Europa im Wettrennen um KI

Generative KI wird zunehmend in die Geschäftswelt und auch in unser Privatleben eingreifen. Jeder spricht über OpenAI und ChatGPT, Google und Gemini, IBM und Watson X oder Micrsoft und Co-Pilot. Die genannten Firmen stammen alle aus den USA. Doch wie ist es um den Standort Europa bestellt, wenn es um Generative KI geht? [...]

Die EU plant ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Unterstützung von Start-ups und KMU bei der Entwicklung von KI. (c) Pixabay
Die EU plant ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Unterstützung von Start-ups und KMU bei der Entwicklung von KI. (c) Pixabay

In einer aktuellen Finanzierungsrunde hat ChatGPT-Erfinder Open-AI nach einem Bericht des Wall Street Journal 6,6 Milliarden US-Dollar eingenommen und damit seinen Wert auf 157 Mrd. Dollar nahezu verdoppelt. Das sind riesige Summen, die natürlich umfassende weitere Investitionen ermöglichen. Laut Wall Street Journal nutzen 250 Millionen User wöchentlich ChatGPT, das zudem 11 Millionen zahlende Abonnenten hat. Wer glaubt, damit sei OpenAI die Marktführerschaft im Markt der Generativen KI nicht mehr zu nehmen, könnte dennoch irren. Zuviel ist nach wie vor in Bewegung, neue Geschäftsfelder und Innovationen werden laufend vorgestellt – der Wettlauf um die KI ist noch voll im Gang. Neuerdings macht das Unternehmen Anthropic mit seiner GenAI-Lösung Claude von sich reden, das manche bereits gleichauf mit ChatGPT sehen, wenn nicht gar überlegen. Doch auch Anthropic mit Sitz in San Francisco kommt aus den USA.

Doch wie sieht die Forschung und Unternehmenslandschaft in punkto generativer KI in Europa aus?

Maßnahmenpaket der EU

Es stimmt, Risikokapital steht Unternehmen in den USA in höherem Maße zur Verfügung als in Europa. Auch die Zuschüsse der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten an Firmen ihres Landes nehmen sich im Vergleich zu den USA relativ bescheiden aus. So liegt die Anzahl aller Unicorns in Europa (das sind Unternehmen mit einem Marktwert von 1 Milliarde US-Dollar oder mehr) bei knapp unter 130, während in den USA allein die Zahl der Unicorns aus dem KI-Bereich nach einem Bericht des Handelsblatts bei 142 liegt. In Österreich lag laut dem Startup-Barometer von EY der Gesamtwert der Investitionen in Startups 2023 bei 695 Mio. Euro (kommend von einem Allzeithoch im Jahr 2022, wo er bei 1 Mrd. Euro lag). Das ist aber das gesamte Investitionsvolumen in alle Startups in Österreich, von denen wiederum jene, die sich auf KI spezialisiert haben, einen kleinen Teil ausmachen.

Diesem Dilemma will die EU mit einem umfassenden Maßnahmenpaket zur Unterstützung für Start-ups und KMU bei der Entwicklung von KI entgegenwirken. Dieses sieht die Förderung von KI-Fabriken vor und beinhaltet die Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur, wie Erwerb, Aufrüstung und Betrieb von KI-spezifischen Supercomputern, womit u.a. große GPAI-Modelle (General Purpose AI) trainiert werden können; eine Erleichterung des Zugangs zu den KI-spezifischen Supercomputern sowie eine zentrale Anlaufstelle für Startups und Innovatoren und derlei mehr. Zudem soll ein KI-Büro innerhalb der EU-Kommission eingerichtet werden, um die Koordinierung der KI-Politik innerhalb Europas sicherzustellen. Neben Initiativen zur entsprechenden (Aus-)Bildung, Qualifizierung und Umschulung von Mitarbeitern ist wohl die finanzielle Unterstützung ein wesentliches und wirkungsvolles Mittel. Im Rahmen des Programms „Digitales Europa“ sollen 4 Mrd. Euro für Förderungen bis 2027 bereitstehen. Allerdings nicht nur für KI, sondern auch für Cybersicherheit und andere Digitalisierungsmaßnahmen.

AI-Startups in Europa …

Europa ist jedoch in Sachen KI nicht untätig und es gibt gar nicht so wenige Startups und Unternehmen mit großem Potenzial. Nachfolgend einige der wichtigsten europäischen KI-Firmen.

Aleph Alpha wurde 2019 von Jonas Andrulis und Samuel Weinbach in Deutschland gegründet. Das Unternehmen entwickelt unter anderem Large Language Models (LLMs), die es in fünf Sprachen trainiert.

Stability.ai wurde ebenfalls 2019 gegründet und zwar in London von Mohammad Emad Mostaque. Es entwickelt Open-Source-Gen-AI-Modelle und hat mit einem Marktwert über 1 Mrd. Dollar den Unicorn-Status erreicht.

DeepL ist ein deutsches Unternehmen, das 2009 von Jaroslaw Kutylowski in Köln gegründet wurde und eine Übersetzungsdienst entwickelte, der auf neuronalen Netzen beruht.

Mistral AI ist ein französisches KI-Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von generativer KI-Modelle spezialisiert hat. Es wurde 2023 von Arthur Mensch, Guillaume Lample und Timothée Lacroix geründet und wird gegenwärtig auf einen Marktwert von
2 Milliarden US-Dollar geschätzt.

… und in Österreich

Auch Österreich hat bezüglich künstlicher Intelligenz einiges zu bieten. Zum einen forscht hier an der oberösterreichischen Johannes-Kepler-Universität der Erfinder der LSTM-Technologie (Long-Short-Term-Memory) Sepp Hochreiter, der dort das Institut für Machine Learning leitet. Sein jüngstes Forschungsprojekt heißt xLSTM, das LLMs auf portablen Geräten wie Smartphones und Tablets verfügbar machen soll. Es handelt sich bei dem genutzen LLM sowie auch beim xLSTM-Algorithmus um komplett europäische Technologien.

Mostly AI wurde 2017 in Wien von Michael Platzer, Klaudius Kalcher und Roland Baubela gegründet. Das Unternehmen entwickelte eine GPU-gestützte Technik, die synthetische Kundendaten in großem Maßstab simuliert, die zum Tranieren von KI verwendet werden können und keine vorurteilsbezogene Tendenz (englisch: bias) aufgrund schlechter Daten aufweisen.

506.ai wurde 2020 in Oberösterreich von Gerhard Kürner gegründet. Mit CompanyGT widmet man sich der Nutzung von KI in der Geschäftswelt. Übrigens: Der Name 506.ai leitet sich von „AS506“ ab, der Rakete, die die Apollo-11-Mission zur ersten Mondlandung brachte.


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