EU macht Schluss mit Roaming

Bis 2016 sollen die Roaminggebühren endgültig fallen. Kunden sollen entweder bei Reisen ins EU-Ausland zu den gleichen Preisen wie Zuhause telefonieren – oder für die Reise den Anbieter wechseln dürfen. Kritiker sehen eine Gefährdung für die TK-Branche. [...]

EU-Kommissarin Neelie Kroes will den Telekommarkt regeln und mit ihm auch die Netzneutralität. Ihr Entwurf war zwar selbst bei Kollegen umstritten, hat sich aber letztendlich durchgesetzt. Die EU-Kommission hat sich auf den Vorschlag von Kroes geeinigt, wie in Europa ein einheitlicher Telekommunikationsmarkt geschaffen werden soll. Kroes sieht ihre Reformvorschläge als Verteidigung des offenen Internet. Dies bedeute „das Ende von Blockaden und Drosselung und vermindertem Service“, so die Kommissarin. Die Vorschläge sehen auch eine Abschaffung der Roaming-Gebühren für die Nutzung von Handy und mobilem Internet im europäischen Ausland bis Juli 2016 vor. Es gebe keinen Grund, den Telekomsektor vom EU-Binnenmarkt auszunehmen, so Kroes. Ihre Reform gebe den Betreibern auch die Möglichkeit, neue und modernere Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Ab Mitte 2014 sollen die Anbieter schrittweise dazu verpflichtet werden, beim Roaming dieselben Preise zu erheben wie bei Nutzung des Angebotes im Heimatland. Die Kommission nennt dies „Roaming zu Inlandspreisen“. Allerdings bekämen die Telekommunikationsfirmen eine Möglichkeit, sich vor diesem Angebot zu drücken: Wenn sie kein Roaming zu Inlandspreisen anbieten wollen, müssten sie ihren Kunden erlauben, sich bei Reisen zeitweise für einen anderen Roaminganbieter zu entscheiden, der günstigere Tarife anbietet. Dies soll ohne Wechsel der SIM-Karte möglich sein.

KEIN ZWANG ZU ROAMING UND RECHT AUF OFFENES INTERNET

Einen Zwang für die Unternehmen zur Abschaffung der Roaming-Kosten sehen die Pläne zwar nicht vor. Kroes glaubt aber, dass die Erlaubnis zur zeitweiligen Nutzung von Fremdanbietern im Ausland für die Firmen so unattraktiv ist, dass sie auf die Roaming-Aufschläge verzichten.
Die Branche sieht die Entwicklungen eher kritisch. Die EU gefährde die Existenz der Telekomkonzerne. Der Branchenverband Bitkom warnt: „Die Netzbetreiber sind auf die Erlöse aus dem Roaming dringend angewiesen, um die anstehenden Milliarden­investitionen in den Netzausbau stemmen zu können.“ Auch A1-Chef Hannes Ametsreiter hat schon im Vorfeld Kritik an den EU-Plänen geäußert.

Die wichtigste Neuerung in ihrem Vorschlag sei aber das Recht auf ein offenes Internet. Mit dieser Netzneutralität werde Blockieren und Verlangsamen von Internetinhalten abgeschafft. Kroes sagte, diese Praxis sei derzeit weit verbreitet. Sie wies auch Kritik von EU-Abgeordneten und Konsumentenschützern zurück, dass ihr Vorschlag zur „Netzneutralität“ zu viel Unklarheiten lasse und zu einem „Zwei-Klassen-Internet“ führen könnte. Zwar dürften die Provider schnellere Dienste anbieten, etwa für hochauflösendes Video oder Videokonferenzen, aber dadurch dürften andere Internetnutzer nicht ­benachteiligt werden. Die Verbraucher hätten auch das Recht, ihre Übertragungsgeschwindigkeit zu prüfen. Der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer befürchtet, dass aufgrund eines solchen Rechtsrahmens andere Internetdienste verlangsamt werden könnten, etwa der Video-Telefoniedienst Skype. (cb)


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