Innovatives Österreich

Innovation ist der Motor der Digitalisierung und angemeldete Patente ein sichtbarer Gradmesser der Innovationskraft von Unternehmen – und die kann sich in Österreich wahrhaft sehen lassen. [...]

Nominiert für den Staatspreis Patent: Mit Sensoren zur Hinderniserkennung für Blinde versehene Hightech-Schuhe der Firma Tec-Innovation. (c) Tec-Innovation GmbH

Bei der diesjährigen Präsentation des Jahresberichts des österreichischen Patentamts herrschte gute Laune. Kein Wunder: 2019 war ein Rekordjahr für österreichische Erfinder, die mit 11.731 Patentanmeldungen noch nie so viele Patente weltweit angemeldet haben. Präsentiert wurde der Bericht von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Patentamtspräsidentin Mariana Karepova (Foto). Gewessler freute sich besonders über die vielen Patentanmeldungen aus dem Bereich Klimaschutz – Österreicher gehören in diesem Feld europaweit zu den Besten.

In Österreich wurden insgesamt letztes Jahr 2.724 Erfindungen beim Patentamt angemeldet. Wie schon die Jahre zuvor kamen die meisten zum Patent beziehungsweise Gebrauchsmuster angemeldeten Erfindungen, nämlich 169, von AVL List, gefolgt von Julius Blum und Engel. Oberösterreich führt mit 642 Erfindungsanmeldungen das Ranking der Bundesländer an. Das ist um über 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Bundesländer auf Platz zwei und drei sind die Steiermark mit 463 und Wien mit 436 Erfindungsanmeldungen. Vorarlberg hat wiederum die höchste Anzahl an Erfindungen pro Einwohner.

Insgesamt wurden fast 11.000 Innovationen an das Österreichische Patentamt herangetragen – Patent- und Markenanmeldungen sowie die Serviceleistungen des Patentamtes fanden 2019 regen Zuspruch und wurden 1.292 Mal von den heimischen Tüftlern in Anspruch genommen. Auch das Europäische Patentamt bescheinigt Österreich mit plus 2,6 Prozent einen soliden Zuwachs an Patentanmeldungen und den 7. Platz bei Anmeldungen pro Einwohner.

Trotz des Zuwachses habe der Lockdown aufgrund der COVID-19-Pandemie auch seine Spuren bei den Anmeldungen gelassen, konstatiert Patentamtspräsidentin Mariana Karepova. »Am stärksten haben die Markenanmeldungen reagiert: Sie sind im April und Mai gleich um 30 Prozent zurückgegangen. Kein Wunder, denn ein neues Logo kann nur schwer am Markt positioniert werden, wenn die Rollbalken der Geschäfte unten sind. Bei den Patenten waren vor allem private Einzelerfinder und -erfinderinnen betroffen, die vermutlich aus Kostengründen mit dem Anmelden gezögert haben.« Die Patentanmeldungen der Unternehmen seien auch während des Lockdowns stabil geblieben, da Erfindungen, die schon vor der Krise in der Pipeline waren, zum Patent angemeldet worden seien. Wie sich die Wirtschaftskrise weiterhin auf Forschung, Entwicklung und Patente auswirken werde, bleibe noch abzuwarten, so Karepova.

IP-Schulungen für junge Unternehmer

Was sich jedoch immer wieder zeigt, ist dass junge Unternehmen oft den Schutz ihres geistigen Eigentums vernachlässigen – nur neun Prozent aller KMUs in der EU besitzen eigene Marken, Patente und Designs. Betrachtet man nur die Patente, dann sind es nur noch 0,8 Prozent aller KMUs in der EU. Aus diesem Grund hat das Österreichische Patentamt die IP Academy (IP = Intellectual Property) gegründet, wo in Schulungen Interessierte alles über Patente und Marken erfahren, zurzeit eben in Webseminaren. Dazu Karepova: »Unsere IP Academy hat fast 2.000 Newcomern beigebracht, wie man geistiges Eigentum schützt. Letztes Jahr – noch rechtzeitig vor der Krise – haben wir es geschafft, für unsere Kunden und Kundinnen zu 100 Prozent digital verfügbar zu sein. Das hat uns sehr geholfen, unser Angebot auch während des Lockdowns im vollen Umfang am Laufen zu halten.«

Ferner bietet das Patentamt weitere Dienstleistungen an, die insbesondere Newcomern helfen sollen. Dazu zählt der der Patent-Scheck, mit dem beispielsweise Charlotte Ohonin ihre Idee geschützt hat. Die Gründerin des Startups Norganoid, hat ein Gerät erfunden, mit dem Medikamente für neurologische Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson am Gehirn eines konkreten Patienten getestet werden, ohne den Körper zu berühren. Dafür wird eine Miniatur des Organs auf einem Chip hergestellt. Organ-On-Chip nennt sich die Technologie, die sich gerade zum Megatrend auswächst. Dass die Ideen ihres Startups patentierbar sind, war Charlotte Ohonin zunächst nicht bewusst. Erst Science Park Graz habe sie auf den Patent-Scheck aufmerksam gemacht, sagt Ohonin, die nun mit ihrem Team weitere Anmeldungen plant.

Staatspreis Patent 2020

Wenn von Erfindergeist die Rede ist, darf der »Staatspreis Patent« nicht unerwähnt bleiben. Er ist die höchste staatliche Auszeichnung für Erfindungen und Marken und wird am 9. November 2020 zum dritten Mal vergeben. Der Einsendeschluss war Ende April, es gab 283 Einreichungen, aus denen eine Jury die besten Patente, die kreativsten Marken sowie Erfindungen mit besonderem humanitärem Wert auszeichnet. Die Nominierten (je drei pro Kategorie – Patente, Marke, Humanity) stehen bereits fest und sind unter www.patentamt.at/staatspreis-patent-2020 aufgelistet. Darunter findet sich die Einhand-Tastatur von Mattheaus Drory, ein Hightech-Blindenschuh der Tec-Innovation GmbH, der dank eingebauter Sensoren vor Hindernissen warnt und der Tremipen der Tremitas GmbH, ein mobiles Messgerät, das das Zittern in den Händen (Tremor) von Patienten misst und Auswertungen über Bluetooth versenden kann.

»Serielle« Innovation als Wettbewerbsvorteil

Seit 2005 erstellt die Boston Consulting Group (BCG) ein Ranking der Top 50 innovativsten Unternehmen der Welt. Jetzt haben die Unternehmens- und Strategieberater diese Liste eingehend daraufhin untersucht, welche Unternehmen über all die Jahre die wettbewerbsfähigsten waren und regelmäßig die Konkurrenz hinter sich ließen. Die Ergebnisse hat BCG in dem aktuellen Bericht »Die innovativsten Unternehmen 2020: Das Gebot der seriellen Innovation« veröffentlicht. Dabei zeigt sich, dass eine klare Innovationsstrategie das unbedingt notwendige Fundament für den Erfolg darstellt. Drei Faktoren – Antrieb, Größe und Können – spielen dabei eine wichtige Rolle, um permanent innovativ zu sein. BCG spricht in diesem Zusammenhang von »serieller Innovation«. »Wichtig ist die Kombination aller drei Faktoren, denn Antrieb und Größe bedeuten wenig, wenn Ihr Innovationssystem nicht auf ihnen aufbauen kann, um seriell erfolgreich zu sein«, erklärt Michael Ringel, Geschäftsführer und Senior Partner von BCG und Mitautor des Berichts.

Überdies befragte die BCG über 2.500 Führungskräften aus mehr als 1.000 Unternehmen. Demnach sehen 66 Prozent aller Innovationsmanager Innovation als oberste Priorität des Managements an. Allerdings unterstützen dieses Engagement nur 45 Prozent mit erheblichen Investitionen – BCG bezeichnet diese Gruppe als »engagierte Innovatoren«. »Skeptische Innovatoren« (30 Prozent der Gesamtzahl) betrachten Innovation weder als strategische Priorität noch als wesentliches Finanzierungsziel. Und »verwirrte Innovatoren« (25 Prozent) berichten von einem Missverhältnis zwischen der angegebenen strategischen Bedeutung von Innovation und ihrer Höhe der Finanzierung.

Als Trend zeigte sich zudem ein Verschwimmen der Branchengrenzen: im Vergleich zu 2015 nannten deutlich mehr Befragte branchenfremde Unternehmen als führenden Innovator in ihrer eigenen Branche, wie etwa Amazon im Gesundheitswesen oder Alibaba im Bereich Finanzdienstleistungen.


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