„Es braucht Häuptlinge und Indianer“

Die rasante Entwicklung in der IKT-Branche stellt Bildungssystem und Arbeitsmarkt vor einige Herausforderungen. Welche Jobs zukünftig gefragt sind und welche Hindernisse es dabei gibt, haben Experten bei einer Podiumsdiskussion beleuchtet. [...]

Bei einem Event der APA-E-Business-Community wurden die „IT-Jobs von morgen“ diskutiert. Das AMS etwa beschäftige sich zwar intensiv mit zukünftigen Entwicklungen, „aber welche Jobs nicht morgen, sondern übermorgen gefragt sind, weiß ich auch nicht“, so AMS-Vorstand Johannes Kopf. Der aktuelle Mangel an App-Entwicklern sei beispielsweise nicht vorhersagbar gewesen, obwohl in der EU inzwischen rund eine Million Arbeitsplätze in diesem Bereich entstanden sind. Allerdings müsse auch gesagt werden, dass zwei Drittel der Entwickler weniger als 400 Euro im Monat damit verdienen würden.

Dennoch zeige sich, dass der Bedarf an Hochqualifizierten deutlich steigt, während Personen mit niedriger Qualifikation am Arbeitsmarkt künftig kaum Chancen hätten. Auch Lagerarbeiter müssten inzwischen Softwaresysteme bedienen können bzw. Englisch beherrschen, wenn sie etwa in einem internationalen Konzern arbeiten. „Insgesamt wird der Bedarf an IT-Fachkräften weiter deutlich zunehmen, und zwar schneller als das Angebot. Das heißt, die Schere geht auseinander“, so Kopf.

Wenn Jobs nicht besetzt werden könnten, sei es möglich, dass langfristig auch die Nachfrage schwinde – zumindest nach heimischen Arbeitnehmern. Es scheine aber schwierig, entsprechende Bildungsangebote zu entwickeln, wenn unklar ist, welche Jobs in Zukunft nachgefragt werden. „Laufend kommen neue Fähigkeiten dazu, die an ­unseren Schulen nicht unterrichtet werden“, betonte Kopf.

Auch bei der Studienplangestaltung alle neuen Anforderungen miteinzubeziehen, ohne dabei die Kernaspekte zu vernachlässigen, sei schwierig. Es gehe aber in diese Richtung, so Christian Huemer von der TU Wien. Das Bachelorstudium biete ein Lehrangebot mit einer soliden, formalen Basis für Informatiker, das Magister- und Doktoratsprogramm wiederum sei eine Ausbildung, die sich an aktuellen IT-Forschungsfragen orientiere.

Es mangle dabei nicht an der Qualifikation der Absolventen, sondern an Absolventen generell. „Um deren Zahl zu erhöhen, müssen wir die besten Köpfe für unser Studium gewinnen. Das heißt unter anderem, mehr von der anderen Hälfte der jungen Bevölkerung – nämlich der weiblichen – für unser Studium zu begeistern“, so Huemer. Kopf bestätigt: „Es ist absolut inakzeptabel, dass wir das Potenzial durch Frauen in der IT-Branche nicht nutzen.“

Einen anderen Aspekt sprach Martin Matyus von der Wirtschaftskammer an: Natürlich seien hochqualifizierte Fachkräfte gefragt, „aber neben den Häuptlingen braucht es auch Indianer“. Es fehle eine Kultur der IT-Lehrlingsausbildung. „Sehr viele Schulen mit IT-Schwerpunkt vermitteln nur Kenntnisse, die wir mittlerweile als ‘Kulturtechnik‘ – wie lesen und schreiben – bezeichnen können“, so Matyus. Deshalb seien Änderungen im Ausbildungsansatz erforderlich. Digital Natives würden dabei das Phänomen der „Schein-Experten“ noch verstärken.

„Das Bildungssystem kann mit der rasanten Entwicklung mithalten, nur müssen die Anbieter, Fachhochschulen und Universitäten innovativ und flexibel genug sein“, meint Florian Eckkrammer von der FH Technikum Wien. So habe man beispielsweise als erste Bildungsinstitution in Österreich Kurzstudien für App- und Web-Developer gestartet.

„Die IKT-Branche weist eine ungeheure Dynamik auf. Die Anzahl an Geräten, Apps und der weltweite Datenbestand steigen rasant an, gleichzeitig erhöht sich die Mobilität“, so auch Michael Wunderer von Dimension Data. Ein daraus resultierendes mögliches Berufsfeld sei jenes des „Mobile Security Analysts“, der durch Auswertung der Geräte Profile zur Anpassung der Sicherheitsstufe erstellt.  (pi/mi)


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