Auch technisch vorbildliche IT-Projekte sind zum Scheitern verurteilt, wenn die Mitarbeiter nicht wollen. Die COMPUTERWELT sprach mit Beraterin Monika Dickinger-Steiner über häufige Managementfehler und die zentrale Rolle der IT-Abteilungen. [...]
Die Chaos-Studie der Standish Group, die seit 1994 mehr als 40.000 IT-Projekte unter die Lupe genommen hat, kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Nur 16 Prozent aller Projekte werden zeitgerecht, ohne Kostenüberschreitung und mit dem ursprünglich geforderten Funktionsumfang abgeschlossen. 31 Prozent verlaufen im Sand, der Rest geht mit großen Einbußen über die Bühne.
Bei den untersuchten Projekten stehen in erster Linie die technischen Aspekte im Zentrum. Wird die menschliche Komponente mit einbezogen, sind die Erfolgsaussichten noch geringer: “ Worauf ich immer mehr stoße, sind IT-Projekte – besonders in den Bereichen CRM, Collaboration und Social Media im weitesten Sinn –, in die eine Menge Geld fließt, jedoch von den Mitarbeitern in vielem nicht angenommen werden, um es nett zu formulieren“, sagt Monika Dickinger-Steiner, die bei der Beratergruppe Neuwaldegg als Principal für Transformationsprozesse, Strategieentwicklung, und Changemanagement im IT-Bereich verantwortlich zeichnet. Zudem ist sie Lehrbeauftragte für Beratung an der Fachhochschule Wien mit 20-jähriger Erfahrung im Bereich IT-Management. „Ein Schlüsselerlebnis war ein großes Projekt in Frankreich. Nachdem unter größten Mühen alle technischen Probleme gelöst waren, ging es darum, dass Mitarbeiter das System testen. Nur: Es interessierte sich kaum jemand für das Projekt. Da begann ich, mich mit der Schnittstelle zwischen Technik und dem übergang in die Organisation zu beschäftigen“, sagt Dickinger-Steiner im Interview mit der COMPUTERWELT.
Die Gründe für die Ablehnung oder das Desinteresse seitens der Mitarbeiter sind vielfältig. „Es werden zwar tolle Features implementiert, doch das Management unterlässt zu kommunizieren, was diese Features den Mitarbeitern persönlich bringen – auch der eigenen Karriere –, was der Abteilung oder der Firma.“
Es als reines Kommunikationsproblem zu begreifen, wäre laut Neuwaldegg-Beraterin jedoch zu kurz gegriffen. „Es muss in der Unternehmensleitung jemanden geben, der die Ziele eines Projekts wirklich erreichen will. Bei dem jeder Mitarbeiter auch erkennen kann, dass er es will. Der auch gut kommunizieren kann, warum er das möchte und was seine Erwartungen und Wünsche an die Mitarbeiter sind.“ Nur so lassen sich die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Projekt schaffen: „Die Mitarbeiter müssen die Ziele verstehen und auch mittragen können.“
Wenn es um die Umsetzung von IT-Projekten geht, müsse man die Position der IT-Abteilung im Unternehmen thematisieren. Entweder sei diese nur Vollzugsorgan oder sehe sich oberhalb der anderen Abteilungen stehen. „Notwendig wäre eine Partnerschaft auf Augenhöhe, weil beide Seiten – IT- und Fachabteilungen – etwas mitbringen, das die Gegenseite nicht hat“, so Dickinger-Steiner. Immer wieder stößt man auf den Begriff Kultur, sei es auf Unternehmensebene oder bei internationalen Projekten in regionalem Rahmen. „Entscheidend ist, zu verstehen zu versuchen, wie die Gegenseite tickt.“ Bezeichnend sei, dass man über die Kultur exotischer Länder oft besser Bescheid wisse als über die Eigenheiten der benachbarten Fachabteilung. (su)
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