„Es gibt zu wenige Erfinder“

Der Verband Österreichischer Softwareindustrie vollzieht mit dem "Manifest für Software" einen Perspektivenwechsel gegenüber der Politik. Mit Aktionen will man nun Reaktionen herbeiführen. [...]

„Ich werde oft gefragt, wie sich die Softwarebranche charakterisieren lässt“, sagt Peter Lieber, Präsident des Verbandes der Österreichischen Softwareindustrie (VÖSI), und die Antwort ist umfassend: „Keine Branche hat sich in der Geschichte der Menschheit so schnell entwickelt, in keiner wird Wissen so schnell alt und nirgends sind so viel Kreativität und Beweglichkeit gefragt.“ Die heimische Softwarebranche sieht Lieber allerdings ambivalent: „Es gibt kaum Innovationen. Wir bauen nach, folgen den Dingen und sind meistens drei bis fünf Jahre später dran.“ Es gebe zwar „gute Arbeiter“ im Sinne von nachhaltigen Businessmodellen, aber „es fehlen die Erfinder“. Laut Lieber geht auch der derzeitige Hype um die „heimische Startup-Kultur“ an den Zielen vorbei. „Da wird zu sehr auf Eintagsfliegen und auf Konsumentenprodukte geschaut“, so der Geschäftsführer von LieberLieber Software, „aber es gibt auch österreichische Erfolgsgeschichten, die in Nischen tätig sind wie Procam und Copadata“. Die genannten Unternehmen bieten Lösungen in den Bereichen Internet of Things und Industrie 4.0 an.

ANLEITUNG FÜR DEN ERFOLG
Lieber und der VÖSI wollen das nun ändern und haben das „Manifest für Software“ präsentiert. Der Verband verfolgt damit einen Perspektivenwechsel, denn bisher habe man immer wieder Forderungen an die Politik gestellt, um das Bewusstsein für die Wichtigkeit der heimischen Software­industrie für den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken. Nun will man Aktionen setzen und erwartet sich danach auch Reaktionen von Seiten der Politik. Im direkten Austausch mit Mitgliedern und Interessierten sowie in den verschiedenen VÖSI Arbeitskreisen sollen in den nächsten Monaten die Inhalte des Manifests in praktische Aktivitäten verwandelt werden. In der Präambel des sechs Punkte umfassenden Manifests wird die Rolle des VÖSI umrissen. Die Aufgabe des Verbandes sei es demnach, „die österreichische Software-Branche national und international zu stärken, Rahmenbedingungen für nachhaltige wirtschaftliche Erfolge in diesem Segment zu schaffen und den gesellschaftlichen Diskurs zu Software zu fördern.“ Lieber: „Der VÖSI ist eine Non-Profit-Organisation, die dazu beiträgt, dass für die Software-Industrie in Österreich diese innovationsfreudige Atmosphäre entwickelt und auch gelebt wird. Das Manifest soll dabei als Richtschnur dienen, damit wir in den kommenden Diskussionen und Aktionen unser Ziel nicht aus den Augen verlieren.“

Das Manifest sei auch als eine Aufforderung an die Mitglieder gedacht, aktiv zu werden. „Denn wenn nun Kreativität gezielt auf Ingenieurskunst trifft, dann besteht die Chance, dass Österreich auch in der Software-Industrie vom Innovation Follower zum Innovation Leader wird. Mit unserem Manifest wollen wir einen Anstoß geben und einen Leitfaden legen, um uns diesem sicher hoch gesteckten Ziel immer weiter annähern zu können.“ Das Manifest kann unter www.voesi.or.at eingesehen werden.

BILDUNGSSYSTEM FÖRDERT KREATIVE KÖPFE NICHT
Um Innovation zu schaffen, bedarf es aber gut ausgebildeter Menschen. Lieber sieht den Fachkräftemangel in Österreich daher ebenfalls als ein großes Thema: „Wir haben keine Bodenschätze in Österreich, sondern müssen unsere Köpfe fördern.“ Es gebe in diesem Bereich massiven Nachholbedarf, wenn es darum geht, Talente zu fördern. Der VÖSI ist hier mit Kooperationen wie mit der Öster­reichischen Computergesellschaft (OCG) oder der ICT Austria aktiv. „Die Unternehmen selber tun etwas“, so Lieber. Microsoft etwa vergibt Softwarelizenzen kostenlos an Bildungseinrichtungen. Aber auch hier müsste die Politik aktiver werden und beim Bildungssystem ansetzen. (cb)


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