Der Breitbandausbau hinkt im internationalen Vergleich hinterher. Mit der Breitbandmilliarde soll sich die Lage nun bessern. Glasfaser ist das Ziel, aber auf dem Weg dahin könnten Übergangstechnologien wie Vectoring eine wichtige Rolle einnehmen. Thomas Arnoldner, Vorstandsvorsitzender von Alcatel-Lucent in Österreich, im Interview mit der COMPUTERWELT. [...]
Österreich hat großen Nachholbedarf beim Breitband-Internet. Der Versorgungsgrad mit FTTH/FTTB (Glasfaser bis in die Wohnung/das Gebäude) liegt in Österreich bei rund 1,8 Prozent, im Nachbarland Slowakei bei 35,9 Prozent. Die „Digitale Agenda“ der EU sieht aber vor, dass bis 2020 alle Haushalte mit Anschlüssen von mindestens 30 Mbit/s versorgt werden sollen, die Hälfte davon sollen sogar schneller als 100 Mbit/s sein. Mit der sogenannten Breitbandmilliarde soll der Ausbau von schnellem Internet forciert werden. Derzeit wird darüber diskutiert, wie die ersten 300 Millionen Euro davon vergeben werden sollen. Thomas Arnoldner, Vorstandsvorsitzender von Alcatel-Lucent in Österreich, erklärt im Interview mit der COMPUTERWELT, dass nur ein intelligenter Technologiemix schnelle Fortschritte bringen kann.
Es tut sich viel am heimischen Breitbandmarkt. Die Breitbandmilliarde kommt. Wie sollte das Geld Ihrer Meinung nach investiert werden?
Thomas Arnoldner: Es tut sich auch in den dahinterliegenden Technologien sehr viel. Die öffentliche Hand war ja so intelligent und hat bei dem Entwurf für die Breitbandförderung auf einen pragmatischen Technologiemix gesetzt. Das spiegelt wider, was sich auf der technologischen Seite tut. Am wichtigsten für die Gemeinden oder Betriebe auf dem Land ist, dass sie eine höhere Bandbreite nutzen können. Und zwar schnell und nicht in fünf Jahren. Unsere Mission als Unternehmen ist, diesen Weg zu höherer Bandbreite schnell zu überbrücken. Dazu wollen wir Übergangstechnologien zu Glasfaser nutzen. Aktuelle Untersuchungen der EU zeigen, dass wir bei Festnetzbreitbandanschlüssen über 30 Megabit nur mehr auf Rang 21 von 28 innerhalb der EU liegen. Das ist für den Anspruch, den wir in Österreich stellen, nicht besonders ruhmreich, da haben wir definitiv Aufholbedarf. Ich bin überzeugt davon, dass die Breitbandmilliarde helfen wird, einen gewaltigen Sprung nach vorn zu machen. Der Entwurf zu den Förderkriterien geht meiner Ansicht nach in die richtige Richtung.
Sie sprechen auch von der Nutzung der vorhandenen Kupferleitungen mittels Vectoring.
In Österreich und in weiten Teilen Europas haben wir das Glück, über ein weit verbreitetes Kuperfnetz zu verfügen. In diesen Regionen versuchen wir, den Breitbandausbau ökonomisch günstiger und zeitlich schneller zu gestalten. Wenn wir vor ein paar Jahren über Kupfertechnologien gesprochen haben, dann haben wir über Bandbreiten im niedrigen zweistelligen Megabitbereich gesprochen. Die Forschung ist aber nicht stehengeblieben. Die heutigen Kupfertechnologien sind nichts anderes, als Glasfaser schneller zum Endkunden zu bekommen. Das für kurze Strecken auf der letzten Meile zum Endkunden optimal geeignete G.fast ist bereits im Praxiseinsatz. Alcatel-Lucent hat damit gemeinsam mit A1 im Oktober letzten Jahres den ersten Kunden ans Netz angeschlossen. Mit der neuen Technologie Vplus ist eine hohe Bandbreite auf einer längeren Distanz möglich. In einem Pilotprojekt der niederländischen KPN und Alcatel-Lucent wurde eine Geschwindigkeit von 230 Mbit/s darüber erreicht.
Das Ziel muss aber Glasfaser sein.
Niemand in der Branche bezweifelt, dass Glasfaser das Ziel ist, aber es geht heute darum, für möglichst viele Kunden Breitband verfügbar zu machen und nicht eine hohe Bandbreite einer kleinen privilegierten Gruppe. In Zeiten beschränkt vorhandener Mittel – und trotz der Breitbandmilliarde – kann man nicht jeden Haushalt in Österreich mit Glasfaser ausrüsten. Es geht darum, wie man verantwortungsvoll und ökonomisch am sinnvollsten mit den vorhandenen Mitteln umgeht. Wir sehen, dass wir mit Technologien wie Vectoring, Vectoring Plus oder G.fast eine Beschleunigung der Rollouts schaffen können und damit eine deutliche Verbesserung der Business Cases.
Wie soll die Breitbandstrategie Ihrer Meinung nach umgesetzt werden?
Es ist wichtig, vernünftige Konsultationen mit allen Beteiligten zu haben, insbesondere mit allen wesentlichen Betreibern. Dort ist das Knowhow und sind die Ressourcen vorhanden, um diesen Rollout zu stemmen. Und man sollte nicht vergessen, dass zumindest drei davon die ganze Party letztendlich auch bezahlen. Deshalb ist es auch wichtig, auf deren Sicht Rücksicht zu nehmen.
Der andere Punkt ist, jetzt das Tempo nicht rauszunehmen, sondern hoch zu halten. Es geht darum, schneller zu sein als andere Regionen, um keinen Wettbewerbsnachteil zu erhalten, wie wir ihn heute haben, sondern wieder einen Vorteil herauszuarbeiten. Deswegen ist es wichtig, dass es sehr schnell zu einem Rollout kommt.
Das Gespräch führte Christof Baumgartner.
Thomas Arnoldner
Thomas Arnoldner ist seit 1. Jänner 2013 Vorstandsvorsitzender von Alcatel-Lucent Austria. Er ist seit 2003 bei Alcatel-Lucent Austria, vormals Alcatel Austria, beschäftigt und war vor der Berufung zum Vorstandsvorsitzenden im Unternehmen als Account Director tätig.
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