Das Linzer Unternehmen MIC ist führender Anbieter für globale Zoll- und Trade-Compliance-Softwarelösungen. Lösungen von MIC werden von über 700 Kunden in über 55 Ländern auf sechs Kontinenten verwendet. Welchen Impact die Corona-Pandemie auf die Strategie des Unternehmens hat, erzählt Managing Director Alfred Hiebl im Interview. [...]
Wir leben in einer globalisierten und digitalisierten Welt. Welchen Stellenwert nimmt eine Zoll- und Trade-Compliance-Softwarelösung hier ein?
In der rasch expandierenden Weltwirtschaft ist es für multinationale Unternehmen unabdingbar, globale Zoll- und Trade-Compliance-Kosten zu reduzieren und den Warenverkehr zu beschleunigen, um damit sowohl kurzfristige als auch langfristige Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Um allerdings die Effizienz zu steigern, die Transparenz zu sichern, das Compliance-Risiko zu minimieren und die Kosten zu senken, muss hier die passende GTM-Software (Global Trade Management) sowohl in die IT-Infrastruktur, die ERP-Systeme als auch in die globalen Zoll- und Trade-Compliance-Prozesse eines Unternehmens integriert werden. Ohne Digitalisierung der unternehmensweiten Zoll- und Trade-Compliance-Prozesse ist es für multinationale Unternehmen beinahe unmöglich die gebotenen Einsparungspotentiale zu heben bzw. diese wirklich zu nutzen. In vielen Bereichen sind digitale Prozesse schon eine Voraussetzung, um überhaupt im großen Stil Außenhandel zu betreiben. Zollbehörden weltweit treiben die Umstellung auf IT-gestützte Prozesse voran und damit auch den damit verbundenen direkten elektronischen Datenaustausch von Zollanmeldungen mit deren nationalen IT-Systemen.
Wer sind Ihre Kunden?
Die Kunden der MIC sind international tätige Unternehmen mit verteilten Lieferketten und somit hohem Außenhandelsanteil, und zwar sowohl Import- als auch Exportseitig. Darunter sind Unternehmen wie Adidas, Audi, Infineon, Tesla oder Siemens.
Wie hat sich der Digitalisierungsboom der letzten Jahre auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
Auch wenn es früher vielleicht noch unter dem Begriff Digitalisierung subsummiert wurde, war aufgrund der hohen Transaktionsvolumina unserer großen, globalen Kunden eine IT-gestützte Automatisierung der Zollprozesse bei uns schon immer ein Kernthema, da für solche Unternehmen eine rein manuelle Abwicklung defacto gar nicht möglich war oder viel zu teuer wäre.
Generell prognostizieren Marktforschungsunternehmen für unseren Markt nach einer kleinen Corona-Delle ein jährliches Wachstum von rund zehn Prozent für die nächsten Jahre. Das deckt sich auch mit unseren Erfahrungen und zeigt, dass es noch sehr viel Bedarf in diesem Bereich gibt. Auch mittelständische und kleinere Unternehmen investieren zunehmend in die vollständige Digitalisierung ihrer Zollabwicklungen. Wir sind gefordert, für dieses Kundensegment passende und möglichst standardisierte Lösungen anzubieten.
Wir sehen auch, dass die Unternehmen heute einen deutlich umfassenderen und integrierten Ansatz haben, verbunden mit deutlich höheren Ansprüchen an die verwendeten Systeme. Wir sind also laufend gefordert, unsere Produkte zu verbessern, flexibler zu gestalten und um die neuesten technologischen Möglichkeiten (Cloud, Analytics, KI usw.) zu erweitern.
Wie schätzen Sie das laufende Jahr ein? Macht sich die Krise für Ihr Unternehmen bemerkbar?
Den Trend der Digitalisierung der Lieferketten sehen wir durch die Krise weitgehend unverändert, wenn nicht sogar verstärkt. Gerade in Krisenzeiten ist der Einsatz von entsprechenden IT-Tools von größter Bedeutung, um schnellstmöglich auf unerwartete Änderungen reagieren zu können. Wir erwarten heuer wieder ein ähnliches Umsatzwachstum wie vor Corona. Wie vielfach in den Medien berichtet, gibt es in den Lieferketten (größtenteils verursacht durch die Corona-Pandemie, aber auch durch punktuelle Zwischenfälle wie die Panne im Suezkanal) derzeit gravierende Beeinträchtigungen im globalen Warenverkehr. Die Unternehmen werden auf diese Situationen in Zukunft sicher entsprechend reagieren, um ihre Lieferketten besser abzusichern und robuster zu machen, zum Beispiel durch Diversifizierung der Lieferanten oder vermehrten Einsatz von Lägern. Spezifisch für unser Geschäftsfeld ist, dass Zollgesetze und Compliance-Regeln natürlich auch in solchen Krisen weiter bestehen und unverändert erfüllt werden müssen. Globale Änderungen wie ein Brexit, neue Freihandelsabkommen wie USMCA unter Trump usw. stellen die Unternehmen in unserem Bereich noch vor zusätzliche Herausforderungen, da natürlich auch solche Änderungen wieder Auswirkungen auf die Lieferketten und damit die IT-technische Abwicklung bedingt.
Setzen Sie auch KI ein? Wenn ja, in welchen Bereichen?
KI ist meines Erachtens eine zentrale Technologie, die sukzessive Einzug in alle IT-Applikationen und Bereiche finden wird. Federführend sind nach wie vor die Consumer-Apps von Größen wie Google, Amazon, Facebook usw. Aber auch die Benutzer von Business-Anwendungen erwarten zunehmend, dass sich ihre beruflich genutzten Applikationen so intuitiv und selbstlernend verhalten, wie die, die sie täglich privat nutzen. Über solche generellen Applikationsfeatures hinaus gibt es in unserer Fachdomäne auch etliche spezifische Anwendungsbereiche, die sich bestens für KI eignen. Wir arbeiten zum Bespiel mit unseren Kunden an Algorithmen, die auf Basis von speziell trainierten Modellen Vorschläge für die Zolltarifierung liefern; übrigens mit erstaunlich guten Ergebnissen.
In Österreich ist das Thema Fachkräftemangel seit längerer Zeit akut. Wie sehen Sie die Situation? Finden Sie genug qualifizierte Mitarbeiter?
Natürlich spüren auch wir den Fachkräftemangel wie alle anderen Unternehmen in der IT-Branche. Aber Österreich ist prinzipiell ein toller IT-Standort und wir finden hier noch immer top qualifizierte und talentierte Mitarbeiter. Wir investieren dafür aber auch sehr viel, sei es in Personalsuche, Employer Branding, Ausbildung usw. und sind eigentlich permanent auf der Suche nach neuen Mitarbeitern, um unser Wachstum einigermaßen zu stemmen. Aber natürlich versuchen wir vor allem auch, für bestehende Kollegen ein langfristig attraktiver Arbeitgeber zu sein, um sie ans Unternehmen zu binden. Heuer wurden wir z.B. wieder als Great-Place-to-Work ausgezeichnet. Wir sehen unsere Internationalität als Unterscheidungsmerkmal und versuchen uns damit am Jobmarkt auch zu unterscheiden. Wir beschäftigen mittlerweile Mitarbeiter mit ca. 40 verschiedenen Nationalitäten.
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