehnt. Wir sind zuversichtlich, dass auch der Gesetzgeber dieses Urteil respektiert und von einer neuerlichen Einführung der Vorratsdatenspeicherung Abstand nimmt.“
Nachdem der Europäische Gerichtshof die EU-Richtlinie zur VDS im April aufgehoben hat, hat der VfGH auch die österreichischen Regelungen dazu mit sofortiger Wirkung gekippt – mit der Begründung, dass sie den Datenschutz verletzten, überzogen und grundrechtswidrig seien. Die Verfassungsrichter sehen in der VDS einen „gravierenden Eingriff in die Grundrechte“. Recht bekommen hatten zwei Privatpersonen, die auch die Prozesskosten von der Republik ersetzt bekommen müssen. Eine ähnliche Beschwerde der Kärntner Landesregierung wurde hingegen vom VfGH zurückgewiesen, da diese nicht ausreichend formuliert war. Kritik durch den VfGH gab es in mehreren Punkten: So sei „nahezu die gesamte Bevölkerung“ von den Maßnahmen betroffen, die entsprechenden Verbrechen, die man damit verfolgen wollte, zu weit gefasst. Auch ein Datenschutzbeauftragter reiche nicht, richterliche Beschlüsse seien für derartige Ermittlungsmethoden zwingend notwendig. Und auch Sanktionen gegen möglichen Missbrauch seien bei der VDS nicht vorgesehen gewesen. Die betroffenen Ressorts reagierten unterschiedlich: Im Infrastrukturministerium begrüßte man die Entscheidung. Innen- und Justizministerium hingegen akzeptieren zwar den Spruch der Höchstrichter, wollen nun aber nach neuen Möglichkeiten zur Kriminalitätsbekämpfung suchen. Eine Möglichkeit wäre das Quick-Freeze-Verfahren, bei dem die Speicherung von Verbindungsdaten eines begrenzten Personenkreises bei Vorliegen eines dringenden Tatverdachts erfolgt. Zudem kann die Justiz bei Verdachtsmomenten auch noch auf Daten zugreifen, die zu Verrechnungszwecken von Telekommunikationsunternehmen gespeichert wurden. Diese werden aber nur über kürzere Zeiträume archiviert.
LAUFENDER PROZESS
Laut Schubert ist die Thematik der Rechtsdurchsetzung im Internet ein laufender Prozess, die Vorratsdatenspeicherung und ihr jetziges Ende nur ein Mosaikstein daraus: „Das Aus für die Vorratsdatenspeicherung darf nun auf keinen Fall zum Anlass für eine schleichende Ausweitung der Befugnisse der Rechtsdurchsetzungsbehörden genommen werden“. Schubert kann der VDS auch etwas Positives abgewinnen: „Wir konnten zwar 2012 die Vorratsdatenspeicherung nicht mehr verhindern, aber mit der Etablierung der Durchlaufstelle, über die Beauskunftungen von Nutzerdaten laufen müssen, wurde ein Instrument geschaffen, das für Transparenz sorgt und Missbrauch bestmöglich verhindert.“ Über diese Durchlaufstelle werden die Daten hochverschlüsselt übermittelt und mittlerweile ersetzt diese auch bei der Beauskunftung von Verkehrsdaten die bis vor kurzem üblichen Faxe und E-Mails. Bei den meisten Providern wurde der Löschvorgang bereits abgeschlossen bzw. ist im Gange. „Alle entsprechende Daten wurden gelöscht“, bestätigt Helmut Spudich, Sprecher von T-Mobile Austria, gegenüber der COMPUTERWELT, und: „Betriebsnotwendige Daten werden aber weiterhin erfasst und gespeichert z.B. für den Verrechnungsprozess.“ (cb)
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