Fremdtinte bringt großes Sparpotenzial

Enorme Einsparungsmöglichkeiten hat die deutsche Stiftung Warentest beim Einsatz von Fremdtinte in Druckern gefunden. Je nach Hersteller und Modell können bis zu 90 Prozent der Kosten eingespart werden. Die Hersteller warnen vor der Fremdtinte. [...]

Die Stiftung Warentest empfiehlt sowohl Endanwendern als auch KMU den Einsatz von Fremdtinte in Druckern. Die Preisersparnis soll dabei bei bis zu 90 Prozent liegen, wobei die getesteten Geräte der großen Hersteller brother, Canon, Epson und HP große Unterschiede beim Einsatz von Fremdtinte aufweisen.

Bei Geräten von brother und Epson lohnt sich der Einsatz von Fremdtinte besonders. Die geringste Ersparnis erzielt man laut der Stiftung beim Einsatz von Fremdtinte bei Fotodruckern, da bei keinem der getesteten Geräte die Qualität auch nur annähernd an jene der Originaltitel herangekommen ist. Am meisten lohnt sich der Einsatz von Fremdtinte bei Geräten mit Einzeltanks.

Die Unterschiede bei den Herstellern haben vor allem mit den verschiedenen Systemen zu tun, mit denen die Geräte arbeiten. Die getesteten Geräte von brother und Epson nutzen einfache Farbtanks für die vier Druckfarben Schwarz, Cyan, Gelb und Magenta. Solche Tintentanks lassen sich relativ leicht nachbauen und wiederbefüllen. Die Modelle von Canon und HP verwenden hingegen je zwei Patronen mit eingebautem Druckkopf, eine für Schwarz und eine Kombipatrone für die übrigen drei Farben. Das stellt die Drittanbieter offenbar vor größere ­Herausforderungen.

WARNHINWEISE ALS USER-ABSCHRECKUNG

Um die Anwender vom Einsatz von Fremdtinte abzuhalten, haben die Hersteller ganz spezielle Maßnahmen entwickelt. Ein Epson-Drucker beispielsweise warnt den Benutzer und weist ihn darauf hin, dass Fremdtinte verwendet wird. Danach folgt eine Lobeshymne auf die eigene Tinte. Etwas furchteinflößender läuft es bei HP: „Gebrauchte oder gefälschte Patrone erkannt“ heißt es da. Die Drucker von Canon haben im Test behauptet, die nagelneuen Fremdpatronen wären leer. Drucken kann man zwar dennoch, der Füllstand der Patrone lässt sich jedoch nicht anzeigen.

Brother macht es dem User am einfachsten: Als einziger Hersteller beschwert sich das Gerät nicht über den Einsatz von Fremdtinte, was daran liegt, dass in den brother-Patronen keine Elektronik eingebaut ist. Den Füllstand kontrolliert der Drucker über ein kleines Sichtfenster. Finanziell lohnt sich Fremdtinte bei den getesteten brother-Geräten auch am meisten. Bei der Verwendung einer Fremdtinte von Peach konnte im Test eine Preisersparnis von 90 Prozent erzielt werden. Bei Epson ist die Sache etwas komplizierter: Die Farbtanks sind mit einem elektronischen Chip gesichert, der nicht nur zur Füllstandskontrolle sondern laut Stiftung Warentest auch als eine Art Kopierschutz dienen soll und die Warnhinweise am Display verantwortet. Im Test haben aber auch alle Epson-Drucker anstandslos mit der Fremdtinte gearbeitet und eine Preisersparnis von knapp 70 Prozent gegenüber der Originaltinte erreicht.

KOMPLEXERE PATRONEN MACHEN NACHBAU UNMÖGLICH
Da HP und Canon wie erwähnt komplexere Patronen mit eingebautem Druckkopf verwenden, können die Drittanbieter sie aus patentrechtlichen Gründen nicht einfach nachbauen. Stattdessen müssen sie gebrauchte Originalpatronen auftreiben, sie aufwendig reinigen, aufarbeiten und neu befüllen. Es ist also nur allzu nachvollziehbar, dass die Preisersparnis bei diesem Prozedere nicht sonderlich hoch sein kann. Stiftung Warentest weist die Ersparnis mit etwa 10 bis 30 Prozent je nach Modell und verwendeter Tinte aus.

Wenngleich die Fremdtinte im Test überzeugen konnte und sehr große Sparpotenziale offengelegt hat, muss das für den Dauereinsatz nicht unbedingt gelten. Nicht zuletzt warnen die Hersteller vor einem Garantieverlust beim Einsatz von Fremdtinte bzw. vor Schäden am Gerät bei längerer Verwendung. Die COMPUTERWELT hat Vertreter der vier großen, im Test vertretenen Druckerhersteller brother, Canon, Epson und HP zu den Ergebnissen des Vergleichs der Stiftung Warentest befragt, aber auch Vertreter der im Test nicht erwähnten Hersteller Konica-Monilta und OKI um eine Stellungnahme gebeten.

QUALITÄT UND NACHHALTIGKEIT ALS VERKAUFSARGUMENTE
Die Hersteller argumentieren in erster Linie mit der höheren Qualität der Ausdrucke bei der Verwendung von Originaltinte: „Original HP Tintenpatronen und Toner bilden mit den ­Inkjet- und LaserJet-Druckern ein integriertes und abgestimmtes System, das den Bedürfnissen der Kunden an Leistung, Qualität und Zuverlässigkeit am besten gerecht wird,“ erklärt die bei HP für den gesamten Druckerbereich verantwortliche Direktorin Michaela Novak-Chaid. Die Druckqualität und Zuverlässigkeit bei der Verwendung von wiederaufbereiteten oder wiederbefüllten Patronen könne leiden. „QualityLogic hat in Europa eine Studie durchgeführt, in der das unabhängige Institut zum Ergebnis kommt, dass Original HP Patronen gegenüber nachgefüllten Tintenpatronen in Ergiebigkeit und Zuverlässigkeit übertreffen“, erklärt Novak-Chaid. Eine ähnliche Studie hat auch OKI-Geschäftsführer Karl Hawlik parat: „OKI hat seit 2009 mehrere Studien mit Buyers Laboratory LLC durchgeführt. Die Fremdtoner verursachten signifikante Fehler im Druckergebnis, Schäden an der LED-Belichtungseinheit und 40 Prozent der Fremdprodukte hatten fehlerhafte Chips. Die tatsächlichen Toner-Reichweiten ergaben ein massives Ungleichgewicht gegenüber OEM-Tonern, dafür schlechtere Farbergebnisse und defekte Bildtrommeln.“

Gerade bei klassischen A4-Ausdrucken hat die Stiftung Warentest aber kaum Qualitätsunterschiede feststellen können, ein Umstand der für brother-Geschäftsführer Helmut Pfeifenberger vor allem am Untersuchungs-Setting liegt: „Es gibt einen Umstand, der bei solchen Verbrauchsmaterialtests nicht berücksichtigt wird: Ein Test dauert ein paar Wochen – im richtigen Leben ist ein Drucker aber mehrere Jahre im Einsatz. Überhaupt wird bei diesen Tests selten eine reale Druckernutzung simuliert.“ Ungeeignete Tinte zerstöre einen Druckkopf nur in wenigen Fällen unmittelbar. In vielen Fällen handle es sich um einen schleichenden Prozess. Gleiches gelte auch für Dichtungen und andere Bestandteile. Pfeifenberger: „Der Kunde denkt deshalb oft, weil er einen Satz Fremdtinte gedruckt hat, dass dies kein Problem sei, dabei ist dies meist nur eine Frage der Zeit. In jedem Fall sind bei den allermeisten Geräteausfällen, die in Zusammenhang mit der Tinte stehen, Fremdtinten die Ursache.“

Auch die Entsorgung der leeren Patronen und Toner dürfte bei Originaltinte einfacher und vor allem umweltschonender sein. „Für Original-Toner und -Tintenpatronen von Canon bieten wir ein kostenloses Recycling-Programm an. Damit können wir gewährleisten, dass die Patronen zu hundert Prozent recycelt und wiederaufbereitet werden und nichts im Abfall landet“, erklärt Wolfgang Mantler, Marketing Direktor von Canon Österreich.

HERSTELLER RECHTFERTIGEN PREISPOLITIK BEI ORIGINALTINTE
Die hohen Preisunterschiede zwischen Fremd- und Originaltinte erklären alle Hersteller unisono mit der aufwendigen Forschungs- und Entwicklungsarbeit. „Fremdtintenanbieter entwickeln keine High-Tech-Drucker. Sie müssen nicht forschen, wie Tinte noch schneller trocknet oder Sonnenlicht länger standhält und dokumentenecht wird. Sie müssen keine Druckköpfe entwickeln, die die neuen Tinten zuverlässig verarbeiten können“, argumentiert Pfeifenberger. In vielen Fällen werde eine fertige Tinte genommen, eine chemische Analyse durchgeführt und die Tinte so weit wie möglich kopiert. Das gelte laut Pfeifenberger auch für die Tintenpatrone.

In den vergangenen Jahren sind allerdings auch die Margen bei der Hardware immer kleiner geworden, der fehlende Gewinn muss über die Verbrauchsmaterialien kompensiert werden. Für viele Kunden sind die Preise für neue Patronen aber deutlich zu teuer, nicht umsonst wird Tinte auch schon seit geraumer Zeit als „schwarzes Gold“ bezeichnet – kaum eine Flüssigkeit kostet auf die Menge gerechnet so viel wie Druckertinte. „Kunden sollten aber wissen, dass das Volumen der Tinte in einer Patrone – vor oder nach der Anwendung – nicht direkt mit der Anzahl der gedruckten Seiten einhergeht. Volumen oder Milliliter Tinte sind kein sinnvoller Maßstab für die Kosten oder für den Mehrwert für den Verbraucher“, erklärt Novak-Chaid. Ihrer Ansicht nach sollte für den Kunden die Ergiebigkeit entscheidend sein, nicht die Füllmenge der Tintenpatrone. ­Novak-Chaid: „HP ist der einzige Hersteller, der auf der Verpackung der Patronen beziehungsweise Kartuschen anzeigt, wie viele Seiten gedruckt werden können.“

MANAGED PRINT SERVICES KOMMEN HERSTELLERN ZUGUTE
Immer mehr Klein- und Mittelbetriebe setzen für ihre Druckerlandschaft auf Managed Print Services, also Hardware plus Software, Verbrauchsmaterial und Support zu einem Preis. Die Angebote der Hersteller haben sich ursprünglich auf das Enterprise-Segment konzentriert, mittlerweile gibt es aber auch schon einige Angebote für den Mittelstand. „Mehr als 97 Prozent aller Kunden von Konica Minolta nützen Klick-Lösungen als einfache Möglichkeit, den Toner und Service pauschal oder pro Ausdruck zu bezahlen. Der Einsatz von Fremdtoner ist bei solchen Verträgen sinnlos, da der Kunde im Rahmen des Vertrages das Verbrauchsmaterial ­geliefert bekommt“, erklärt Konica-­Minolta-Geschäftsführer Johannes Bischof.

Ähnlich sieht es auch OKI-Geschäftsführer Hawlik: „Der Kunde hat im Rahmen von MPS eine professionelle und durchkalkulierte Gesamtlösung inklusive Original-Verbrauchsmaterial und Service. Mit Sicherheit ist MPS auch ein Zugeständnis der Hersteller, um den Kunden gute Qualität zu noch attraktiveren Kosten zu bieten. Das Verbrauchsmaterial ist für Hersteller ein wichtiger Umsatz, das ist keine Frage. Das heißt aber auch, dass es ein fundamentales Interesse gibt, wettbewerbsfähig zu sein. MPS ist eine Win-Win-­Situation, damit der Kunde spart und der Hersteller ein qualitatives Gesamtpaket anbieten kann.“

Auch bei MPS sollten sich Kunden über die verwendeten Materialien informieren, vor allem wenn der MPS-Vertrag nicht direkt mit dem Hersteller geschlossen wird. „Mit MPS können Unternehmen sicherstellen, dass sie unkompliziert mit Original-Verbrauchsmatetrial versorgt werden. Bietet der Hersteller den Service an und liefert das Verbrauchsmaterial, so erhält der Kunde zuverlässiges Originalverbrauchsmaterial“, erklärt brother-Geschäftsführer Pfeifenberger und ergänzt: „Liegt die Versorgung des Kunden in den Händen einer dritten Partei, so ist dies nicht gewährleistet. Es gibt Fälle, da schließen Kunden einen MPS-Vertrag ab, von dem sie glauben, dass er die Lieferung von Original-Verbrauchsmaterial enthält. Geliefert wurde dann aber Fremdtoner.“

Je mehr es auf die hohe Qualität der Ausdrucke ankommt, desto eher dürften Kunden auf Originaltinte setzen. Laut Stiftung Warentest waren die Qualitätsunterschiede bei konventionell gedruckten A4-Seiten viel geringer als etwa beim Fotodruck. Ähnliches dürfte aber auch für den Großformatdruck gelten: „Überall dort, wo es auf Zuverlässigkeit und Qualität ankommt, wie bei unseren Großformatdruckern beispielsweise, ist kompatible Tinte kein Thema“, erklärt Epson-Geschäftsführer Belbeisi und ergänzt: „Profis verlassen sich auf ihre Produktionsmaschinen und wählen daher praktisch ausschließlich Original-­Epson-Verbrauchsmaterialien. Nicht das Epson-Angebot an MPS-Systemen spielt da eine Rolle sondern die Zuverlässigkeit und Qualität der Epson-­Verbrauchsmaterialien.“

Die Verwendung von Fremdtinte oder anderen Verbrauchsmaterialien von Drittanbietern ist nicht generell untersagt, vor allem bei MPS sollte man aber vorsichtig sein, um in einem späteren Garantiefall nicht auf der Strecke zu bleiben. „Die Gewährleistung oder Garantie für unsere Geräte ist nicht an die Verwendung von Original-Canon-Verbrauchsmaterialien gebunden. Ausnahmen gibt es nur dann bei Benutzung von Ersatzteilen, Software oder Verbrauchsmaterialien (z. B. Tinte, Toner, Papier oder Batterien), die nicht für das Produkt geeignet sind“, erklärt Mantler.

Die Eignung gelte Canon zufolge jedenfalls dann als gewährleistet, wenn die eingesetzten Verbrauchsmaterialien von Canon empfohlen werden. „Sollte sich der Defekt eines Canon-Produktes auf die Verwendung von Fremdtinte zurückführen lassen, behalten wir uns das Recht vor, den Garantieanspruch abzulehnen.“ (aw)


Mehr Artikel

News

Lauf-Apps als Sicherheitsrisiko

Lauf-Apps sammeln Informationen über das eigene Training und tracken somit alle Fortschritte, die man beim Laufen gemacht hat. Allerdings benötigen sie um richtig zu funktionieren präzise Daten, darunter auch den Standort von Nutzern.
Diese Daten stehen oft öffentlich zur Verfügung. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*