Der im Familienbesitz befindliche Speckhersteller Handl Tyrol wurde letzten September mit dem Titel "Fabrik des Jahres 2020" ausgezeichnet und gewann auch in der Kategorie "Smart Factory" für seine gelungene Digitalisierung. Umgesetzt wurde das Projekt mit Unterstützung der SAP-Beratung von der Innsbrucker Niederlassung der CNT. [...]
Das Tiroler Familienunternehmen Handl Tyrol hat seinen Stammsitz in Pians, ein Service Center in Schönwies und eine weitere Produktion im Südtiroler Naturns. Beflügelt durch die hohe Nachfrage nach seinen Schinken- und Speckspezialitäten folgte 2018 die Eröffnung des nun ausgezeichneten Werks in Haiming, das ausschließlich auf die Speckproduktion ausgerichtet ist. Der auf 20.000 Quadratmetern errichtete Produktionsbetrieb war von Anfang an auf das klare Ziel getrimmt, die sehr aufwändige Herstellung und Lagerverwaltung zu standardisieren und zu automatisieren, wobei großes Augenmerk auf papierlose Organisation sowie die äußerst exakte Produktrückverfolgung gelegt wurde.
Prozesssteuerung mit SAP
Nach etwa einjähriger Projektlaufzeit ging im April 2018 der erste Teil des neuen Werks produktiv. Zuvor wurden alle zentralen Produktionsprozesse und Abläufe im Detail definiert, programmiert, bildschirmgerecht visualisiert und über entsprechende Schnittstellen an die Fördertechnik angedockt. Die automatisierte Steuerung betrifft so die Warenannahme und Qualitätskontrolle samt Rückmeldung an die Lieferanten ebenso wie das Anlegen der Produktions- und Transportaufträge für die Warenbewegungen via fahrerloser Transportsysteme durch die Fertigung im Werk.
Der von Fraunhofer Austria und dem Industriemagazin ausgelobte „Fabrik 2020“-Preis ging 2020 bereits das zehnte Mal über die Bühne. Für CNT-Projektleiter Jürgen Früh lag die Herausforderung vor allem darin, Produktion und Lagerverwaltung nahtlos zu verknüpfen und zu integrieren und jeden einzelnen Fertigungsschritt einer physischen Bewegung im Lager zuzuordnen. Eine weitere Herausforderung war die Notwendigkeit, auf spätere Upgrades in S/4HANA und Erweiterungen des Werks Rücksicht zu nehmen.
Professionelle Vorbereitung
Und mit den Upgrades geht es auch weiter: Für das Stammwerk in Pians ist bereits ein weiteres Folgeprojekt geplant. Einmal festgelegte Prozesse können für die nächsten Schritte mitgenommen, die Bausteine des Haiming-Projekts da wiederverwendet werden, sagt Früh. Großes Lob spendet CNT-Projektleiter Früh dem involvierten Handl-Team. Es gab eine klare Vorstellung für die Fabrik 2020, jeder Prozess und jeder Schritt war sorgfältig definiert und durch die Kommunikation mit den verschiedenen Projektpartnern aus unterschiedlichen Bereichen abgesichert.
Für die „Speckvirtuosen“ von Handl Tyrol war schon in der Projektvorbereitung klar, dass an der klassischen Methode der Speckerzeugung – selbst durch die hohe Automatisierung und Prozesssteuerung – nicht gerüttelt werden dürfe. Diese Philosophie musste daher auch Eingang in die neue Produktion finden, sagt CNT-Berater Früh. Insbesondere bei der Vorbereitung der frischen Rohstoffe und der Selektion in Qualitätsstufen kommt dies zum Tragen, aber auch bei der Rezeptgenauigkeit, der zehntelgenauen Temperaturwahl, bei den Reife- und Ruhezeiten. All das wurde durch die Erfahrungswerte des Teams definiert, doch nun kommt die komplexe Sensorik hinzu und damit die mögliche Auswertung von Millionen Daten und die weitere Verfeinerung des Fertigungsprozesses.
Vollautomatisierte Produktionskette
Fragt man nach den wesentlichen Neuerungen im Fertigungsprozess, nennt der CNT-Projektleiter die automatisierte Anbindung und Visualisierung von Lager und Fördertechnik: „Wir stellen aus dem SAP-System heraus die Daten bereit, damit man jedes einzelne Rack (beladen mit Qualitätsware) aktivieren und via Drag-and-Drop den nächsten Fertigungsschritt anstoßen kann.“ Hinzu kommt die mögliche Fortschreibung der Fertigungsaufträge aus der Rückmeldung der bereits durchgeführten Transporte beziehungsweise Warenbewegungen. Der hohe Automatisierungsgrad führt nicht nur zu einer dementsprechenden Steigerung der Produktivität jedes einzelnen Mitarbeiters, sondern auch zu einer enormen Effizienz des ganzen Werks. „Da sind hochkarätige Supervisoren im Einsatz, die mit der digitalen Steuerung und visuellen Überwachung befasst sind. Ein weiterer Fortschritt gegenüber dem manuellen Prozess ist, dass sie dabei dem veredelten Endprodukt umso mehr Zeit, Wert und Aufmerksamkeit schenken können“, sagt CNT-Projektleiter Früh.
Laufende Prozessverbesserung
Viele Faktoren entscheiden über die Qualität des Endproduktes, und daher ist die ständige Messung und Überwachung bedeutsam. Ob Temperatur, Raumklima, Kühlung, Heizung oder Energiebedarf: Bei jeder Warenbewegung werden für jede Charge aktualisierte Daten geliefert. Die Sammlung und Auswertung dieser über die zahlreichen Sensoren gewonnenen Daten bildet denn auch die Basis für die laufende Qualitätssicherung und Prozessverbesserung. Handwerkskunst erweitert um die Möglichkeiten der Digitalisierung sorgt dafür, dass Handl Tyrol bestens für die nächste Generation von Speckmeistern vorbereitet ist.
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