Mit dem Partnerland China als starkem Treiber hat die weltgrößte Computermesse CeBIT bei ihrer diesjährigen Auflage leicht zugelegt. Die dominierenden Themen waren das Internet der Dinge, die digitale Transformation und nicht zuletzt der Dauerbrenner Sicherheit. [...]
In Jahr zwei ihrer Neuausrichtung als reine Business-Messe ist die Besucherzahl der CeBIT um gut sechs Prozent auf 201.000 Menschen gestiegen (nach „wissenschaftlicher“ Zählung der FKM – nach internationalen Maßstäben kamen wohl die erwarteten 221.000), wie die CeBIT-Veranstalter auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilten. Die mit Ständen belegte Fläche sei ebenfalls um rund sechs Prozent gewachsen, bei den Standbeschickern gelang ein Miniplus um 17 auf 3.262 Aussteller.
Die Messezahlen stehen vor dem Hintergrund des bisher stärksten CeBIT-Partnerlandes China. 612 Unternehmen aus dem Reich der Mitte waren nach Hannover gekommen – rund ein Fünftel aller Aussteller. Mit Großbritannien, dem Partnerland von vor einem Jahr, hatte es nur 130 Gastland-Aussteller nach Hannover gezogen. Aus China waren damals noch rund 100 Aussteller weniger auf die Leitmesse gekommen.
Viele Unternehmen wie Hewlett-Packard, Intel oder Samsung hätten jedoch ihre Stände vergrößert, sodass die Messefläche um rund sechs Prozent gewachsen sei. Außerdem kann Hannover die Rückkehr einiger großer Aussteller vermelden, darunter Alcatel-Lucent, Konica Minolta und Rittal.
KOOPERATION BEI IOT FÜR EINHEITLICHE STANDARDS
Die Initiativen EEBus und Open Internet Consortium haben in Hannover eine Kooperation angekündigt. Damit soll verhindert werden, dass man nebeneinander nach Lösungen suche, hieß es. Im sogenannten Internet der Dinge gibt es aktuelle viele verschiedene Formate einzelner Anbieter. Der Ruf nach Standards, mit denen vernetzte Technik verschiedener Hersteller mühelos miteinander kommunizieren könnte, wird lauter.
Beide Initiativen setzten sich das Ziel, die Suche nach Standards zu beschleunigen. Unter den Mitgliedern von EEBus sind unter anderem Hausgeräte-Hersteller wie Bosch-Siemens, Liebherr oder Miele sowie Versorger wie Eon und EnBW. Das Open Internet Consortium (OIC) hat unter anderem Samsung, General Electric sowie Computer-Hersteller wie Acer, Dell und Lenovo an Bord. Der weltgrößte Chiphersteller Intel ist Mitglied in beiden Gruppen.
Die Partnerschaft sei ein Quantensprung für die Interoperabilität im Internet der Dinge, erklärte der EEBus-Vorsitzende Peter Kellendonk. EEBus sei vor allem in Europa stark, das OIC in den USA und Asien. Damit ergänzen sich die beiden Initiativen.
Auch auf Seiten der Anbieter gab es Einiges zu IoT zu sehen. Vodafone hat den Besuchern einen ersten Vorgeschmack auf das künftige 5G-Mobilfunknetz gegeben, das Geschwindigkeiten von mehr als zehn Gigabit pro Sekunde und Ansprechzeiten in Echtzeit erreichen soll. Wie viele Facetten das Megathema „Internet der Dinge“ hat, zeigte die Messe anhand einer ganzen Reihe spannender Showcases. IBM zeigte als Beispiel ein Kreuzfahrtunternehmen, das die gesamte Schiffsbesatzung und sonstige Mitarbeiter über eine Smart Cloud verbindet, um die Zusammenarbeit zu optimieren.
IMAGEPROBLEME
Der Abwärtstrend der vergangenen Jahre konnte 2015 jedenfalls gestoppt werden. „Wir können festhalten, dass die CeBIT neue Kraft gewonnen hat. Wir haben Wort gehalten“, sagte CeBIT-Chef Oliver Frese. Die Branchenschau habe sich mit der inhaltlichen Neupositionierung zur „weltweit führenden Konferenz im IT-Umfeld“ entwickelt.
Dennoch ist in Hannover nicht alles eitel Wonne. Branchenbeobachter bescheinigen der CeBIT seit Jahren einen Bedeutungsverlust im Vergleich zu anderen Messen, wie der Elektronik-Show CES in Las Vegas und dem Mobile World Congress in Barcelona. Bei der CeBIT hatten vor allem die großen Aussteller wie IBM und SAP Druck gemacht, die Besucherflut einzudämmen und zu einer „Business-Messe“ von Profis für Profis zu werden. In diesem Jahr sind 16 von 26 Messehallen belegt, eine mehr als 2014.
Auch im IT-Branchenverband Bitkom hat man das Imageproblem der Messe erkannt. „Die CeBIT wird nie soviel Glamour wie die Messen in Las Vegas oder Barcelona haben“, heißt es in Verbandskreisen. Und auch das Schrumpfen der vergangenen Jahre bereite Sorgen: „Wir haben immer wieder gesehen, wie Messen binnen drei Jahren verschwanden.“ Etwa die Systems in München oder die Computermesse Comdex in Las Vegas.
D!CONOMY
Das Messemotto 2015 war „d!conomy“ – eine Wortschöpfung, die sich aus „Digital“ und „Economy“ zusammensetzt. Zu den großen Themen gehören dabei Cloud Computing, Analytics, Industrie 4.0 und das Internet der Dinge, von dem radikale Umwälzungen erwartet werden. Produktionsanlagen, Dinge und Waren werden mit Sensoren und Funkchips ausgestattet. Sie können eigenständig miteinander kommunizieren. Klassische Produktions- und Handelsketten dürfte das komplett umkrempeln. Zudem entstehen ganz neue Dienstleistungen, die sogenannten Smart Services.
Das Topthema hat quasi den roten Faden dargestellt, der sich durch die gesamte Veranstaltung gezogen hat. Bei d!conomy ging es vor allem um drei Themenfelder: Zum einen verändern IT und Digitalisierung bestehende Geschäftsmodelle. Zum zweiten entstehen durch IT und Digitalisierung ganz neue Geschäftsmodelle. Und drittens sorgen IT und Digitalisierung dafür, dass ganze Branchen umgewälzt werden.
DAUERBRENNER SECURITY
Die stetig wachsenden Datenmengen und die digitale Transformation rücken das Thema IT-Sicherheit weiterhin in den Blickpunkt. Zahlreiche Aussteller haben dazu neue Lösungen vorgestellt. Das Fraunhofer Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit (Fraunhofer AISEC) hat zudem eine Sicherheitslösung entwickelt, mit deren Hilfe sich Komponenten in den komplexen Netzwerken der Zukunft zentral und geschützt steuern lassen.
Sicherheitsfragen standen aber auch bei den hochkarätig besetzten Konferenzformaten im Fokus, unter anderem bei den CeBIT Global Conferences. Zu einem Vortrag des Journalisten Glenn Greenwald wurde der durch seine Enthüllungen über die amerikanischen Geheimdienste bekannte Edward Snowden per Live-Video aus Moskau zugeschaltet. Snowden rief die CeBIT-Besucher dazu auf, vorsichtig mit ihren Daten umzugehen.
Ein Highlight war auch die Live-Demo des Profi-Hackers Kevin Mitnick, der einst vom FBI gesucht wurde und heute für Regierungen und Unternehmen rund um den Globus tätig ist. (idg/aw)
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