Fusionen als Sicherheitsrisiko

Der Security-Spezialist FireEye beobachtet vermehrt Sicherheitsverletzungen bei Unternehmen im Zusammenhang mit Fusionen und Übernahmen. [...]

In den letzten Jahren führte die wachsende Furcht vor Wirtschaftsspionage durch andere Staaten zu immer genauerer Prüfung von Fusionen und Übernahmen mit Beteiligung ausländischer Firmen – vor allem in Branchen, die mit sensiblen Technologien und Prozessen arbeiten und eine ­größere wirtschaftliche und sicherheitstechnische Bedrohung bedeuten könnten.

Allerdings sind weder solche Szenarien die einzigen, in denen Nationalstaaten Cyberspionage betreiben können, noch sind Nationalstaaten die einzigen Täter beim Diebstahl geistigen Eigentums. FireEye hat gezielte Bedrohungen von verschiedenen Urhebern beobachten können, die Angriffe auf fusionierende Unternehmen auf zwei Arten aktiv durchführten: Zum Einen über einen Angriff auf das Netzwerk eines neu akquirierten Tochterunternehmens und/oder eines Partners des Mutterkonzerns, um schließlich Zugang zum Umfeld des Hauptziels und seinen Informationen zu erhalten.

Die zweite Möglichkeit ist ein Angriff und Diebstahl von Informationen eines Unternehmens in Fusions- oder Übernahmeverhandlungen mit einer ausländischen Firma, um dem Verhandlungspartner Insiderwissen für die kommenden Verhandlungen liefern zu können.

VIELE ANGREIFER AUS CHINA OPERIEREN IN GRUPPEN

Einige Bedrohungsurheber greifen das Umfeld eines Unternehmens an und setzen ihre Bemühungen dann über ein mit dem Unternehmen verbundenes Netzwerk fort. Andere setzen auf Social-Engineering-Taktiken. Dazu gehören beispielsweise Phishing-E-Mails, deren Absender vorgibt, ein Mitarbeiter des Partnerunternehmens zu sein. FireEye hat von China aus operierende Gruppen beobachten können, die vertraute Beziehungen und Bridge-Netzwerke kooperierender Unternehmen angegriffen haben.

Ziele der Angreifer sind – unabhängig von der jeweiligen Vorgehensweise – in der Regel geistiges Eigentum und geheime Informationen, die ihren Auftraggebern einen wirtschaftlichen Vorteil bieten könnten. So hat FireEye beispielsweise einen Fall beobachten können, bei dem die Angreifer einen Zugang ins Netzwerk des ursprünglichen Mutterunternehmens nutzen, um zur nun verkauften Tochter vorzudringen. Diese hatte kurz zuvor ein firmen­eigenes Verfahren zur Herstellung eines neuen Gesundheitsproduktes entwickelt.

Zudem konnte häufig beobachtet werden, dass Unternehmen während Fusions- oder Übernahmegesprächen mit chinesischen Firmen angegriffen wurden. Dabei sollten vermutlich Daten entwendet werden, die den Verhandelnden wertvolle Insiderinformationen liefern könnten, um die Ergebnisse der geplanten Transaktionen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Anders als bei anderen Formen der Wirtschaftsspionage sind die Angreifer hier nicht auf der Suche nach geistigem Eigentum eines Unternehmens, das sie stehlen könnten. Stattdessen suchen sie Informationen wie zum Beispiel geschäftliche E-Mails und Verhandlungsbedingungen sowie Geschäfts­pläne und -daten.

INSIDERINFORMATIONEN FÜR VERHANDLUNGEN

In einem beispielhaften Fall drangen die Angreifer in die E-Mail-Konten mehrerer Mitarbeiter ein, die an den Verhandlungen beteiligt waren. Die Cyberkriminellen waren dabei wahrscheinlich auf der Suche nach Informationen bezüglich des Verhandlungsfortschritts. FireEye glaubt, dass die Angreifer anschließend die gestohlenen Daten genutzt haben, um die chinesischen Entscheidungsträger mit Insiderwissen des Konkurrenten zu versorgen. Die chinesische Regierung unterband die Gespräche kurz nach dem Datendiebstahl.

Unternehmen, die in Fusionen und Übernahmen involviert sind, müssten sich deshalb der Risiken bewusst sein, warnen die Experten von FireEye. Die Aufnahme von Verhandlungen mit Unternehmen, die von Cyberangriffen betroffen sind und mit nicht sicheren Netzwerken arbeiten, birgt das Risiko einer Bedrohung durch Angreifer, die möglicherweise nur darauf warten, zum nächsten Ziel voranschreiten zu können.

Auch Unternehmen in Verhandlungen mit ausländischen – FireEye zufolge häufig chinesischen – Firmen sind Angriffen ausgesetzt, die Vorteile in den Verhandlungen bringen sollen. Solche Angriffe, bei denen es sich letztlich um Wirtschaftsspionage handelt, können schwerwiegenden Einfluss auf Finanzen und Ansehen eines Unternehmens haben. Besonders jedoch, wenn diese Millionen oder gar Milliarden Dollar bei möglichen Fusionen oder Übernahmen riskieren.

In vielen Fällen geht es auch um Fragen der nationalen Sicherheit. Denn auch Regierungen versuchen manchmal, die Risiken bei Unternehmensfusionen und -übernahmen zu entschärfen, indem sie Sicherheitschecks durchführen und auf deren Basis mitunter Angebote zurückweisen. Unterschiedliche Angreifer aus verschiedensten Ländern beteiligen sich heutzutage an Wirtschaftsspionage. (pi/rnf)


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