Bisher versteckten sich die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung gerne hinter der EU-Richtlinie, die man leider befolgen müsse. Nun ist diese annulliert, und man möchte meinen, dass ein kollektives Aufatmen mit sofortiger Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung folgt. Mitnichten! [...]
Mit großer Begeisterung gehen viele Politiker und Behördenvertreter ans Werk, Wege zu finden, uns weiterhin auszuspähen. Dazu wurde in den letzten Tagen viel geschrieben, gelesen und gestritten. Manche essentiellen Aspekte wurden dabei aber fast gänzlich außer Acht gelassen.
So wurde viel über gesellschaftspolitische Verantwortung gesprochen: Was Vorratsdatenspeicherung für die Bürger bedeutet, welche Auswirkungen sie auf den Alltag hat. Selbstverständlich wird auch die Kommunikation aller Unternehmen durch verschiedene Behörden protokolliert. Die Datenspeicherung macht nicht vor den Schlafzimmern halt – aber auch nicht vor den Vorstandszimmern. Deswegen wird es Zeit, dass nicht nur gesellschaftspolitisch gegen jede Art der Überwachung argumentiert wird, sondern dass auch die Handelskammern aufbegehren.
Besonders die Hintermänner der Wirtschaftsspionage scheuen keine Mühen und Kosten. Das ist nicht neu. Wirtschaftsspionage setzte immer schon gern bei Behörden an, die Informationen über Wirtschaftsunternehmen sammelten. Sie war nur noch nie so lukrativ. Die gespeicherten Kommunikationsdaten sind nicht nur ein überaus wertvolles Element der Überwachung – sie sind bares Geld wert. Damit werden die Behörden automatisch selbst zum Ziel von Ausspähung. Zu viele Politiker möchten so viel überwachen wie es nur geht. Von mehreren Seiten ist man aktiv auf der Suche nach Schlupflöchern, um auch in Zukunft Vorratsdatenspeicherung zu betreiben. Möglicherweise wird sie dann anders genannt und anders legitimiert, aber sie nimmt sicher nicht ab. Der Staat, der uns und unsere Wirtschaft vor Angriffen schützen sollte, ist drauf und dran, vom Gärtner zum Bock zu werden.
* Wieland Alge ist VP und General Manager EMEA von Barracuda Networks.
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