Ist der Personaler ein Auslaufmodell? Schon heute entscheiden immer öfter Software-Tools über den perfekten Mitarbeiter. [...]
Wie sieht die Mitarbeitersuche von morgen aus? Müssen Personalberater bald für sich selbst auf Jobsuche gehen? Darüber diskutierten auf Einladung des HR-Startups Prescreen Experten beim Event „HR Innovation made in Austria“. „Die Digitalisierung des Recruitings war für KMU bis dato zu teuer. Nur Großunternehmen konnten sich maßgeschneiderte Systeme leisten. Der technische Fortschritt ermöglicht es, einfache Lösungen in der Cloud ohne großen Integrationsaufwand anbieten zu können. Der digitale ,all-in-one Recruitingshop‘ wird in den nächsten Jahren Personalberater und Agenturen – ausgenommen Top-Level-Headhunter – ersetzen“, prophezeit Gastgeber Nicolas Vorsteher von Precreen by MercuryPuzzle.
Für Doris Tomanek, HR-Vorstandsmitglied AT&CEE der UniCredit Bank Austria ist Innovation weniger technisch als inhaltlich getrieben. „Die Software von Prescreen hilft uns in erster Linie beim internen Recruiting. Warum wir das benötigen, liegt am demographischen Wandel: In den nächsten Jahren gehen 40 Prozent unserer Mitarbeiter in Pension, wir brauchen interne Mobilität. Ein großes Unternehmen kann es sich nicht leisten, eine starre HR-Abteilung zu haben.“ Für Sandra Micko, HR Director bei Microsoft Österreich, muss HR nicht nur innovativ, sondern auch strategisch ausgerichtet sein. „Wir forcieren das Inhouse Recruitment. Abgelehnte Kandidaten beobachten wir weiter.“
Für Recruiting-Coach Henrik Zaborowski passen HR und Innovation kaum zusammen. Er sieht die Zukunft des Recruitings vor allem bei den Führungskräften. „Durch die immer größere Transparenz – z.B. durch Social Media – sind Kandidaten leichter zu finden oder melden sich gleich direkt in der Chefetage.“ Dass Personalwesen sehr wohl innovativ sein muss, bekräftigt Christian Göttinger, Leiter Business Partner A1 Telekom Austria: „Innovation bedeutet bei Microsoft etwas anderes als z.B. im Bankenbereich. HR ist aber vor allem Führungsarbeit. HR-Tools sollen helfen, Prozesse zu beschleunigen und zu verbessern.“
Neben der Diskussionsrunde bot die Veranstaltung auch Best Practices. Marcus Izmir, Gründer der Initiative „Das Neue Arbeiten“ (DNA), fasst dabei im Gespräch mit der COMPUTERWELT zusammen: „Für mich war wirklich spannend und innovativ, dass ein österreichischer Konzern wie die Bank Austria für das interne Bewerbungswesen auf ein modernes ‘Matching’-Werkzeug wie Prescreen setzt. Spannend wäre auch gewesen, dass Microsoft sein ‚Intra Facebook‘ Yammer nun intern breiter zum Einsatz bringt. Damit kämpft fast jedes Unternehmen nach der technischen Einführung, da es hierbei klar mehr um einen kulturellen als einen technischen Veränderungsprozess im Unternehmen geht – der bisher meist unterschätzt wird.“ Überraschend sei die Diskussionsrunde gewesen, die zwar grundsätzliche Herausforderungen, aber wenig innovative Zugänge aufgezeigt habe. Der Schwerpunkt der Diskussion war dem Recruiting und wenig der eigentlichen Verantwortung, Führung und Weiterentwicklung gewidmet. „Führung ist und bleibt eine Dienstleistung und benötigt seine Zeit. Innovative Zugänge hierzu oder gar Führung 2.0 gingen mir ab.“ (pi/mi)
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