Internet of Things: Die Goldgrube mit Widerhaken

McKinsey schätzt den Mehrwert, der 2025 durch das Internet der Dinge entsteht, auf sagenhafte 3,9 bis 11,1 Billionen Dollar jährlich. Bevor es Geld regnet, sind noch zahlreiche Hausaufgaben zu erledigen, darunter gemeinsame Standards und Security. [...]

Egal ob M2M, Industrie 4.0 oder Internet of Things (IoT) – seit einigen Jahren geistern diese Begriffe durch den Blätterwald, die alle mehr oder weniger dasselbe meinen: die Verknüpfung smarter Objekte, die auf Basis virtueller Strukturen miteinander und mit Usern kommunizieren. Die dazugehörigen Konzepte sind bereits Jahrzehnte alt. Ende der 1990er-Jahre schien es nur mehr eine Frage der Zeit, bis Kühlschränke selbstständig Milch bestellten, wenn diese zu Ende ging – Stichwort „Jini Technology“.

Was damals als nettes Gimmick erschien, das sich nicht durchsetzen konnte, ist heute im Zeitalter der Digitalisierung zunehmend eine Frage des wirtschaftlichen Überlebens. Denn das Internet der Dinge bietet eine große Palette an Strategien und Lösungen, die Unternehmen helfen, sich in einem schärfer werdenden Umfeld zu behaupten. Das Spektrum reicht vom kostenschonenden Einsatz der Ressourcen bis zur Entwicklung völlig neuer Geschäftsideen, die das Zeug dazu haben, sich nachhaltig vom Mitbewerb abzusetzen.

Heimisches Paradebeispiel ist HAGLEITNER der sich dank IoT vom Seifenspenderproduzenten zum Hygiene-Spezialisten entwickelt hat (mehr dazu im folgenden Beitrag). Bezeichnenderweise hat das Salzburger Unternehmen diesen Schritt nicht gesetzt, um einfach einem Trend zu folgen, sondern aus einem inneren Bedürfnis heraus: Durch den Kostendruck der Billiganbieter musste HAGLEITNER sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren, wie hohe Kundenorientierung und seine Expertise in Hygiene-Fragen. Mit seinen vernetzten Lösungen kann HAGLEITNER beide Ansprüche gewinnbringend umsetzen.  

SPIELWIESE FÜR DIE WELT VON MORGEN

Um seine Produktionsstraßen und Produkte mit Intelligenz zu segnen, reicht es nicht, da und dort Chips einzubauen. Es braucht eine Gesamtstrategie und die Integration unterschiedlicher Technologien, wie Big Data Analytics und Cloud. Genau dieser unumgängliche Aufwand hält viele Unternehmen davon ab, den notwendigen Schritt in das digitale Zeitalter zu wagen.

Seit Sommer 2015 gibt es im Technologiezentrum Aspern IQ die erste Pilotfabrik Österreichs, in der man seine Industrie-4.0-Pläne ausprobieren kann, bevor man Geld in die Hand nimmt. Die Experimentierstätte dient unter anderem dazu, gemeinsam mit Wissenschaftlern der TU Wien neue Verfahren zu entwickeln und zu testen. Zudem werden hier auch Fort- und Weiterbildungsprogramme für Mitarbeiter angeboten. Mehr zur heimischen Pilotfabrik ab Seite 20.

FEHLENDE STANDARDS

Neben den hohen Investitionskosten, die etwa mit der Modernisierung von Altsystemen verbunden sind, bereiten fehlende Standards Kopfzerbrechen. Die Standards sind jedoch notwendig, damit Systeme miteinander reibungslos kommunizieren können. Aus diesem Grund setzen sich immer mehr Anbieter zusammen, um Plattformen ins Leben zu rufen, die diese Voraussetzung schaffen sollen. Ein aktuelles Beispiel kommt aus Österreich: Die Softwarehersteller augmensys, icomedias und PROLOGICS haben sich zur Allianz isv4industry zusammengeschlossen, die zeigen soll, wie wichtig die Vernetzung spezifischen Wissens für die Industrie-4.0-Entwicklung ist. Die Partner stellen ihre gemeinsame Lösung im Rahmen der „SMART Solutions – Internet of Things Conference“ der SMART Automation Austria vom 10. bis 12. Mai in Wien vor. In den vorgeführten Anwendungsfällen zu den Themen „Instandhaltung und Wartung“ sowie „Energiedaten-Management“ soll das Zusammenspiel aller involvierten Systeme demonstriert und der Nutzen verdeutlicht werden. Infos zu einer weiteren IoT-Allianz (S3P), diesmal aus Frankreich, lesen Sie auf Seite 25.

ERHÖHTES SICHERHEITSRISIKO

Durch die Vernetzung im Allgemeinen und die Verschmelzung von Industrietechnologie mit IT im Speziellen steigt natürlich das Risiko, Opfer von Sabotage und Spionage zu werden. All die potenziellen Probleme, die heute die IKT-Welt plagen, schwappen nun auf Produktionsstraßen und vernetzte Endgeräte über (siehe dazu das Interview mit Trend Micro auf Seite 22 und die Kaspersky-Keynote auf Seite 24). Wie schon bei der Einführung von digitalen Technologien gilt auch bei der Security: Zielführend ist nur eine Gesamtstrategie, die einen End-to-End-Schutz ermöglicht.
 
Zwei Dinge sind klar: Einerseits sind noch einige Hausaufgaben zu erledigen, bevor man die Vorteile der IoT-Welt, etwa Kostenersparnis, und der Erschließung von neuen Geschäftsideen voll nutzen kann. Andererseits ist der Trend nicht mehr aufzuhalten. Kein Wunder: Im Rahmen der Studie „Internet of Things: Mapping the Value beyond the Hype“ hat das McKinsey Global Institute 150 Anwendungsbeispiele und fast 300 Anwendungen für das Internet der Dinge unter die Lupe genommen und den potenziellen künftigen Mehrwert für verschiedene Märkte und Branchen ermittelt. Die Analysten taxieren den globalen Mehrwert für das Jahr 2025 auf 3,9 bis 11,1 Billionen Dollar jährlich. Das entspräche mehr als einem Zehntel der weltweiten Wirtschaftsleistung – vorausgesetzt, die Baustellen wie Standards und Security sind einmal abgearbeitet. (wf)


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