Flexible Stromzukunft

Im Rahmen des Projektes "Leafs" werden derzeit in Österreich Feldversuche für eine flexible Energiezukunft durchgeführt. Einer dieser Feldversuche findet in der oberösterreichischen Gemeinde Eberstalzell statt, wo Verbraucher einen Sonnenbonus erhalten. [...]

In Eberstalzell erhalten Kunden einen Sonnenbonus, wenn sie lokal erzeugten Sonnenstrom verbrauchen. (c) Fotolia
In Eberstalzell erhalten Kunden einen Sonnenbonus, wenn sie lokal erzeugten Sonnenstrom verbrauchen. (c) Fotolia

Der Trend zur Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen hält ungebrochen an. Immer mehr Hausbesitzer installieren Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern, um sich mit umweltfreundlichem Strom zu versorgen. Da die erzeugte Energiemenge wetterbedingt stark schwankt, drängen in letzter Zeit auch verstärkt Batteriespeicher auf den Markt. Neben der lokalen Erzeugung und Speicherung gibt es auch eine steigende Zahl von Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen. Die Flexibilitäten, die diese Komponenten bieten, sollen nun vor Ort besser genutzt werden, um so die lokalen Stromnetze zu entlasten und eine Bereitstellung weitere Services zu erlauben. Unter der Leitung des AIT werden im Projekt „Leafs“ Technologien und Systemlösungen für diese flexible Energiezukunft entwickelt – im März dieses Jahres liefen die Feldtests voll an.

Erneuerbare Energie als Herausforderung für Stromnetze

Die erneuerbare Energiezukunft stellt nicht nur die großen Übertragungs- und Verteilnetze vor große Herausforderungen, sondern auch die Niederspannungsnetze, die für den Stromfluss von und zu den Haushalten sorgen. Grund dafür sind neben der wachsenden Zahl an Photovoltaikanlagen auch immer mehr zusätzliche elektrische Verbraucher wie Wärmepumpen oder Elektrofahrzeuge. In letzter Zeit drängen verstärkt auch kleine elektrochemische Stromspeichereinheiten auf den Markt, mit denen der selbst erzeugte Strom lokal gespeichert und später für den Eigenbedarf verwendet werden kann. Darüber hinaus gibt es bei Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie immer wieder Zeiten, in denen zu viel oder auch zu wenig Energie verfügbar ist, je nach lokalen Verhältnissen. Elektrische Netze können die Unterschiede zwischen Regionen nur teilweise ausgleichen. „In Zukunft wird es daher nötig sein, die Flexibilitäten, die sich durch die neuen Entwicklungen bei Erzeugern, Verbrauchern und Speichern ergeben, vor Ort besser zu nutzen und damit Netze zu entlasten“, so Helfried Brunner vom Energy Department des AIT Austrian Institute of Technology.

Genau hier setzt „Leafs“ an. „Leafs“ ist ein Leitprojekt des Klima- und Energiefonds und wird von einem österreichischen Konsortium aus Netzbetreibern, Forschungsinstitutionen und Komponentenherstellern durchgeführt. Nach einer Analyse der Einsatzmöglichkeiten von Speichern und flexiblen Lasten im Stromnetz wurden mit Hilfe von Simulationen und Labortests konkrete Anwendungsfälle unter die Lupe genommen. „Das Ergebnis sind Steuerungskonzepte, die den Eigenverbrauch optimieren, einen möglichst netzfreundlichen Betrieb sicherstellen und die aktive Teilnahme an Energiemärkten erlauben“, so Projektleiter Johannes Kathan vom AIT Center for Energy. Diese Konzepte werden nun abschließend in Feldtests in drei verschiedenen österreichischen Gemeinden validiert.

Bereits im Herbst 2017 startete der erste groß angelegte Praxistest im steirischen Heimschuh, wo ein zentraler Batteriespeicher im Verteilnetz integriert wurde. Tagsüber speisen die teilnehmenden Haushalte überschüssigen PV-Strom (Photovoltaik) in diesen Speicher ein und können ihn dann abends bei Bedarf wieder zurückholen. Ziel ist es, so den Eigenverbrauch der privaten PV-Anlagen von aktuell 30 auf über 70 Prozent der erzeugten Energie zu steigern. Zusätzlich entlastet der Speicher das lokale Netz und kann Marktdienstleistungen erbringen. Im März dieses Jahres fiel nun auch der Startschuss für die beiden anderen Feldversuche.

Feldversuch in OÖ: Heimspeicher und Anreizsysteme

In Eberstalzell in Oberösterreich setzt man auf Heimspeichersysteme und auf Anreizsysteme für Endkunden, um einen netzfreundlichen Betrieb sicherzustellen. Die Netz Oberösterreich GmbH bietet im Feldversuch in Eberstalzell mehr als 1.000 Kunden an, den Strom günstiger zu beziehen, während dieser lokal erzeugt wird. Nicht nur durch monetäre Anreize sondern auch durch Visualisierung des individuellen wie auch kollektiven Erfolgs wird die Motivation gefördert. Die allgemeine technische Basis dafür ist das Smart Meter System. Ziel ist, die Ermittlung des Potenzials der Flexibilität, das sich durch die neuen Entwicklungen bei Erzeugern, Verbrauchern, Speichern und Netztarifen ergibt. Anhand von Simulationen wurden technische und ökonomische Potenziale analysiert, was nun im realen Feldtest zu untersuchen ist.

Die Stromnetze sollen dadurch effizient und effektiv entlastet werden, sodass ein Teil der Kosten für Netzausbau vermieden wird. Kunden der Netz Oberösterreich GmbH erhalten im Rahmen des Feldversuches einen „Sonnenbonus“, wenn sie lokal erzeugten Sonnenstrom in bestimmten Zeitfenstern verbrauchen, in denen viel Energie zur Verfügung steht. Die Kunden werden täglich via App am Smartphone informiert, wann dieser Bonus verfügbar ist und können damit Geld sparen und gleichzeitig eine spannungsbedingte Abregelung der PV-Einspeisung vermeiden.

Salzburg: Building Energy Agent

In der Smart Grids Modellgemeinde Köstendorf wird im Rahmen des Projekts die Wirtschaftlichkeit und Netzfreundlichkeit von dezentralen PV-Speichersystemen in Kombination mit flexiblen Verbrauchern untersucht. Dazu werden die Heimspeichersysteme mit einem Building Energy Agent verbunden, der Verbraucher und Speicher auf Grundlage von Signalen des Netzbetreibers optimal steuert. Unter anderem können hier auch Elektroautos zur Flexibilität beitragen, indem etwa bei Stromüberschüssen automatisch die Batterien aufgeladen werden.

„In Leafs wollen wir der Vielfalt der Ansätze und Rahmenbedingungen für die Nutzung von Flexibilität Rechnung tragen und daraus gemeinsame, übertragbare Aspekte zwischen Netzbetreibern herausarbeiten“, unterstreicht Kathan. „Mit dem hier gewählten umfassenden Ansatz soll auch anderen Netzbetreibern gezeigt werden, wie sie Flexibilitäten aktivieren können.“ Denn eine flexible Energiezukunft ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Die Kunden können ihren selbst erzeugten Photovoltaikstrom optimal nutzen und durch die Bereitstellung von Services einen Zusatzverdienst lukrieren, während die Netzbetreiber von einer Entlastung der Netze profitieren. Nach dem Abschluss der Feldversuche in einem Jahr sollen damit Ergebnisse für die Anwendbarkeit der entwickelten Ansätze vorliegen.

 


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