Hidden Champion

Gerhard Wagner ist IT-Leiter bei Pöttinger, einem österreichischen Vorzeigeunternehmen, das weltweit tätig ist. Die IT-Abteilung unterstützt das Business mit ihrem prozessgetriebenen Ansatz. [...]

Das Grieskirchner Unternehmen Alois Pöttinger Maschinenfabrik ist ein heimischer Hidden Champion, wie er im Buche steht. Laut Thomas Haller von Simon Kucher & Partner zeichnen sich diese Vorzeigebetriebe dadurch aus, dass sie zur Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen gehören, in Sachen Marktanteilen global zu den Top 3 zählen, bzw. in Europa den Spitzenplatz einnehmen – und dass sie der breiten Masse unbekannt sind. Weitere Kennzeichen: Sie sind zu 96 Prozent krisenfest und haben einen Exportanteil von 90 Prozent. Bemerkenswert ist auch, dass die durchschnittliche Verweildauer der CEO 20 Jahre beträgt, bei Großunternehmen sind es nur 6,1 Jahre.

Im Fall von Pöttinger bedeutet das: Das Familienunternehmen, Produzent von „intelligenter Landtechnik“, ist seit 1871 tätig, Weltmarktführer im Bereich Ladewagen und erwirtschaftet mit rund 1.500 Mitarbeitern einen Umsatz von 314 Millionen Euro.

Die Nachhaltigkeit, mit der ein Hidden Champion agiert, schuldet er nicht zuletzt einer Innovationskultur, bei der die IT eine maßgebende Rolle spielt.

Seit Dezember 2013 ist Gerhard Wagner der Chef der für das Familienunternehmen Pöttinger so wichtigen Abteilung. Er hat das Erbe von Heidi Perr übernommen, die in Pension gegangen ist.

Seine Ausbildung sei für einen CIO nicht unbedingt typisch gewesen, gibt Wagner zu bedenken. Er kommt aus der technischen Mathematik. Informatik, die ihn seit seiner Jugend interessiert, hat er nach vier Semestern ad acta gelegt. Der Grund: Er wollte sich zunächst der reinen Mathematik widmen – „Ich bin ein analytischer Typ, ich brauche immer wieder Problemstellungen, an denen ich mein Gehirn versuchen kann.“

Seine Karriere begann er in der Marktforschung. „Da es dort keinen IT-Verantwortlichen gab, wurde ich schnell zum IT-Leiter ernannt.“ Er selbst war sein einziger Mitarbeiter, was ihn nicht daran hinderte, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen.

Nachdem er aus familiären Gründen von Linz nach Wels gezogen war, bewarb sich Wagner bei Pöttinger und wurde von Heidi Perr für den Bereich Infrastruktur-Support eingestellt. Jahrelang war er neben seiner Projektarbeit als Systemadministrator in einem Team tätig, das aus drei Programmierer, zwei Administratoren und eben Heidi Perr bestand. Heute ist die IT-Abteilung drei Mal so groß.

Im Laufe der Zeit stieg Wagner zum Leiter des Infrastruktur-Teams auf und kam schließlich in die engere Auswahl, als es daran ging, einen Nachfolger für Heidi Perr zu definieren.

Anfang 2013 endlich wurde Wagner zum IT-Leiter ernannt. „Ich war in der angenehmen Situation, dass ich mich fast ein Jahr lang auf die Rolle vorbereiten konnte. Frau Perr hat mir sehr viel weitergegeben.“

„PROZESSBRILLE“

Einer der wichtigsten Aspekte des Erbes war die „Prozessbrille“: „Auch die Entwickler sind sehr prozessorientiert. Der Konnex zum Business geht über Key User, die den einzelnen Fachabteilungen angehören“, so Heidi Perr, als sie noch der IT-Abteilung vorstand.

Gerhard Wagner hat diese Brille übernommen – und auch die Gremien, die dafür sorgen, dass die Planung und Umsetzung von Innovationen über institutionalisierte und genau definierte Prozesse ablaufen. „Ursprünglich gab es nur ein Gremium, in dem die Geschäftsleitung mit der IT-Leitung und den Bereichsleitern strategische Ziele besprochen und vorgegeben hat“, schildert Wagner. „Diese sind oft so ins Detail gegangen, dass es schwierig wurde, Entscheidungen zu treffen. So hat man zusätzlich ein Gremium eingerichtet, das aus einigen IT-affinen und prozessorientierten Führungskräften zusammengesetzt ist. Hier ist es möglich, Entscheidungen strategischer Natur voranzutreiben beziehungsweise Themen so aufzubereiten, dass die Geschäftsführung es leicht hat, die Richtung vorzugeben.“

Ein Grundsatz, den schon Heidi Perr gelegt hat und den Wagner weiter schärft, ist, dass die IT niemals genötigt wird, in richtungsweisende Prozesse einzugreifen oder eben diese zu pushen. „Das bedeutet nicht, dass wir keine Ideen liefern oder Vorschläge machen. Die Verantwortung liegt aber voll und ganz bei den Fachabteilungen – sonst würde das Projekt im Regelfall Schiffbruch erleiden.“ Würde der Antrieb von außen kommen, reiche eine Kleinigkeit, die nicht so ist, wie man sich das vorgestellt hat. „Dann findet sich immer einer, der blockt oder quertreibt“, so Wagner.


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