Die Auftragslage der heimischen Industriebetriebe ist laut dem Trendbarometer 2018 von Festo gut. Doch damit das auch so bleibt, sollten Zukunftsthemen wie Robotik oder künstliche Intelligenz rasch eine größere Rolle spielen. [...]
Die Industrie muss ihre Startposition verlassen und endlich in die Gänge kommen, so ein Appell von Festo Österreich Country Manager Rainer Ostermann. Eine aktuelle Studie von Festo unter heimischen Industriebetrieben bringt alarmierende Ergebnisse: Einerseits sind die Unternehmen sehr zufrieden mit der Auftragslage und dem Wirtschaftsstandort. Andererseits ist man jedoch für die großen Herausforderungen der nächsten Jahre nicht ausreichend gerüstet.
Ist die Industrie fit für die Zukunft?
Festo hat im März und im April 2018 im Rahmen einer B2B-Befragung rund 200 Industrie-Unternehmen in ganz Österreich umfassend befragt und wollte wissen: »Wie gut geht es österreichischen Unternehmen? Wie fit sind sie im Bereich Digitalisierung? Und welche Einflüsse erwarten sie von neuen Technologien?«. Rainer Ostermann in einem ersten Fazit: »Die Ergebnisse sind aus unserer Sicht alarmierend: Den Unternehmen geht es gut, die Auftragslage ist stabil, man will wachsen. Aber neue Technologien und die damit verbundenen Veränderungen im Unternehmensalltag sind leider oft noch Fremdworte!«
Die Industrie ist gefordert
Neue Technologien verändern Prozesse, Strukturen und Produktionsabläufe nachhaltig – qualifizierte Mitarbeiter sind jedoch Mangelware. »Die Industrie ist wie kaum eine andere Branche von diesem Wandel betroffen. Das macht den Trendbarometer von Festo zum idealen Instrument, um die Stimmung an vorderster Front dieser Revolution einzufangen und die Perspektive all jener kennenzulernen, die aktuelle Entwicklungen in diesen Bereichen wahrnehmen und federführend vorantreiben«, so Studienleiter Christian Dominko, Geschäftsleiter von Makam Research.
Schreckgespenst Digitalisierung?
Die Hälfte der befragten Unternehmen beurteilt die aktuelle Auftragslage besser als im Vorjahr (49 Prozent), knapp drei Viertel (72 Prozent) planen ein Wachstum und sehen dabei das größte Potenzial in neuen Produkten und neuen Märkten. Kurz: Den heimischen Industriebetrieben geht es gut.
Die weiteren Ergebnisse des Trendbarometers geben jedoch Anlass zur Sorge. Auf neue Prozesse, Berufsbilder und Strukturen scheint man nicht vorbereitet zu sein. Zwar sehen knapp die Hälfte (47 Prozent) durch den Einsatz neuer Technologien Einsparpotentiale in den nächsten 3 bis 5 Jahren. Allerdings ist das Bewusstsein für neue Technologien und deren Nutzen gering: 56 Prozent der befragten Unternehmen denken nicht, dass kollaborierende Roboter in Zukunft für ihr Unternehmen sehr oder eher relevant sein werden. 63 Prozent interessieren sich nicht für die Vorteile von Big Data bzw. künstlicher Intelligenz.
Veränderungen bei den Berufen
Es gibt jedoch durch die Digitalisierung bereits in knapp einem Viertel der Unternehmen offensichtliche Veränderungen der Funktionen bzw. Funktions- oder Berufsbezeichnungen. Zwei von drei Unternehmen geben an, dass sich der Qualifizierungsbedarf durch die neuen Technologien erhöht und sehen vor allem die Bereiche Installation/ Inbetriebnahme (73 Prozent), Wartung/ Instandhaltung (77 Prozent) und Forschung/ Entwicklung (68 Prozent) »stark betroffen« bzw. »betroffen«.
Rainer Ostermann: »Für uns sind diese Ergebnisse alarmierend. Der Wirtschaftsstandort und die wirtschaftliche Lage werden als sehr positiv dargestellt. Allerdings sind wesentliche technologische Fortschritte häufig noch Fremdworte, und es fehlen Fachkräfte und das Wissen um neue Technologien! Das heißt: Die Praxis und die Theorie, wie sie auch im Regierungsprogramm festgehalten ist, passen nicht zusammen. Das Regierungsprogramm hat unter anderem als Ziel definiert, dass Österreich zur Gruppe der europäischen Innovation-Leader aufsteigt. Der Digitalisierung wird dabei eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Die Politik hat erkannt, dass im Bereich »Innovation und Digitalisierung« großer Handlungsbedarf besteht. Die Industrie ist noch weit entfernt von diesen Zielen. Das ist ein Gap, den wir rasch auflösen müssen, wenn wir im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig bleiben wollen!«
Appell an die Industrie
Ostermann: »Die Industrie muss ihre 4.0 Startposition verlassen. Nur ready sein reicht nicht. Während hierzulande noch über Robotik oder künstliche Intelligenz nachgedacht wird, befinden sich Märkte wie die USA oder China schon lange in der Umsetzungsphase und verschaffen sich dadurch einen Vorteil, den wir möglicherweise nur mehr schwer einholen können. Wenn der Wirtschaftsstandort Österreich weiterhin positiv wahrgenommen werden will, dann müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, mit denen Unternehmen jeder Größe und jeder Branche sicher in die digitale Transformation begleitet werden. Und in der Industrie heißt es aus unserer Sicht: Heute, nicht morgen!« Industrie 4.0 müsse wesentlich stärker in den Fokus rücken. »Nur so bleibt der Wirtschaftsstandort stabil und attraktiv. Nur so werden die Auftragslage und die Stimmung in der Industrie positiv bleiben. Nur so wird der Anschluss an den internationalen Wettbewerb nicht verloren werden.«
Handlungsempfehlungen
Basierend auf den Ergebnissen des Trendbaroometers 2018 gibt Festo der heimischen Industrie folgende Handlungsempfehlungen mit auf den Weg:
Die Theorie von Industrie 4.0 praktisch auf den Boden bringen: Die Politik ist weiter gefordert, Industrie 4.0 mit allen Herausforderungen und Konsequenzen zu forcieren. Und die Industrie muss dringende Hausaufgaben endlich auch erledigen.
Keine Angst vor neuen Berufen: Berufe, die wir heute ausüben, wird es morgen nicht mehr geben – andere dafür schon. Wir müssen also schon heute darüber nachdenken, wer die »Meister von morgen« sein werden. Neue Berufe sind eine Chance.
Hingehen und weiterbilden: Ohne Aus- und Weiterbildung gibt es keine Innovation. An konkreten, maßgeschneiderten Weiterbildungsangeboten mangelt es nicht, man muss sie jedoch auch nutzen! Informations- und Wissensaustausch machen uns fit für die Zukunft und lassen Hemmschwellen vor dem Umgang mit neuen Technologien geringer werden.
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