Gastkommentar: Trittbrettfahren durch Tippfehler?

Wer bei Aufruf des Domainnamens wetteronline.de den letzten (nicht ausgesprochenen) Buchstaben nicht eingetippt hat, ist nicht bei der gewünschten Wettervorhersage, sondern bei einem Anbieter von Versicherungsverträgen gelandet. [...]

Dagegen wehrte sich der Betreiber des Wetterdienstes in Deutschland bereits vor einigen Jahren und wollte diese bewusste Umleitung gerichtlich verbieten lassen.

Der BGH lehnte nunmehr in einem unlängst erlassenen Urteil eine Verletzung von Namensrechten ab, da es sich bei dem Begriff „wetteronline“ um einen beschreibenden Begriff handelt, also um einen Begriff, bei dem durch den Namen bereits die konkrete Geschäftstätigkeit beschrieben wird. Einem solchen Namen fehlt laut BGH die für einen namensrechtlichen Unterlassungsanspruch notwendige sogenannte „Unterscheidungskraft“.

Der deutsche BGH hat dazu entschieden, dass das Verwenden eines Domainnamens (hier: „wetteronlin.de“), der aus der fehlerhaften Schreibweise einer bereits zuvor registrierten Internetadresse (hier: „wetteronline.de“) gebildet ist (sog. „Tippfehler-Domain“) unter bestimmten Umständen eine wettbewerbswidrige Behinderung sein kann. Unter dem Gesichtspunkt des Abfangens von Kunden ist ein solches Verhalten dann unerlaubt, wenn der Internetnutzer auf eine Internetseite geleitet wird, auf der er nicht die zu erwartende Dienstleistung (hier: Wetterinformationen), sondern lediglich Werbung (hier: Werbung für Krankenversicherungen) vorfindet.

Wird der Internetnutzer auf der Internetseite, die er bei versehentlicher Eingabe der „Tippfehler-Domain“ erreicht, sogleich und unübersehbar auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass er sich nicht auf der Internetseite befindet, die er aufrufen wollte, wird eine unlautere Behinderung dabei jedoch regelmäßig zu verneinen sein. Auch nach der österreichischen Rechtsprechung kann ein sog. „Gattungsbegriff“ nur geschützt sein, wenn er Verkehrsgeltung hat.

* Andreas Schütz ist Partner bei TaylorWessing e|n|w|c Rechtsanwälte Wien.


Mehr Artikel

News

Mehr als nur ein Compliance-Kriterium: Cybersicherheit ist eine Angelegenheit der Unternehmenskultur

Ein Blick in die Praxis zeigt: IT-Sicherheit scheitert nicht an Technologien oder Fehlverhalten, sondern bereits grundsätzlich an einem Mangel an Unternehmenskultur. Wenn Cybersicherheit in einer Organisation nur als eine schlecht durchgesetzte Aufgabe von anderen für andere verstanden wird, entsteht vielleicht eine oberflächliche Compliance, aber keine wirkliche Cyberresilienz. […]

Michael Maier, Director Austria iteratec (c) iteratec
Kommentar

KI-Transformation in Unternehmen – Eine Revolution in fünf Schritten 

Wie weit wird die Evolution der Künstlichen Intelligenz gehen und wie wird sie sich auf Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes auswirken? Was für Privatpersonen interessante Fragen sind, sind für Unternehmer existenzielle Themen, schließlich müssen diese wirtschaftlich gegenüber Konkurrenten bestehen, von denen viele bereits an einer effektiven Nutzung von KI arbeiten. […]

News

Produktionsplanung 2026: Worauf es ankommt

Resilienz gilt als das neue Patentrezept, um aktuelle und kommende Krisen nicht nur zu meistern, sondern sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Doch Investitionen in die Krisenprävention können zu Lasten der Effizienz gehen. Ein Dilemma, das sich in den Griff bekommen lässt. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*