„Fachkräftemangel ist katastrophal“

dataformers wurde 2005 gegründet und beschäftigt 26 Mitarbeiter. Unternehmenszweck und Kernkompetenzen sind die Bereiche Softwareentwicklung und IT-Consulting. Das Unternehmen versteht sich als "Full-Service-Anbieter". Thomas Gratz ist Geschäftsführer von dataformers. [...]

Was sind aus Ihrer Sicht die Stärken des IKT-Standortes Oberösterreich?
Thomas Gratz:
Ich kann das nur durch die Brille eines Dienstleisters im Bereich Software Development beurteilen. Das Land Oberösterreich hat in den letzten Jahrzehnten viel in den Bereichen Hightech- bzw. Innovationsförderung und Bildungsangebot getan. Nicht zuletzt dadurch haben wir einen international sehr wettbewerbsfähigen Mittelstand. IT-Systeme – insbesondere Software – sind bei vielen dieser Unternehmen immer mehr ein Differenzierungsmerkmal. Wir entwickeln Software für alle möglichen Anwendungszwecke. Vom komplexen, realtime-fähigen Bildverarbeitungssystem für einen Schweißtechnologieproduzenten bis hin zu umfangreichen Web-Anwendungen für Fintech-Unternehmen. Die kreativen Ideen für Software erstaunen mich immer wieder. Speziell in Linz ist die ausgezeichnete Breitband-Infrastruktur erwähnenswert. Hier ist unser Standort etwa zehn mal schneller zu nur 20 Prozent der Kosten ans WWW angebunden als unser Office in Wien. Das gilt sicher nicht für jeden Standort im Land, aber wir sind da ganz weit vorne mit dabei. Last but not least: die Mitarbeiter. Ich traue mich zu behaupten, dass unsere Technologen im Schnitt zu den Besten gehören. Damit meine ich nicht ausschließlich Knowhow, sondern auch Einsatzbereitschaft, Kreativität und Umsetzungsstärke. Die Ausbildung im IT-Bereich mit HTLs, Fachhochschulen und Universität ist durchgängig und ausreichend diversifiziert.

Wo gibt es Aufholbedarf?
Die Region OÖ hat schon vor vielen Jahren insgesamt einen guten Weg eingeschlagen. Man kann immer Dinge anders oder auch mit mehr Nachdruck umsetzen, aber grundsätzlich gibt es wenig zu jammern. Probleme sehe ich vor allem in zwei Bereichen. Die Faktenlage der Demographie und der aktuelle Wertewandel hinsichtlich Arbeit und Leben stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen. Technikerberufe im IKT-Bereich scheinen außerdem für junge Menschen auch nicht mehr die Anziehungskraft auszuüben, wie das noch vor 20 oder 30 Jahren der Fall war. Wir müssen wieder mehr junge Menschen dafür begeistern, damit Technologie wieder Berufung wird und nicht nur Beruf. Da sind die Unternehmen selber, aber insbesondere auch die Politik und Bildungseinrichtungen in den Unterstufen, gefordert.
Ein zweiter großer Problembereich ist das Korsett der gesetzlichen Rahmenbedingungen, in den die Unternehmen, aber zum Teil auch Arbeitnehmer, gezwängt werden. Das gibt nicht mehr viel Luft zum Atmen. Diese Thematik, die nicht speziell die IKT-Branche betrifft, kann nicht ausschließlich durch Landespolitik gelöst werden. Aber dem Land rate ich, ihre politischen Möglichkeiten zu nutzen, um den Regulierungsschwachsinn der Bundesregierung und der Behören zurückzudrängen. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

Wie war das abgelaufene Geschäftsjahr für Ihr Unternehmen und was haben Sie für Erwartungen für 2015?
dataformers gehört in ihrem ganz spezifischen Segment in Oberösterreich zu den Top-Playern. 2014 haben wir unseren organischen Wachstumskurs der letzten Jahre fortsetzen können und sind mittlerweile auf 26 Mitarbeiter angewachsen. Natürlich hat ein Dienstleister andere Wachstumsmöglichkeiten als ein Unternehmen, das ein erfolgreiches IT-Produkt am Markt hat. Aber wir sind sehr zufrieden. Für 2015 haben wir uns vorgenommen, unser Leistungsspektrum um zwei Geschäftsmodelle zu erweitern. Zum einen adressieren wir mit unserem neuen Brand „CODE.SLEEP.REPEAT.“ Startups, die Bedarf an Software-Entwicklungsleistungen haben. Die Idee ist, diese Startups als Art externer CTO mit einem erfahrenem Team, eingespielten Prozessen und moderner Tool-Unterstützung einen technologischen Jump Start zu ermöglichen. Zum anderen entwickeln wir gerade selber ein Start-up, das an einer Software im Industrie 4.0-Umfeld arbeitet. Dabei geht es um Qualitätssicherung im Produktionsprozess. Insgesamt erwarte ich, dass wir den Umsatz von 2014 halten können, wir uns aber als Organisation spürbar weiterentwickeln und uns durch unsere Investitionen für die kommenden Jahre rüsten können.

Wie beurteilen Sie den Mangel an IT-Fachkräften in Oberösterreich und wie wirkt er sich auf Ihr Geschäft aus?
Dazu fällt mir eigentlich nur ein Wort ein: Katastrophe! Wir hätten 2014 zehn bis 15 Prozent mehr Umsatz erzielen können, wenn wir mehr passende Mitarbeiter für uns gewinnen hätten können. Die oberösterreichische Wirtschaft rittert um die besten Köpfe. Wir werden 2015 für unsere Verhältnisse große Summen ausgeben, um
dataformers bei möglichen Mitarbeitern bekannter und attraktiver zu machen. Das ist ganz klar DER kritische Erfolgsfaktor für uns.

Für welche Technologien/Lösungen erwarten Sie heuer eine verstärkte Kundennachfrage?
Als langfristiger Trend zeichnet sich natürlich ab, dass Cloud-Dienste vermehrt eine Rolle für den Betrieb von Software spielen werden. In oberösterreichen (Industrie-)Unternehmen gibt es aber gleichzeitig eine große Skepsis, die auch nicht von heute auf morgen verfliegen wird. Bei jungen Unternehmen – und besonders bei Startups – gibt es aber eine absolute Tendenz zur Nutzung von Cloud-Angeboten. Es gibt auch vermehrt Nachfrage nach Systemen, mit denen große Datenmengen effizient verarbeitet werden können, und in diesen Fällen weichen wir beispielsweise auf NoSQL-Systeme wie Cassandra und Co aus. Und am Frontend ist zwar „Mobile“ ohnehin schon Alltag, aber immer noch erwähnenswert.

Was war Ihr Vorzeigeprojekt in den letzten zwölf Monaten?
Ich kann eigentlich kein einzelnes Projekt so wirklich herausheben. Das Schöne an meiner Branche ist, dass wir praktisch immer mit innovativen Projekten zu tun haben. Unsere Kunden wollen irgendetwas mit Software verbessern: entweder interne Prozesse optimieren oder durch Software-Funktionen ihre eigenen Produkte veredeln. Denken Sie an Smartphones. Die Telefonfunktion gab es schon vorher – Adressbuch und Kalender auch. Der Zusatznutzen durch Software macht‘s aus. Wenn Sie mich zwingen, ein Vorzeigeprojekt zu nennen, dann sage ich wikifolio.com. Hier schreiben wir die Software und betreiben die Server-Systeme. (red.)


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