Home Office – Mobile Working – Future Office

Das Home Office bleibt uns auch nach dem Lockdown erhalten. Aber worauf sollten Unternehmen achten, und welche Erfolgsbeispiele gibt es? Und wie sieht die Arbeitswelt heute und in Zukunft aus – Darüber haben wir mit neun Expertinnen und Experten diskutiert. [...]

Bei NTT Austria (von links): M. Winkler, C. Noll, F. Mahringer, N. Lawender, C. Wahlmüller, H. Erlach, M. Sennebogen, A. Harl, T. Gappmayr. Am Screen: S. Grewe. (c) timeline / Rudi Handl
Bei NTT Austria (von links): M. Winkler, C. Noll, F. Mahringer, N. Lawender, C. Wahlmüller, H. Erlach, M. Sennebogen, A. Harl, T. Gappmayr. Am Screen: S. Grewe. (c) timeline / Rudi Handl

Heute ist klar: Home Office is here to stay. Früher oft von vielen Arbeitgebern, aber auch Arbeitnehmern abgelehnt oder nur eingeschränkt zugelassen, ist heute Home Office in Corona- und Lockdown-Zeiten an der Tagesordnung. Die Corona-Krise hat Home Office salonfähig gemacht und die Digitalisierung massiv beschleunigt. Viele Arbeitnehmer arbeiten gerne von zu Hause aus. Der Großteil der Österreicherinnen und Österreicher ist offenbar zufrieden: Vier von fünf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich stellen der eigenen Firma ein gutes Zeugnis für die Reaktion auf die Corona-Krise aus. 56 Prozent berichten von neu geschaffenen Home-Office-Möglichkeiten. Das sind Ergebnisse der Studie »Arbeitsplatz der Zukunft in der digitalen Welt« von Kapsch aus dem vergangenen Jahr. Eine brandneue im März 2021 publizierte OGM-Studie stellt dem Home Office ebenfalls sehr gute Noten aus – sowohl 90 Prozent der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer beurteilten Home Office mit »sehr gut« oder »eher gut«. In Zukunft wünscht sich die Mehrheit ein bis zwei Tage Home Office pro Woche.

Der Roundtable wurde via COMPUTERWELT TV live übertragen. (c9 timeline / Rudi Handl

Corona als Turbo

Corona hat uns damit in eine völlig neue Arbeitswelt katapultiert. Der »digital Workspace 2021 ist eröffnet, aber wohin geht die Reise in Zukunft? Viele Lösungen ermöglichen die »New World of Work«, in der Zusammenarbeit von Teams und Organisationen, in der Abwicklung von Projekten und bei vielen Prozessen. Aber worauf sollten Unternehmen dabei achten? Welche Erfolgsbeispiele gibt es, wo sind die Hürden? Und wie waren die eigenen Erfahrungen im vergangenen Corona-Jahr?

Früher hieß es Telearbeit und hatte ein eher schlechtes Image. Dann kam Corona und veränderte alles schlagartig. Heute ist Home Office vom Rand in die Mitte des Arbeitsmarkts gerückt: 39 Prozent aller unselbständig Erwerbstätigen, das sind 1,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher, haben 2020 zumindest zeitweise im Home Office gearbeitet. Für die Mehrheit war das Jahr 2020 eine völlig neue Erfahrung, sie waren zum ersten Mal im Home Office. Wo es früher in vielen Unternehmen hieß: »Geht auf keinen Fall«, wurde 2020 in der Krise oft Hals-über-Kopf nach Hause übersiedelt. Mit positiver Einschätzung nach einem Jahr Pandemie: Die Mehrheit bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern meint, dass das Home Office beiden Seiten gleichermaßen zu Gute kommt. Produktivität, Arbeitsdisziplin, der Erwerb neuer Kenntnisse werden von beiden Seiten als größte Vorteile genannt, bei den Arbeitnehmern wird auch die Ersparnis der Wegzeit positiv beurteilt, heißt es in einer Mitte März publizierten OGM-Studie im Auftrags des Arbeitsministeriums. Nachteile bringt das Home Office in punkto soziale Kontakte, Arbeitsklima, Kommunikation und Kooperation. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Über 90 Prozent der Befragten geben an, dass Home Office, trotz sehr kurzfristiger Einführung, überwiegend sehr gut oder eher gut funk­tioniert.
  • Mehr als zwei Drittel der Arbeitgeber und Arbeitnehmer wünschen sich auch nach der Krise Flexibilität im Berufsalltag. Die Mehrheit will ein bis zwei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten.
  • Home Office wird von der Mehrheit als fördernder Faktor für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angesehen.
  • Ein Drittel der Arbeitnehmer (36 Prozent) gibt an, im Home Office mehr als zuvor gearbeitet zu haben, 52 Prozent haben gleich viel gearbeitet und 12 Prozent geben an, weniger gearbeitet zu haben.

Für die Studie hat OGM im Auftrag des Arbeitsministeriums über 1.400 Erwerbstätige und mehr als 1.600 Unternehmen bzw. Dienststellen befragt. Der Studienbericht steht auf www.ogm.at zur Verfügung.

Stefan Grewe (52) ist Sales Director DACH, Enterprise Solutions bei EPOS, dem neu gegründeten Unternehmen für Audio- und Videolösungen in der Demant Group. EPOS baut auf dem Erbe von Sennheiser Communications auf. Stefan Grewe war zuvor in Führungspositionen bei wichtigen Unternehmen wie Pro Audio und Sennheiser, bevor er 2003 an der Gründung von Sennheiser Communications beteiligt war. Dort baute er das Segment Enterprise Solutions in der DACH-Region von Grund auf auf. (c) timeline / Rudi Handl

Technologisch kein Problem

Für Nora Lawender, seit einem Jahr Geschäftsführerin bei NTT Austria und Mutter eines achtjährigen Sohns, war es eine turbulente Zeit: »Ich habe die Herausforderung Home Work und Home Schooling hautnah miterlebt. Technologisch war es für uns kein Problem, alle Mitarbeiter ins Home Office zu schicken. Das Arbeiten von zu Hause bzw. das mobile Arbeiten haben wir bei NTT schon seit vielen Jahren gelebt – aber der Lockdown vor einem Jahr hat alles verändert. Rückblickend war die Krise für viele Mitarbeiter und Kunden eine große Herausforderung. Jene Unternehmen die in der Digitalisierung und der Cloud Nutzung schon weiter voran waren, hatten es leichter, sie konnten leichter skalieren und es war damit sicher für sie einfacher, in diese neue Arbeitswelt einzutauchen. Ich bin allerdings überzeugt, dass sich die Arbeitswelt durch Corona nachhaltig geändert hat.« NTT Ltd ist einer der größten Full-Stack IT-Dienstleister mit mehr als 40.000 Mitarbeitern weltweit, in Österreich sind bei NTT Austria ab April rund 150 Mitarbeiter tätig. (NTT Austria verkauft das Alcatel-Lucent Voice Geschäft an A1. Mit April 2021 erfolgt die operative Übernahme von ca 3.000 Serviceverträgen und ca. 50 Mitarbeitern, Anm. d.Red.)

»Ich habe die Herausforderung Home Work und Home Schooling hautnah miterlebt«

Nora Lawender, NTT Austria

Flexibilität und Zeitersparnis

Der Fokus liegt vor allem auf den Themen Intelligent Workplace, Cloud sowie Netzwerk- und Security-Services. Lawender sieht aus ihrer Rolle als Geschäftsführerin und Mutter die Möglichkeit im Home Office arbeiten zu können, recht positiv: »Ich glaube, dass Home Office den Eltern – und ich nenne hier bewusst nicht nur die Mütter – auch Erleichterungen bringt, da die Wegzeiten wegfallen. Es kommt natürlich aber auch auf die individuelle Situation und das Jobprofil an, und wie viel an Flexibilität und Freiraum die Tätigkeit erlaubt. Aber im Großen und Ganzen glaube ich, dass sich Familie und Beruf so viel leichter unter einen Hut bringen lassen.«

Ebenfalls im Corona-Jahr, im Juni 2020, startete Fred Mahringer in seiner neuen Position als HR-Chef bei A1 Österreich, der zunächst Fakten auf den Tisch legt. »Wir haben derzeit rund 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber bei 3.000 geht Home Office nicht. Das sind etwa die Kolleginnen und Kollegen, die im Shop sind, und jene, die zu den Kunden fahren.« Er zeigt sich persönlich sichtlich beeindruckt von der Entwicklung: »Der Impact von Telekommunikation war wahrscheinlich noch nie so spürbar wie in diesen letzten zwölf Monaten – sowohl intern für uns als auch für alle unsere Kunden. Da sind aus meiner Sicht auch großartige Dinge passiert. Wir haben ein Callcenter mit rund 1.000 Mitarbeitern. Unser CIO hat gesagt: ›Hätten wir ein Projekt daraus gemacht und das Callcenter vom Standort ins Home Office übersiedelt, hätte das ein paar Millionen Euro gekostet und hätte ein Jahr gedauert – und durch Corona ist es an einem Wochenende passiert und es hat funktioniert.‹

Hermann Erlach (44) ist seit Juli 2018 Chief Operating Officer, Digital Transformation Lead sowie Sprecher für Innovationsthemen bei Microsoft Österreich. Mit 1.5.2021 wird Erlach die Geschäftsführung von Dorothee Ritz übernehmen. Bereits seit 2015 ist er Mitglied der Geschäftsleitung. Zuvor war Erlach seit 2008 bei SAP tätig, wo er strategisch wichtige Führungspositionen innehatte. Begonnen hatte der gebürtige Osttiroler seine Karriere in der Unternehmensberatung bei Capgemini Consulting und Booz & Company. (c) timeline / Rudi Handl

Die Krise schweißt zusammen

Was man auch spürt, ist eine extreme Nähe zum Kunden, und dieses Gefühl: Wir sind jetzt für Österreich da.  Aber es gebe natürlich auch viele individuellen Herausforderungen, räumt Mahringer ein, »wir haben dazu eine eigene Mitarbeiterbefragung gemacht. Viele haben zu Hause keine optimalen Bedingungen, die sitzen zu fünft am Küchentisch. Das ist wirklich schwierig. Was den Leuten am meisten fehlt, ist der Kundenkontakt und der soziale Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen. Wir hoffen daher, dass wir doch bald in das ›neue Normal‹ zurückkehren können.« Ganz konkret wird bei A1 künftig »Flex Office« angestrebt, dabei gibt es drei Modelle, wie der A1 HR-Chef erläutert: »Man kann dabei einen Tag, drei oder vier Tage im Büro sein. Was wir nicht wollen, ist, dass die Leute nur von zu Hause arbeiten oder an fünf Tagen die Woche im Büro sitzen.«

Nora Lawender (40) ist mit Wirkung vom 1. April 2020 neue Geschäftsführerin bei NTT Ltd. Austria. Sie besitzt langjährige Führungserfahrung im Finance-Bereich und in der IT- und TK-Branche. Lawender war 18 Jahre lang in unterschiedlichen Führungspositionen bei Dimension Data (heute NTT Ltd.) tätig, zuletzt als CFO. Sie war zudem maßgeblich an der Eingliederung der österreichischen Gesellschaft in den weltweiten NTT Ltd. Konzern beteiligt. Lawender lebt im Burgenland und ist Mutter eines achtjährigen Sohnes. (c) timeline / Rudi Handl

Neuland für viele Unternehmen

Avanade Österreich Geschäftsführerin Christiane Noll, schaut auf ein sehr intensives Jahr zurück: »Ich habe den Luxus, dass ich schon große Kinder habe, daher bin ich selbst mit Home Schooling nicht mehr belastet. Ich selbst habe die Umstellung auf Home Office sehr genossen, denn wir leben das Mobile Working bei Avanade seit vielen Jahren. Das große Thema war die unglaubliche Flut an Anfragen durch unsere Kunden. Das flexible Office, das Arbeiten von überall – da gab es schon einige Unternehmen, wo das noch sehr fern war. Es war ein richtiger Boost zu Home Office bei unseren Kunden, die wir dann bei der Umstellung begleitet haben. Wir sind dabei selbst zudem sehr unter Druck gekommen. Da möchte ich mich beim gesamten Team und allen, die geholfen haben, diese rasche digitale Umstellung zu bewerkstelligen, sehr herzlich bedanken. Die Corona-Krise hat vieles ermöglicht, was zuvor nicht gegangen wäre.« Mit ungeahnten Folgen, wie Noll feststellt: »Viele Mitarbeiter wollen aus dem Home Office gar nicht mehr zurück. Jetzt haben die Unternehmen aber viel Bürofläche und viel Raum. Traditionell hatte auch jeder am Arbeitsplatz private Dinge wie Fotos, Kaffeehäferl oder Pflanzen – das wird künftig weg sein. Diese Veränderung ist aber sicher für viele eine echte Challenge.« Die Avanade Managerin selbst ist Fan des neuen flexiblen Büros: »Genauso wie wir jetzt zu Hause am Schreibtisch, in der Küche oder auf der Couch arbeiten – so flexibel sollten wir auch im Büro sein. Der fixe Arbeitsplatz gehört eindeutig der Vergangenheit an.«

Mark Winkler, Director DACH, Smart Spaces & Digital Ecosystems bei Kapsch BusinessCom, sieht die Situation aus der Technologie- und Transformations-Perspektive. Er äußert sich zunächst zur eingangs erwähnten Kapsch-Studie zum Arbeitsplatz der Zukunft. »Was ich da mitgenommen habe ist, dass es um einen sicheren Arbeitsplatz geht – und man möchte das Bestehende nutzen. Auch mit dem Aspekt: Es soll bequem weitergehen. Was sich aber durch Technologie und Innovation ergibt, sieht oft ganz anders aus. Genauso wie den Wechsel vom Tastentelefon zum Smartphone werden wir jetzt den Wechsel vom alten Büro zum Smarten Office erleben. Das muss man sich vielleicht ganz anders vorstellen. ›Office-Arbeit‹ kann zukünftig verstärkt überall möglich sein, im Büro, zu Hause, am See, vielleicht unterwegs von A nach B nach C nach D. Ich glaube, wir können eine nächste Bestandsaufnahme noch gar nicht richtig abschätzen«, sagt Winkler.

Thomas Gappmayr (52) ist seit April 2018 Head of Human Resources und Mitglied der Geschäftsleitung bei Konica Minolta Business Solutions Austria. Zusätzlich hat er die funktionelle HR-Leitung der Business Unit Konica Minolta IT Solutions in Stuttgart übernommen. Davor war Gappmayr in leitenden Funktionen im Bankensektor tätig, zuletzt für mehr als fünf Jahre in der Sberbank Europe als Head of Group Human Resources. Gappmayr hat Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg studiert. (c) timeline / Rudi Handl

Intelligent Kombinieren

»Was mit Sicherheit passieren wird, ist, dass sich Kombinationen und Kooperationen ergeben werden. Aus unserer Sicht als Kapsch, als ICT Unternehmen, liegen die Dinge in unserer DNA, wir arbeiten schon sehr lange mit Videoconferencing-Lösungen. Speziell in der Innovationsgruppe war überhaupt keine Veränderung spürbar. Wir haben zudem eine Kooperation mit einem führenden Büromöbel-Hersteller begonnen, um Smart Office Lösungen völlig neu anzulegen – und zu Dingen, die vorher eher zurückhaltend betrachtet worden sind, ist jetzt die Erkenntnis da: Das wollen wir.« Zurückkommend auf die Studie sieht Winkler den Wunsch nach Vertrautem: »Die Leute würden gerne Bewährtes weiter benutzen, bei den neuen Collaboration Systemen haben die Leute ein wenig Angst. Da sollten die Hersteller verstärkt auf gute, einfache Usability achten.«

Alfred Harl (63) fungiert seit 2007 als Obmann des Fachverbands UBIT (Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie) in der WKÖ. Er wurde in dieser Funktion im November 2020 bestätigt und für weitere fünf Jahre an die Spitze des Fachverbands UBIT gewählt, der im Moment rund 73.000 Unternehmen vertritt. Harl gründete bereits 1980 sein Beratungs-Unternehmen Harl Consulting. Er war zudem von 2019 bis 2020 Obmann der Bundessparte Information und Consulting in der WKÖ. (c) timeline / Rudi Handl

Microsoft baut Büro um

Hermann Erlach, seit drei Jahren Chief Operating Officer (COO) und designierter neuer Microsoft-Österreich Chef (ab 1. Mai 2021), fasst rückblickend zusammen: »Wir haben jetzt Jahre der Digitalisierung in zwei Monaten erlebt. Man hat gesehen, wie dynamisch und resilient viele Unternehmen unter Druck sein können. Intern hat es bei uns sehr starke Regulative gegeben, amerikanische Unternehmen sind da sehr streng. Zeitgleich haben wir auch beschlossen, unser Büro umzubauen, was dazu geführt hat, dass wir jetzt alle seit einem Jahr zu beinahe hundert Prozent im Home Office sind.«

Unternehmenskultur wichtig

Die Arbeitsweise der letzten Monate bescherte uns eine steile Lernkurve, aber manchmal lernt man aus extremen Erfahrungen am meisten. Das technologische Thema ist nicht das Entscheidende, es ist vielmehr ein Kulturthema», meint der Microsoft COO: »Es ist zutiefst von der eigenen Unternehmenskultur abhängig. Eigentlich ist jetzt das Management gefordert, das richtige Modell zu suchen, und nicht im Copy-Paste-Verfahren ein Modell zu übernehmen, das für das eigene Umfeld vielleicht gar nicht passt. Wir suchen selbst bei Microsoft gerade nach einem Weg, wie es für uns nach der Corona-Zeit aussehen kann. Home Office und mobiles Arbeiten waren zwar schon vor der Krise üblich, aber die extreme Erfahrung des letzten Jahres war sicher für alle prägend.«

Mit 1. Juli 2020 hat Fred Mahringer (49), die Leitung des HR-Bereichs bei A1 übernommen. Der promovierte Betriebswirt Mahringer absolvierte bei A1 eine Techniklehre und schloss danach eine HTL für Elektrotechnik und ein MBA Programm ab. Die Stationen des Oberösterreichers bei A1 reichen von technischen Bereichen im Festnetz und Mobilfunk, der Leitung Channel Marketing & Customer Development im Wholesale, der Leitung Strategie Planung Festnetz bis hin zum Director Portfolio- und Projectmanagement.
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Martina Sennebogen, ist seit Anfang Februar Head of Global Sales beim Linzer Software Unternehmen CELUM, spezialisiert auf Digital Asset Management und Task Management im Marketing. An flexibles Arbeiten, ob im Home Office oder mobil, ist die Mutter dreier Kinder gewöhnt: »Das wäre eigentlich auch gar nicht anders möglich, auch wenn es manchmal etwas hektisch ist. Nine-to-five im Büro hat einfach sehr viel an Limitierung, wenn man neben seinem Job auch noch Familie hat. Natürlich gab es seit dem Lockdown mit Kinderbetreuung und Distance Learning auch eine ordentliche zusätzliche Belastung.« Job-mäßig sei es eine große Herausforderung gewesen, »die Kunden rasch in die neue Situation «hinüberzubringen», sagt Sennebogen. Vor allem für Marketing und Kreativteams – typische Endanwender der CELUM Plattform – gibt es noch eine zusätzliche Hürde, denn »das Home Office und die Vernetztheit von Prozessen im klassischen Zusammenarbeitsbereich, also Nutzung von Applikationen, e-Mails und MS-Teams, sind eher fortgeschritten im Vergleich zu kreativen Prozessen und Abläufen. Gerade der Kreativprozess insbesondere die Ideenfindung lebt ja von der sozialen Komponente. Für uns geht es daher um zwei Faktoren: einerseits um die Technologie, diesen Prozess erst einmal zu ermöglichen bzw. zu unterstützen, und andererseits darum, dass die soziale Beflügelung und Interaktion erhalten bleibt.«

Seit 2016 ist Christiane Noll (52) Geschäftsführerin bei Avanade in Österreich, einem im Jahr 2000 gegründeten Joint Venture von Accenture und Microsoft. Vor ihrer Zeit bei Avanade war Noll sechs Jahre bei Microsoft tätig, zuletzt als Mitglied der Geschäftsführung. Als Leiterin des Public Sectors koordinierte sie alle Microsoft-Aktivitäten im öffentlichen sowie im Bildungsbereich. Zuvor hat Noll das international tätige CRM-Software-Unternehmen update mitaufgebaut. Ganz wichtig ist Noll ihre Patchwork-Familie.
(c) timline / Rudi Handl

Individuelle Lösungen gefragt

Mit Blick in die Zukunft meint Sennebogen: »Ich weiß noch nicht, wie das ›neue Normal‹ ausschauen wird. Ich glaube, es ist etwas ganz Individuelles. Technologisch bekommt man das ›neue Normal‹ schnell in den Griff, menschlich ist es aber eine Riesen-Herausforderung für das Management, die Menschen dort abzuholen, wo jeder Einzelne ist. Auch regulatorisch auf der gesetzlichen Ebene ist es ganz schwierig, das menschlich persönliche Bedürfnis zu regulieren.« Gerade in dieser herausfordernden Zeit, ist es ihr auch ganz wichtig, intern den Kontakt zum europaweit verteilten Sales Team so gut wie möglich über alle erlaubten Kanäle zu halten. Aber auch der Vertrieb insgesamt laufe jetzt natürlich ganz anders als gewohnt ab. »Alle acht Mitarbeiter in Wien arbeiten derzeit remote, unser Großraumbüro ist auch für Videokonferenzen und ständiges Telefonieren suboptimal. Für die Zukunft braucht es da neue Lösungen«, stellt Sennebogen klar. Zusammenfassend sieht die CELUM Managerin drei wichtige Punkte: »Technologische Readiness, die soziale bzw. menschliche Komponente sowie der Blick auf die Zukunft, das neue Normal und dafür notwendige Bedingungen und Regulatorien.«

»Technologisch bekommt man das ›Neue Normal‹ schnell in den Griff, menschlich ist es eine Riesen-Herausforderung für das Management«

Martina Sennebogen, CELUM

Alfred Harl, seit vielen Jahren Obmann des Fachverbands UBIT (Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie), nützt die Chance sich bei den drei UBIT Berufsgruppen zu bedanken, »Das sind die IT-Expertinnen und Experten, die über Nacht den Hebel umgelegt haben und ihren Kunden mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind. Die zweite Berufsgruppe sind die Unternehmensberaterinnen und -berater, denn viele Geschäftsführer hatten das Riesen-Problem, dass die Mitarbeiter auf einmal physisch weg waren. Nebenbei bemerkt hat die Krise ja nicht nur menschliche, sondern auch finanzielle Komponenten, viele Betriebe befinden sich bis heute in einer schwierigen Situation. Und die dritte Berufsgruppe sind die Buchhalterinnen und Buchhalter, die Tag und Nacht mit Berechnungen zu Kurzarbeit und Härtefallfonds sowie einer Flut von Anträgen beschäftigt waren.« Harl stellt auch der WKÖ ein hervorragendes Zeugnis für die Bewältigung der aktuellen Situation und die Home Office Umstellung aus.

Mark Winkler (47) ist ausgebildeter Ingenieur, akademisch geprüfter Werbekaufmann und absolvierte einen MBA in Sales & Marketing. Der gebürtige Steirer war 20 Jahre lang für Technologiekonzerne wie Dell, Fujitsu, Hitachi und Samsung im Business Development und im Management tätig. Seit 2016 ist er bei Kapsch BusinessCom im Bereich Business Development und Management tätig. Mark Winkler ist stolzer Familienvater sowie begeisterter Hobby-Skipper und -Musikproduzent.
(c) timline / Rudi Handl

Glasfaser-Ausbau, IT-Security

Er nennt drei Themenfelder, die jetzt wichtig sind: »Breitband und Glasfaser – der Ausbau muss viel schneller vorangehen. Der zweite Bereich ist Cyber Security, jeder zweite Betrieb in Österreich ist bereits von Cyber Attacken betroffen gewesen.« Da habe das Home Office einiges an Lücken und neuen Fragen aufgemacht, auch in punkto DSGVO, betont Harl. »Der dritte und wesentlichste Punkt ist die Motivation der Mitarbeiter – und wie man sie als Arbeitgeber erreicht. Es hat eine andere Energie, wenn die Leute zu Hause sitzen, da gibt es auch keinen Kaffeetratsch, der ganz wichtig ist. Wir müssen ganz besonders auf die Menschen achten, dass sie nicht überfahren und überfordert werden.« Den Schritt in Richtung Home Office Gesetz begrüßt Harl grundsätzlich und hält fest: »Das Home Office muss im Einvernehmen mit dem Betrieb und den Arbeitnehmern vereinbart werden«, es seien aber noch einige Punkte nicht ganz klar gestellt, wie etwa der Datenschutz, der Arbeitsschutz oder die Nutzung und Haftung für (eigene oder vom Unternehmen gestellte) Arbeitsgeräte im Home Office. »Was die neue Arbeitswelt insgesamt, rund um Werkverträge und Home Office, betrifft, muss der Gesetzgeber noch viel agiler werden«, fordert Harl.

Die Krise aus HR-Perspektive

Hier schließt gleich Thomas Gappmayr, Head of HR bei Konica Minolta, zum Thema Homeoffice Regelungen an: »Mobile Working war schon vor der Corona-Krise ein Thema. Wir hatten dazu eine Betriebsvereinbarung, allerdings nach dem alten Modell: Man hat geschaut wie viele Tage Homeoffice verkraftet unser Unternehmen und wie bereit sind die Führungskräfte und Teams dazu. Da geht es ja sehr viel um Kompetenz und Vertrauen.«

»Im März 2020 war es auch bei uns der Sprung ins kalte Wasser. Der schnelle Wechsel vom Büro ins Mobile Office war mit einem kulturellen Change verbunden, der im Zuge der Krise sicher untergeordnet war«, stellt Thomas Gappmayr, Head of HR bei Konica Minolta, klar. Seine Conclusio: »Dieser kulturelle Change muss jetzt ganz intensiv bearbeitet werden, denn das Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Wir bezeichnen es übrigens als ›Mobile Working‹, was der Gesetzgeber auch aufgreifen sollte. Da sind die Unternehmen schon wieder einen Schritt weiter.« Zur eigenen Bewältigung mein Gappmayr: »Aufgrund unserer eigenen Infrastruktur ist es uns gelungen, sehr schnell ins Mobile Office zu wechseln. Viele Skeptiker wurden damit eines Besseren belehrt. Natürlich wird es bei einem auf Service-fokussierten Betrieb immer Tätigkeiten geben, die man nur vor Ort beim Kunden durchführen kann. Aber bei zwei Drittel der Tätigkeiten haben wir gesehen, dass sie ohne weiteres mit Mobile Working machbar sind.«

Martina Sennebogen (39) ist seit Februar 2021 Head of Global Sales beim Linzer Softwarehaus CELUM, Spezialist für Digital Asset Management. Zuvor war die studierte Betriebswirtin zehn Jahre bei Microsoft in unterschiedlichen Vertriebs- und Management-Positionen tätig und verantwortete dort zuletzt das Industrievertikal Energie. Die Karriere der dreifachen Mutter begann als Produktmanagerin bei der Firma Hirsch Armbänder, danach war sie bei der Werbeagentur McCann-Erickson tätig.
(c) timeline / Rudi Handl

Hybrid-Working wird Usus

Künftig wird es ein Hybrid-Working-Modell geben, also einen Mix bestehend aus Arbeit im Büro und Arbeit von anderswo (zu Hause, beim Kunden, unterwegs etc.). »Man muss im Zuge des Cultural Changes die gesamten Arbeitsprozesse evaluieren, weil die derzeitigen Abläufe in vielen Unternehmen noch auf dem Präsenz-Office basieren. Es geht also nicht nur um Infrastruktur, sondern um die Prozesslandschaft insgesamt.« Gappmayr gibt auch einen internen Einblick: »Wir sind als Arbeitgeber mit dem Audit ›Familie und Beruf‹ zertifiziert – das wird von den Angestellten extrem gut aufgenommen. Die Flexibilität in Bezug auf Arbeitsort und Arbeitszeit ist damit wesentlich höher und damit ist beispielsweise Home Schooling etwas leichter bewältigbar. Das ist auch für künftiges Employer Branding ganz wichtig, wenn Mobile Working fix etabliert ist«, ist Gappmayr überzeugt. Bei Konica Minolta wird es künftig keine Limitierung mehr in punkto Mobile Working geben, das heißt Teamleiter und Mitarbeiter entscheiden gemeinsam, wie viel Mobile Working und Präsenz im Büro Sinn macht, erklärt der HR-Manager, »dazu sind wir gerade in der Evaluierungsphase. Parallel dazu schaffen wir eine moderne Office-Landschaft. Der Arbeitsplatz im Unternehmen muss in Zukunft einen Mehrwert bieten – damit die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht nur ins Büro kommen, um ihre Isolation zu beenden. Sondern auch, weil sie dort gewisse Dinge besser, effizienter, kreativer und produktiver als zu Hause machen können.«

»Der wesentlichste Punkt ist die Motivation der Mitarbeiter – und wie man sie als Arbeitgeber erreicht. «

Alfred Harl, UBIT

Ausstattung wichtig

Onlinekonferenz-Hardware-Anbieter und Dienstleister zählten eindeutig zu den Winnern der Corona-Krise, wie auch Stefan Grewe, Sales Director DACH Enterprise Solutions bei EPOS, feststellt. »Im März und April 2020 war der Headset Markt nahezu leergefegt. Wir konnten unsere Produktion zum Glück danach vervielfachen, denn die Umsätze explodierten.« EPOS (zuvor Sennheiser Communications, Anm. d.Red.) ist Hersteller von Premium Headsets und gehört zur Demant Gruppe, der Hauptsitz des Unternehmens ist in Dänemark. Zielgruppen für die EPOS Produkte sind sowohl Unternehmen als auch die Gaming-Community. »In der Krise ging es für viele natürlich erst einmal darum, überhaupt irgendetwas zu bekommen, egal ob Laptop, Videokamera oder Headset. Viel wichtiger ist es allerdings, das richtige Equipment auszuwählen. Da ist auch der Arbeitgeber gefragt, sich zu kümmern, den Mitarbeitern die richtige Ausstattung an die Hand zu geben. Aus dieser Situation resultierte leider, dass zum Beispiel günstige Consumer-Headsets gekauft wurden, die nicht die Schutzmechanismen hatten, die das Gehör vor Lautstärke-Spitzen schützen. Auch dass die Lärmgeräusche rundherum ausgeblendet werden, ist wichtig, weil jede Art von Lärm Stress erzeugt. Da haben die Arbeitgeber bei der Auswahl des Equipments eine große Verantwortung. Bei uns waren die Mitarbeiter im Sales Bereich schon immer so ausgestattet, dass sie hybrid arbeiten konnten.«

»Die Arbeitgeber haben bei der Auswahl des Equipments eine große Verantwortung«

Stefan Grewe, EPOS

Egal, wo man arbeitet

»Denn es geht nicht nur ums Home Office, sondern darum, von überall arbeiten zu können. Im ›neuen Normal‹ stellt sich lediglich die Frage: Wie viele Tage bin ich im Home Office und wie viele präsent im Unternehmen?« Herausforderungen beim Thema Home Office seien sicher neben der technischen Ausstattung auch die räumlichen Rahmenbedingungen, zum Beispiel wenn zwei Personen sich den Küchentisch als Arbeitsplatz teilen müssen. Spätestens da weiß man ein Headset mit ANC (aktiver Geräuschunterdrückung) sehr zu schätzen», unterstreicht Grewe, Zusammenfassend meint der EPOS-Manager: »Wichtig ist, dass die Mitarbeiter im Home Office stressfrei arbeiten können.«

Zukunft und Ausblick

Hermann Erlach blickt ein wenig in die Zukunft: »Wir sind drauf und dran, unsere eigene Zukunft der Arbeit zu designen. Da ist insbesondere die HR-Abteilung gefordert, gemeinsam mit dem CEO und dem Management. Die Frage ist: Wie sieht das Stufenkonzept aus? Home Office oder Büro ist die falsche Diskussion. Richtig ist: Wie schaut mein Geschäftsmodell aus und aus welchen Tätigkeiten besteht es? Wickle ich das analog, hybrid oder digital ab? Das ist definitiv ein fordernder, positiver und spannender Designprozess. Das Office der Zukunft wird immer mehr ein Platz der Innovation, der Begegnung und für den Austausch.« Allerdings drohe bei ansteigender Home Office Zeit die Gefahr, dass die Leute einfach zu viel Zeit online verbringen, warnt Erlach: »Die Anzahl der virtuellen Meetings, e-Mails und Channels explodiert. Um ein Ausbrennen der Mitarbeiter zu verhindern, ist die Selbstverantwortung und Selbstreflexion sicher wichtig. Auch der gute, persönliche Kontakt im Team – und sei es bei einem Spaziergang im Park – ist einfach gerade in der langen Krisenzeit wirklich entscheidend«, hebt der Microsoft Manager hervor.

»Der fixe Arbeitsplatz gehört eindeutig der Vergangenheit an«

Christiane Noll, Avanade

Fred Mahringer sieht es ähnlich: »In den nächsten Jahren steht uns eine Disruption bevor. Als HR sind wir extrem gefordert, wie wir diesen Prozess in Zukunft gestalten. Das Thema HR ist jetzt auch massiv aufgewertet worden. Immer wenn es um New Work geht, werden jetzt die vier Komponenten People, Place, Technology und Processes genannt. Eines ist klar: Bei Shop Mitarbeitern geht kein Home Office, aber z. B. in der Buchhaltung reicht vielleicht in Zukunft ein Tag in der Woche im Büro. Im Marketing oder bei kreativen Prozessen hingegen wird ein Tag in der Woche nicht reichen. Das heißt, wir können nur einen gewissen Rahmen vorgeben, wo sich die Mitarbeiter in Abstimmung mit dem Team selbst gut bewegen können. In Zukunft brauchen wir sicher noch einiges an mutigen Experimenten.«

Wohlfühlfaktor beachten

Stefan Grewe sieht den Menschen im Mittelpunkt: »Es ist schon sehr wichtig, dass sich die Mitarbeiter auch in ihrer neuen Arbeitsumgebung, im Home Office, wohlfühlen. Und es geht darum, zu erkennen: Wir machen Home Office nicht, weil alle vom Home Office reden, sondern es geht um Ausgewogenheit und Verantwortung, Hybrid Work zu leben, wo es Sinn macht.

»Letztlich geht es aber jetzt um eine radikale Unternehmenstransformation und die Frage: Wie muss der Arbeitsplatz der Zukunft eigentlich aussehen?« fasst Martina Sennebogen zusammen, »es geht nicht darum, den Status Quo zu lösen, sondern eine Idee dafür zu bekommen, wo es in fünf bis sechs Jahren hingeht – und jedes Unternehmen muss für sich versuchen, vorausschauend eine gute Lösung zu finden.«

»Was wir nicht wollen, ist, dass die Leute nur zu Hause arbeiten oder an fünf Tagen die Woche im Büro sitzen«

Fred Mahringer, A1 Österreich

Christiane Noll hakt ein: »Die Zukunft ist jetzt schon da, wir hinken nur ein wenig hinterher. Freude und Spaß an der Arbeit sind heute die am meisten unterschätzten Erfolgsfaktoren – daran muss man die richtigen Arbeitsbedingungen anpassen – ich habe sogar einen Mitarbeiter, der in Spanien am Strand sitzt – und er macht eine Super-Arbeit. Also warum nicht. Es geht ja um die Sache und um die Leistung. Für mich ist es besonders schön zu sehen, dass die Barrieren im Denken gebrochen sind: Das ›Es geht nicht‹ gibt es nicht mehr. Ganz wichtig ist: Wir müssen die Achtsamkeit in den Vordergrund stellen – für die Menschen und für die neue Arbeitswelt.«

Nora Lawender spricht sich für klare Regeln aus: »Ein Regulativ und eine Betriebsvereinbarung sind sicher ganz wichtig, auf der anderen Seite brauchen wir auch diese Agilität, die Selbstverantwortung und das Vertrauen – das oft durch Überregulierungen wieder schwierig zu leben ist. Dieses Spannungsfeld wird uns noch einer Weile beschäftigen.« Zum Thema Home Office Gesetz meint sie: »Ich glaube es muss formalisiert werden. Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer müssen wissen, wie ihre Rechte aussehen und was ihre Pflichten sind. Ich denke, da gibt es ja eigentlich sehr ähnliche Interessen.«

Es braucht klare Regeln

Hier ergänzt Alfred Harl: »Mit Bezug zum Home-Office-Gesetz, Regeln wird es brauchen, aber der sprichwörtliche Amtsschimmel soll im Stall der Vergangenheit bleiben. Wir brauchen eine klare neue Vision, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussehen soll und der werden sich viele Dinge unterordnen müssen. Ich wünsche mir viel mehr Flexibilität bezüglich Zusammenarbeit unter Beratern, um schnell und professionell zum Wohle der Betriebe zusammen arbeiten zu können. Stichwort Werkvertragsregelung: Diese verstaubte Materie gehört endlich durch zukunftsfähige Regelungen abgelöst. Wichtig ist auch, dass wir das Thema Cyber Security im Auge behalten. Und wir brauchen dringend eine stabile, schnelle, österreichweite Infrastruktur, dazu braucht es jetzt einen viel schnelleren Glasfaser-Ausbau.«

»Genauso wie den Wechsel vom Tastentelefon zum Smartphone werden wir jetzt den Wechsel vom alten Büro zum Smarten Office erleben«

Mark Winkler, Kapsch BusinessCom

Thomas Gappmayer schließt an: »Man benötigt erstens einen gewissen regulatorischen Rahmen, zweitens strategische Vorgaben und drittens ist es eine Riesen-Chance, eine neue, innovative Office-Gestaltung umzusetzen, die die gesellschaftlichen Veränderungen des letzten Jahres berücksichtigt. Zusätzlich gilt es, die Arbeitsprozesse anzupassen. Wesentlich dabei ist die Kompetenz der Manager, sie müssen ihr Führungsverhalten massiv anpassen. Da braucht es neue Tools, eine neues Mindset und gezielte Schulungen.«

Die Bürowelt hat sich bereits verändert und wird sich nachhaltig weiter verändern. Bildschirmarbeitsplätze stehen leer und das Homeoffice ist fester Bestandteil geworden. Der Wunsch nach Begegnungszonen, um sich wieder persönlich zu treffen, nimmt zu. Auch der Bedarf an Räumen, welche kooperative Arbeitsweisen über Standorte hinweg ermöglichen, steigt, sind sich alle Diskutanten einig. Mark Winkler bringt abschließend (referenzierend auf den Gobal Risk Report des World Economic Forums, Anm. d.Red.) noch einige Gedanken ein: »Corona war erst der Anfang, ich bin überzeugt, dass die Herausforderungen generell und die Komplexität in den Infrastrukturen noch zunehmen wird. Umgelegt auf die digitale Transformation haben wir gelernt: Morgen ist etwas möglich, was gestern nicht möglich war – die exponentielle Entwicklung nimmt in vielen Aspekten Fahrt auf. Und wir befinden uns immer mehr in einer VUCA world« (VUCA ist ein Akronym für die englischen Begriffe volatility, uncertainty, complexity und ambiguity. Es beschreibt schwierige Rahmenbedingungen der Unternehmensführung. Anm. d.Red.). Als Hobby-Skipper hat er einen bildhaften Vergleich parat: »Es geht darum, das Boot auch in Extremsituationen unter Beibehaltung des sicheren Hauptkurses, mit Nordpolung und klaren Visionen, reaktionsschnell und mit der nötigen Flexibilität ins nächste Ziel steuern zu können.«

»Wir haben jetzt Jahre der Digitalisierung in zwei Monaten erlebt«

Hermann Erlach, Microsoft

Die Mehrheit der Beschäftigten in Österreich wünscht sich vom Arbeitgeber einen dauerhaften Home-Office-Einsatz zu erlauben, bis es einen COVID-19-Impfstoff gibt. Gleichzeitig hoch im Kurs stehen mehr Freiräume bei Entscheidungen sowie der Wunsch, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Distanz online zu führen. Das sind Ergebnisse der Studie »Arbeitsplatz der Zukunft in der digitalen Welt« der Kapsch Group. Dafür wurden bevölkerungsrepräsentativ 1.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Marktforschungsinstitut befragt.

Wünsche ans Unternehmen

Die Umfrage-Ergebnisse zeigen, dass die Beschäftigten in Österreich bereits sehr konkrete Vorstellungen über eine neue Unternehmenskultur haben: 77 Prozent halten es im digitalen Zeitalter für wichtig bis sehr wichtig, Home-Office-Mitarbeiter auf Distanz in Online-Teams zu führen. 83 Prozent wünschen sich, die Strukturen der Organisation zu flexibilisieren, indem beispielsweise Abteilungsdenken aufgehoben wird. Zudem plädieren 89 Prozent dafür, dass es mehr Freiräume für Entscheidungen gibt. »Wir haben in der Corona-Lockdown-Phase zeitweise fast alle unsere 6.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 40 Ländern vom Home-Office aus arbeiten lassen«, sagt Daniel Rutter, Vizepräsident Human Resources der Kapsch Group. »Technisch waren wir grundsätzlich auf ein solches Szenario vorbereitet. Als Digitalkonzern hatten wir bereits gelernt, wie Teams am besten online-vernetzt über Ländergrenzen hinweg arbeiten. In der Krise ist es gelungen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die notwendige Hardware zur Verfügung zu stellen – dabei mussten wir teilweise nachrüsten«, berichtet Daniel Rutter. »Der hauseigene Support räumte zudem technische Probleme aus, beispielsweise bei Videokonferenzen. Ebenfalls sehr wichtig für eine erfolgreiche Umstellung auf Home-Office-Arbeit: Für die Führung rein virtueller Teams braucht es neue Führungsmethoden, die wir aus unseren internationalen Erfahrungen übernehmen konnten.«

Führungskräfte gefordert

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Distanz, »remote« zu führen, bedeutet eine Abkehr von klassischen Führungsmethoden. Die laufende Kontrolle von physischer Anwesenheit, Arbeitszeit und -fortschritt fällt dabei weg. An die Stelle der Aufsicht durch die Führungskraft tritt ein Bottom-up-Ansatz, bei dem das gesamte Team sich online und für alle sichtbar auf Quartalsziele einigt. Die vereinbarten »Objectives« werden für alle Teilnehmer verständlich aufbereitet und mit definierten »Key Results« messbar gemacht. Diese Objectives & Key Results (OKR) genannte Führungsmethode stammt von IT-Häusern aus dem Silicon-Valley und hat sich in der Praxis digital geprägter Unternehmen bereits seit Jahren bewährt.

»Führungskräfte müssen nicht mehr jeder einzelnen Mitarbeiterin und jedem einzelnen Mitarbeiter über die Schulter blicken, um sich auf dem Laufenden zu halten«, sagt Daniel Rutter. »Zudem entsteht eine neue Transparenz über Abteilungsgrenzen hinweg. Wichtig ist es aber, eine gesunde Mischung aus alter und neuer Arbeitswelt zu kreieren. Wenn man ausschließlich zu Hause arbeitet, fehlen die zufälligen Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen in der Kaffeeküche. Diese braucht es, um neue Ideen sowie eine Bindung an das Unternehmen zu entwickeln. Daher sollten auch bei hybriden Arbeitsplätzen analoge Rituale ermöglicht werden. Letztlich gilt es, das Beste aus beiden Welten miteinander zu verbinden.«

»Bei zwei Drittel der Tätigkeiten haben wir gesehen, dass sie ohne weiteres mit Mobile Working machbar sind«

Thomas Gappmayr, Konica Minolta

Die Pandemie hat den Unternehmen gezeigt, dass es möglich ist, Kernprozesse und -Services auf sichere Art und Weise zu transformieren – und zwar in einer zuvor nicht vorstellbaren Geschwindigkeit. Die Workloads haben sich für alle möglichen Unternehmen innerhalb kürzester Zeit verschoben, die Mitarbeiter wurden von einem Tag auf den anderen ins Home Office übersiedelt. Social Distancing, Remote Work und Kontaktverbote zwangen viele Unternehmen, sich mit neuen, digitalen Technologien auseinanderzusetzen. Einige mussten bei Null anfangen, andere konnten ihr Business in neue völlig neue Bahnen lenken. Die digitale Transformation steht jetzt weltweit auf dem Radar aller Unternehmen.

Corona verändert nachhaltig

Vor der Krise wurde Home Office in 75 Prozent der österreichischen Unternehmen nur von wenigen Einzelpersonen oder sehr eingeschränkten Zielgruppen genutzt. Das hat sich schlagartig geändert: Insgesamt geben 90 Prozent von 300 befragten Unternehmen an, dass während des ersten Lockdowns zumindest die Hälfte der Belegschaft von zu Hause aus gearbeitet hat. In knapp 60 Prozent der Unternehmen arbeiteten sogar nahezu alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Home Office, heißt es in der Flexible Working Studie 2020, die von Deloitte Österreich in Kooperation mit der Uni Wien und der Uni Graz entstanden ist. Home Office hat durch die COVID-19-Pandemie einen Boom erlebt, es wurde von nahezu allen Unternehmen (96 Prozent) genutzt. Die ursprünglich hohe Bedeutung der physischen Anwesenheit im Büro wurde in Zeiten des Lockdowns durch Erwartungen an die virtuelle Verfügbarkeit abgelöst. Knapp 70 Prozent geben an, dass diese bei ihnen im Unternehmen sehr wichtig geworden ist. Ein starker Fokus auf Erreichbarkeit führt bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oft zu großem Druck. Viel wichtiger sei es, die Leistung in den Vordergrund zu rücken und klare Rahmenbedingungen als Orientierung zu vereinbaren, sagen die Studienautoren.

83 Prozent der Unternehmen sind davon überzeugt, dass in Zukunft auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zu Hause arbeiten werden, bei denen das früher aufgrund ihrer Funktion undenkbar gewesen wäre. Über 80 Prozent der Unternehmen glauben, dass nach Corona regelmäßig und auch mehr Stunden im Home Office gearbeitet wird. Folgt man diesen Ergebnissen, müssen Arbeitsweisen, Kollaboration und Führung neu gedacht und gestaltet werden. »Es ist wichtig, die Learnings aus der Krise zu reflektieren, sich mit veränderten Ansprüchen an eine Büroumgebung auseinanderzusetzen sowie technischen, logistischen und operativen Herausforderungen, wenn zum Teil aus dem Büro und zum Teil aus dem Home Office gearbeitet wird, zu begegnen. Außerdem gilt es die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur in Richtung Vertrauen und Ergebnisorientierung voranzutreiben«, so die Studie.

(c) timeline / Rudi Handl

Alle Teilnehmer auf einen Blick (alphabetisch nach dem Firmennamen)

  • A1 Österreich – Fred Mahringer, Head of Human Resources
  • AVANADE – Christiane Noll, Geschäftsführerin Österreich
  • CELUM – Martina Sennebogen, Head of Global Sales
  • EPOS – Stefan Grewe, Sales Director DACH, Enterprise Solutions (virtuell zugeschalten)
  • KAPSCH BusinessCom – Mark Winkler, Director DACH, Smart Spaces & Digital Ecosystems
  • KONICA MINOLTA – Thomas Gappmayr, Head of Human Resources
  • MICROSOFT – Hermann Erlach, COO und ab 1.5.2021 neuer Geschäftsführer
  • NTT Austria – Nora Lawender, Geschäftsführerin
  • UBIT – Alfred HARL, Obmann des Fachverbands UBIT (Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie)

Moderation & Redaktion: Christine Wahlmüller
Technik: Roland Kissling, Christian Schratt

Den Überblick über alle bislang veranstalteten COMPUTERWELT Roundtables finden Sie hier: www.itwelt.at/tag/roundtable

Die Expertenrunde zum Nachsehen finden Sie hier: www.facebook.com/itwelt.at/videos; www.youtube.com/c/ComputerweltAt


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