Gastkommentar: Weiterverkauf gebrauchter Software

Am 03. Juli 2012 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein lange erwartetes und im Vorfeld vieldiskutiertes Urteil gefällt. In der Rechtssache UsedSoft gegen Oracle sprach sich das Gericht für den Weiterverkauf von online gekaufter und geladener Software aus. [...]

Die Klägerin, UsedSoft, handelt mit gebrauchten Softwarelizenzen, insbesondere mit den Nutzungslizenzen für die Computerprogramme der Beklagten. Oracle ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an diesen Programmen und stellt diese zum Download auf ihrer Internetpräsenz zur Verfügung und bietet den Nutzern Paketlizenzen für jeweils 25 Nutzer an. Oracle klagte im Ausgangsverfahren UsedSoft auf Unterlassung und obsiegte in erster und zweiter Instanz. Daraufhin legte UsedSoft beim deutschen Bundesgerichtshof Revision ein; dadurch kommt es im Verfahren vor dem EuGH zu den vertauschten Rollen der Klägerin und Beklagten. Der Bundesgerichtshof leitete das Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH ein. Der EuGH entschied nun, dass die Erschöpfung des Rechts auf Verbreitung beim Softwareverkauf ungeachtet eines realen Datenträgers – etwa einer CD-Rom oder einer DVD – eintritt auch wenn der Verkäufer ein Veräußerungsverbot im Lizenzvertrag angibt. Dies gilt auch für durch Updates verbesserte und im Funktionsumfang erweiterte Versionen desselben Programms. 
Einige Einschränkungen zählt der EuGH jedoch auf: Zum einen darf eine erworbene Paketlizenz nicht aufgeteilt und einzeln oder in kleineren Paketen weiterveräußert werden. Zum anderen muss nach der Veräußerung die verbleibende Software von allen Computern des Ersterwerbers gelöscht, oder zumindest unbrauchbar gemacht werden. Der EuGH führt hierzu an, dass dies für Oracle möglicherweise schwierig zu überprüfen ist, doch besteht dieselbe Gefahr auch beim Erwerb von Software auf einem Datenträger. Dem Hersteller der Software steht es hingegen frei, mit allen ihm zur Verfügung stehenden technischen Mitteln sicherzustellen, dass die beim Ersterwerber noch vorhandenen Kopien unbrauchbar gemacht werden. Diese Entscheidung wird sicherlich ein Umdenken bei Softwareherstellern bewirken. Es werden neue Lizenzmodelle in Bezug auf die Nutzungs- und Wiederverkaufsmöglichkeiten von gebrauchter Software entstehen und dadurch vielleicht auch die ein oder andere spannende neue Rechtsfrage. 
* Andreas Schütz ist Rechtsanwalt bei TaylorWessing e|n|w|c Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte (a.schuetz@taylorwessing.com).

Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*