2020, so die Prognosen, wird IoT allgegenwärtig und normal sein. In den nächsten Jahren werden daher zahlreiche Unternehmen mehr als nur ein Mal Entwicklungszyklen durchlaufen, wie sie in dieser achtteiligen Serie vorgestellt wurden. [...]
Von der Strategie und Umsetzungsplanung (Teil 1) über Geschäftsmodelle (2), der IT-Architektur und Security (3), IoT-Plattformen und -Allianzen (4), dem Prototyping (5) und Rollout (6) bis zum laufenden Betrieb (7): Die Begleitung unterschiedlichster Organisationen durch solche IoT-Entwicklungsprozesse hat gezeigt, dass sich Unternehmen intensiv mit fünf Prämissen auseinandersetzen sollten.
1. Erwartungshaltung
Eine realistische Zielsetzung ist wichtig. Eventuell bringt das IoT-Projekt zunächst mehr Wert für den Hersteller als für den Kunden. Das ist nicht automatisch schlecht! Schließlich bringt man die Organisation dazu, sich mit Digitalisierung auseinander zu setzen und Erfahrung zu sammeln. Schlimmer ist es, nichts zu tun und abzuwarten bis „etwas Geniales“ einfällt, wofür die Kunden „viel mehr Geld“ als bisher bezahlen. Solche Erwartungen sind oft nicht realistisch. Eventuell bewahrt ein smartes Produkt dessen Hersteller lediglich davor, aus dem Markt gedrängt zu werden. Doch das ist schon ein großer Unterschied.
Die klare Definition des Erfolges von IoT-Initiativen ist demnach wichtig. Ein „Moving Target“, vielleicht weil erste eingelangte Daten jene Abteilungen neugierig machen, die das „neumodische Zeug“ Digitalisierung bislang abgelehnt haben, ist zu vermeiden.
2. User Experience
Sie sind es gewohnt, Information so einfach und prägnant wie möglich „just in time“ zu konsumieren? So geht es denen, die IoT-Produkte oder daraus gewonnene Daten nützen, auch. Daher heißt es: raus aus dem Elfenbeinturm. Verständnis darüber wie Produkte und Daten genutzt werden, muss erarbeitet werden.
Dabei ist eines wichtig: User Experience ist nicht gleich Customer Experience. Customer werden ein Teil der User sein, aber nicht alle User sind gleich. Eine IoT-Initiative will ja schließlich auch Mehrwert für den Hersteller und dessen unterschiedliche User sowie für eventuelle weitere Partner im Ecosystem liefern.
3. Steigbügel
Die Technologie selbst, also smarte Dinge wie Tracker in Baumaschinen oder Füllstandsmesser bei Mülltonnen, ist lediglich Mittel zum Zweck. Die Technologie dient dazu, mehr bzw. früher Information zu haben und somit bessere bzw. frühere Entscheidungen treffen zu können. Daraus lassen sich bessere sowie neue Services und Geschäftsmodelle entwickeln. Technikverliebtheit alleine reicht nicht. Massiven Mehrwert bringt IoT (oder auch Industrie 4.0) erst dann, wenn man etwas mit den Daten anfangen kann. Der Weg vom Sensor zur Entscheidung ist geprägt durch Sicherung der Daten, ihre Qualität, ihre Analyse sowie ihre Verteilung.
Dazu benötigt es Mitarbeiter die das können. Doch der nächste Facharbeitermangel zeichnet sich bereits ab: Data Scientists, Statistiker, Big Data Specialists und Data Forensic Specialists sind heiß begehrt, am Arbeitsmarkt aber nur schwer zu finden.
4. Endlosschleife
„Nach der App ist vor der App“, sagt man unter App-Developern. Mit IoT-Initiativen ist es ähnlich – sie sind ein rollierender Prozess. Der Markt verändert seine Ansprüche, neue Technologien schaffen innovativere Lösungen, Wettbewerber zwingen zum Handeln und gewonnene Daten bringen ungeahnte Erkenntnisse. Nicht zuletzt unterliegen Unternehmensstrategien Anpassungen, welche die Digitalisierung im eigenen Hause maßgeblich bestimmen.
Mit anderen Worten: Anpassungen sind die einzige Konstante und müssen aktiv vorangetrieben werden. Jack Welchs legendäre Worte passen hier einmal mehr: „If the rate of change on the outside exceeds the rate of change on the inside, the end is in sight.“
5. Management
Selbst für technologie-orientierte Unternehmen wie einen Hersteller von Maschinen und Geräten bedeutet IoT einzuführen und voran zu treiben vor allem eines: starken Wandel. Was seit Jahrzehnten gepredigt wird – weg vom Silodenken, Business und IT müssen zusammenarbeiten, Wissensinseln sind zu vermeiden, Lieferanten und Kunden sind nicht automatisch Feinde, etc. – trifft hier genauso zu. IoT-Initiativen sind weder reine IT-Projekte noch etwas das Marketing/ Vertrieb alleine durchziehen.
Damit wird IoT auch zum Management-Thema. Die Notwendigkeit zu stärkerer Zusammenarbeit und zu einem offeneren Austausch (in der eigenen Organisation wie im Ecosystem) mag für manche sozialromantisch klingen, es führt aber kein Weg daran vorbei. Keine Führungskraft kann sich zurücklehnen. „Nur wer schläft macht keine Fehler“ (Ingvar Kamprad) trifft im Rahmen der Digitalisierung nur beschränkt zu. Denn wer die Notwendigkeit zum Handeln verschläft, macht einen kaum wieder gut zu machenden Fehler.
Das betrifft nicht bloß einzelne Unternehmen, sondern Europa als Ganzes. Die Digitalisierung bietet dem Standort Europa die Chance, Innovationskraft wettzumachen, die in den vergangenen Jahren gelitten hat. Daher unterstützt ATLAS eine paneuropäische, ja sogar paneurasische Initiative: „Silkroad 4.0“, eine mehrmonatige, abenteuerliche Tour am Landweg entlang der alten Seidenstrasse nach China. Die Fahrer und ihre Fahrzeuge werden zur Demonstration mit zukunftsweisender IoT-Technologie ausgestattet. Im Rahmen der mehrmonatigen Tour wird die breite Bevölkerung über digitale Themen aufgeklärt und Kontakte zu Industriebetrieben und Regierungen entlang der Route geknüpft. Es wird gezeigt werden, dass IoT keine Zukunftsmusik mehr ist.
Vor 25 Jahren hat man sich gefragt, ob eine Präsenz im Internet nötig ist oder nicht. Diese Frage ist ein alter Hut. Heute stehen Unternehmen vor folgender Herausforderung: „Wie nutze ich das Internet zu meinem Vorteil und wie passe ich mich laufenden Veränderungen rasch an?“ Mit IoT wird es uns ähnlich gehen – früher als viele denken.Oliver Loisel|Atlas Group
ZUM AUTOR
Oliver Loisel ist Co-Gründer der ATLAS Group (www.atlastech.de) und begleitet Unternehmen bei der Gestaltung und Umsetzung von IoT-Strategien und Use Cases. Dieser Beitrag ist der achte und letzte Teil einer Serie zum Thema „IoT – Strategie und Roadmap“, die Oliver Loisel exklusiv für die COMPUTERWELT verfasst hat.
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