„Es gibt kein Produkt IoT“

Im September 2017 hat Hitachi seine Storage-Tochter HDS mit dem IoT-Spezialisten Hitachi Insight Group und der Analytics-Tochter Pentaho zu Hitachi Vantara zusammengefasst. Die COMPUTERWELT hat mit Österreich-Geschäftsführer Alexander Spörker gesprochen. [...]

Alexander Spörker, Geschäftsführer Hitachi Vantara Österreich. (c) Hitachi
Alexander Spörker, Geschäftsführer Hitachi Vantara Österreich. (c) Hitachi

Hitachi Vantara ist ein sehr junges Unternehmen. In Österreich war vor allem Hitachi Data Systems landläufig bekannt. Was waren die Beweggründe für die Neugründung?
Hintergrund der Gründung von Hitachi Vantara war die Idee, die Themen Digitalisierung, IoT und Big Data gebündelt zu adressieren. Hitachi hat knapp tausend Subunternehmen. IT ist ja heutzutage nicht von anderen Branchen zu trennen. Es spielt keine Rolle mehr, ob ich im Retail tätig bin, als Finanzdienstleister oder im Manufacturing. IT spielt in allen Prozessen eine tragende Rolle. HDS war hauptsächlich dafür verantwortlich Core Infrastrukturkomponenten zu entwickeln und zu vertreiben. Pentaho wiederum hat erfolgreich eine Big-Data- und Analytics Plattform entwickelt. Die Hitachi Insight Group ist sehr stark im IoT-Bereich, versteht es aber auch sehr gut, Digitalisierungsthemen aufzugreifen und umzusetzen. Kunden wollen gerade im Zeitalter der Digitalisierung eine Gesamtlösung inklusive entsprechenden Services und das am besten aus einer Hand. Der Trend geht immer mehr weg vom Inseldenken hin zu ganzheitlichen Lösungen. Dem wollen wir mit Hitachi Vantara Rechnung tragen. Wir sind jetzt schneller, agiler und viel breiter aufgestellt.

Wie viele Mitarbeiter hat Hitachi Vantara in Österreich und was sind die kurz- bis mittelfristigen Ziele?
Wir sind aktuell knapp 50 Menschen, hauptsächlich ehemalige Mitarbeiter der Hitachi Data Systems. Wir wollen unsere heimischen Kunden in den aktuell wichtigen Themen Digitalisierung, IoT und Big Data Analytics beraten und sie im Transformationsprozess begleiten. Wir haben auch eine klare Branchenfokussierung und arbeiten mit strategischen Partnern zusammen, die ihr Knowhow miteinbringen.

Hitachi ist traditionell sehr stark im Industriebereich. Wollen Sie davon auch in Österreich profitieren?
Absolut. In diesem Bereich haben wir sehr großes Knowhow und sind dementsprechend glaubhaft. Wir produzieren als Hitachi nicht nur Züge oder Roboter sondern auch Kraftwerke, haben eine hohe Reputation als Automobilzulieferer und betreiben auch eine eigene Logistik. Hier ist sehr viel Wissen vorhanden, das wir selbst aufgebaut haben. Davon sollen auch die Kunden in Österreich profitieren. Unser Intellectual Property soll gemeinsam mit Partnern für den Kunden eine optimale und individuelle Lösung möglich machen. Es gibt kein Produkt mit dem Namen IoT, das ich von einer Preisliste abrufen und dem Kunden verkaufen kann. Es geht immer um ganz individuelle Lösungen, die nach den Wünschen der Kunden entwickelt und implementiert werden. Es gibt gerade im Manufacturing-Bereich in Österreich eine Menge erfolgreiche Zulieferer, deren Prozesse wir optimieren können um ihnen dabei zu helfen, ihre Produkte noch besser zu machen und schneller produzieren zu können.

Welchen Umsatz peilen Sie mit Hitachi Vantara in Österreich an?
Uns geht es in erster Linie um eine Wandlung des Unternehmens. HDS hat etwa Komponenten für Rechenzentren geliefert oder ganze Rechenzentren ausgestattet. Unser Ziel ist es, in neuen Bereichen und mit neuen Services Fuß zu fassen, etwa mit dem Thema Managed Services. Da sehen wir sehr viel Potential in Österreich. Auch das sogenannte X-as-a-Service-Umfeld ist sehr spannend und kann vielen heimischen Unternehmen helfen. Ein weiteres Beispiel wäre Storage on Demand. Mit diesen Themen und einem ganz starken Service-Charakter wollen wir die Kunden in Österreich ansprechen und überzeugen. Wir liefern eben nicht nur die Komponenten sondern sind auch in der Lage, ein entsprechendes Service zu erbringen. Wir nutzen beispielsweise unsere Analytics-Expertise als Basis, um für das Thema IoT gewisse notwendige Voraussetzungen zu schaffen. Da geht es auch noch sehr stark um Aufklärungsarbeit. Viele Kunden in Österreich denken, wenn sie Hitachi hören, an neue Storage-Komponenten und sind sehr oft überrascht, was wir alles anbieten können. Sie würden gar nicht auf die Idee kommen, an Hitachi zu denken, wenn es um das Thema SAP geht oder einen ERP-Rollout. Das wollen wir ändern.

Versteht sich Hitachi Vantara somit als Full Service Provider?
Im Grunde ja. Ich bin aber immer etwas vorsichtig mit dieser Bezeichnung, weil es natürlich Unternehmen gibt, die 20 oder 50 mal größer sind als wir. Und selbst die schaffen es nicht, die volle Servicepalette anzubieten. Wir wollen mit einem Ecosystem an Partnern und Allianzen gemeinsam die Bedürfnisse des österreichischen Marktes adressieren.

Digitalisierung spielt bei allen genannten Themen eine große Rolle. Wie weit sind Österreichs Unternehmen in diesem Bereich?
Es gibt kaum ein Unternehmen, das sich nicht mit Digitalisierung beschäftigt, egal ob es um das Thema Cloud, Big Data oder IoT geht. Die Umsetzung und das realistische Definieren von Anwendungsfällen und den dahinterliegenden Zielen sind hingegen noch nicht so stark ausgeprägt. Viele Unternehmen sehen da die Anbieter in der Pflicht. Dieser Einschätzung kann ich nicht ganz zustimmen. Wenn ich einem Kunden als Anbieter erklären könnte, wie und in welchen Bereichen er konkret sein Business verbessern kann, würde das bedeuten, dass ich sein Business besser verstehe als er selbst und das wird schlicht und einfach nicht möglich sein. Wir können unsere Kunden aber sehr wohl dabei unterstützen, die gesetzten Ziele im Rahmen ihrer Anforderungen zu erfüllen. Das ist der Weg den wir gehen wollen. Daher gibt es auch keine Lösung out of the box. Jede Lösung wird ganz individuell auf die jeweiligen Anforderungen und Ziele zugeschnitten.

Im Zuge der Gründung von Hitachi Vantara wurde auch die IoT-Plattform Lumada vorgestellt. Was steckt dahinter und wie unterscheidet sich die Plattform vom Angebot anderer Anbieter?
Lumada ist eine Plattform, die Hitachi Construction Machinery bereits 2005 für den internen Gebrauch entwickelt hat und die jetzt erweitert und verbessert wurde. Es handelt sich dabei um eine cloudbasierende Plattform, auf der ich jedes Device einbinden und innerhalb dieser Plattform digitale Avatare und Assets generieren kann. Dadurch können Prozesse genau dargestellt und dementsprechend optimiert und verbessert werden. Daten, die einfließen, können mit anderen Daten verknüpft werden um sie besser zu analysieren und Informationen zu gewinnen, die ich vorher nicht hatte oder einfach um eine neue Sicht der Dinge zu bekommen. Lumada hat sehr offene Schnittstellen, es gibt im Grunde keinerlei Device oder Datenformat, das nicht eingebunden werden kann. Auf Basis dieser Plattform werden wir in den kommenden Jahren das Thema IoT stark adressieren.


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