Nachdem man es im Gebäudemanagement schon kennt, wird plötzlich die intelligente Vernetzung von Haus- und Gebäudetechnik für Privathaushalte und KMU spannend. Ausschlaggebend dafür sind neue Standards, die auf vorhandene Infrastrukturen bauen. [...]
Wohnhäuser und Gebäude mit Automationstechnik auszustatten, war für die meisten Verbraucher und kleineren Unternehmen bisher unrentabel. Entsprechend klein war die Zielgruppe. Bei den neuen Lösungen sollen sich die Investitionen aber nun deutlich schneller auszahlen, weil man vorhandene Infrastrukturen nutzt und viel stärker auf Interoperabilität setzt. Vorgemacht hat es die Unterhaltungselektronik, in der sich die unterschiedlichsten Endgeräte mit Produkten anderer Hersteller kombinieren und zu einem Netzwerk verbinden lassen. Anstatt proprietärer Insellösungen für die Steuerung von Haushaltsgeräten und Haustechnik kommen im Smart-Home-Bereich vermehrt Standards der Unterhaltungselektronik wie WLAN, DECT und Powerline zum Einsatz. Durch die offenen Standards und die erhöhte Interoperabilität der Lösungen ergeben sich neue Anwendungsszenarien für den Endkunden. Und für die Hersteller eine neue, wesentlich größere Zielgruppe. „Durch die Vereinheitlichung von Standards wird die Vernetzung von Maschinen und Geräten auch für einzelne Haushalte immer interessanter“, sagt Eric Schneider von der M2M Alliance, und weiter: „Früher war M2M lediglich für die Industrie spannend, doch das ändert sich gerade grundlegend mit der zunehmenden Vernetzung des gesamten Hauses.“
GANZ NEU UND SCHON MILLIONENFACH VERBREITET
Es gibt bereits viele Sensoren, Schalter und Geräte, die über WLAN mit dem Heimnetz verbunden werden können. Höhere Bandbreiten bei der Kommunikation erlaubt die Powerline-Technologie, aber deutlich günstiger sind DECT-Produkte mit dem neuen Standard ULE (Ultra Low Energy). Um den neuen Standard nutzen zu können, ist prinzipiell keine neue Hardware notwendig, bestehende Produkte können durch ein Software- oder Firmware-Update ULE-fähig gemacht werden. Der Standard bietet wie DECT eine verschlüsselte Übertragung und lässt sich so schnell installieren wie ein schnurloses Telefon. Den vielleicht größten Vorteil gegenüber anderen Funkstandards liegt aber bei den Punkten Zuverlässigkeit, Reichweite und nahezu ausgeschlossener Interferenz mit anderem Funk. Im Gegensatz zu anderen drahtlosen Übertragungswegen wie Bluetooth oder WLAN sendet DECT ULE in einem exklusiven und geschützten Frequenzband (1880-1900 MHz). Dadurch sind Störungen durch Geräte wie Mikrowellen und Garagentoröffner, die ebenfalls im 2,4 GHz-Bereich funken, ausgeschlossen. Und die Batterie eines Rauchmelders mit ULE benötigt nur wenige Mikroampere. Anfang des Jahres wurde die „ULE Alliance“ gegründet, die getrennt von der traditionellen, auf Telefone konzentrierten DECT-Branche nun für Hersteller anderer Branchen attraktiv sein soll. Dazu zählen Hersteller von Klimageräten, Alarmanlagen, Sensoren, Bewegungs- und Feuermeldern sowie Automatisierungstechnik. „Verbraucher wünschen sich Geräte, die sie unabhängig vom Hersteller miteinander verbinden können“, sagt Jochen Killian von der ULE Alliance, und weiter: „Die Hersteller suchen folglich nach einheitlichen Standards und setzen vermehrt auf offene Schnittstellen.“
Die Investitionskosten für die neuen Systeme variieren je nach Bedarf, Hersteller und Lösung. Unter anderem haben der Marktführer für Schnurlostelefone, Gigaset, und der FRITZ!Box-Hersteller AVM Produkte wie eine intelligente Steckdose auf den Markt gebracht, über die sich Haushaltsgeräte mit dem Heimnetzwerk verbinden und steuern lassen. „Die Nachfrage ist größer, als wir erhofft hatten“, sagt Andreas Erhart, Country Manager von AVM in Österreich im Gespräch mit der COMPUTERWELT. „Die Verbindung der Heimvernetzung mit dem Smart Home steht zwar erst am Anfang, aber bald werden die Verbraucher ebenso wenig darauf verzichten wollen wie auf ihre vernetzte Unterhaltungselektronik“, so Erhart.
Auch Georg Lankmayr, Managing Partner der Unternehmensberatung Inset, sieht die Österreicher gegenüber dem Thema Smart Home sehr aufgeschlossen. Laut dem aktuellen „Smart Home Report Austria“ des Unternehmens haben 65 Prozent der befragten Bürger hohes oder sehr hohes Interesse an dem Thema. Über 80 Prozent wären grundsätzlich bereit, monatlich einen Geldbetrag für die Nutzung von Smart-Home-Lösungen zu entrichten, um die Energieeffizienz und den Komfort ihres Eigenheims zu steigern. Beziehen würden die Befragten die Lösungen am liebsten aus dem Einzel- oder Elektrofachhandel, gefolgt vom Energieversorger. (cb)
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